Wie erziehe ich meine Eltern? Das Stück “Ich will das so!” im Theater Münster macht hörenden und gehörlosen Kindern gleichermaßen Spaß

Konstantin Buchholz, Pia Katharina Jendreizik und Adriane Große (v. l.) gehören zur Performancegruppe 'Leute wie die'. (Fotos: Sinje Hasheider)
Konstantin Buchholz, Pia Katharina Jendreizik und Adriane Große (v. l.) gehören zur Performancegruppe ‚Leute wie die‘. (Fotos: Sinje Hasheider)

Am Theater Münster wird derzeit im Bereich Junges Theater das Stück „Ich will das so!“ für Kinder ab fünf Jahren aufgeführt. Das Besondere daran: Die Schauspieler*innen nutzen auf der Bühne sowohl Laut- als auch Gebärdensprache.

Entwickelt wurde das Theaterstück von der Performancegruppe Leute wie die. Sie besteht aus Künstler*innen aus NRW, Berlin und Frankfurt, die Theaterstücke „kreieren […], in denen Laut- und Gebärdensprache gleichberechtigt verwendet werden“. Und so kommunizieren im Studio des Theater Münster die beiden Schauspielerinnen Adriane Große und Pia Katharina Jendreizik in Gebärdensprache, während Konstantin Buchholz als hörendes Mitglied des Leute wie die-Ensembles auch seine Stimme nutzt und in Lautsprache spricht. Durch seine Übersetzungen zwischen beiden Sprachen schlägt er immer wieder eine Brücke für Kinder im Publikum, die die Gebärdensprache nicht erlernt haben.

Das Theaterstück kommt nämlich über weite Strecken ohne gesprochene Sprache aus. Neben dem Gebärden mit den Händen, der Mimik und der Körpersprache – die für die Gebärdensprache (DGS) sehr wichtig sind – werden auf der Bühne immer wieder bunte Lichter und Animationen genutzt, um die Kommunikation zu unterstützen. Im Zentrum steht eine übergroße Brotdose, aus der die Schauspieler*innen herausklettern, auf der sie herumtoben und auf dessen Deckel mit einem Beamer ein “Brotdosenkino” projiziert wird.

Training für Eltern

Außerdem spielt Musik eine wichtige Rolle. Das mag einem im ersten Moment komisch vorkommen. ‘Soll das nicht ein Stück für gehörlose Kinder sein?’, könnte man sich da fragen. Doch Musik erzeugt Schwingungen und die kann man im Körper spüren. So vibriert der Boden unter den Füßen, wenn Buchholz auf seiner Gitarre spielt oder wenn Jendreizik und Große mit ihren Fingern auf einem Tablet „herumklimpern“ und passend zu den Lichteffekten tiefe Bässe erklingen lassen.

Ein buntes Monster (Pia Katharina Jendreizik, re.) schleicht sich in der Nacht ins Kinderzimmer Adriane Große). (Fotos: Sinje Hasheider)
Ein buntes Monster (Pia Katharina Jendreizik, re.) schleicht sich in der Nacht ins Kinderzimmer Adriane Große). (Fotos: Sinje Hasheider)

Die Schauspieler*innen stellen auf der Bühne Kinder dar, die das schlechte Verhalten ihrer Eltern satt haben. Die wüssten nie, wann die richtige Zeit fürs Ins-Bett-gehen gekommen sei. Oder sie nähmen einen an der Hand und zerrten einen irgendwohin, wo man doch gar nicht hingehen wollte. Und überhaupt hätten Eltern dringend ein Training nötig, sind sich die drei einig. Erwachsene könnten so viel von ihnen lernen! Es gäbe nämlich ganz viele Sachen, die Kinder richtig gut könnten. Zum Beispiel wüssten Kinder, wie man so richtig albern sein kann, wie man Tiere streichelt oder wie man Geschichten erfindet.

Monster unter dem Bett

Im Theaterstück wird noch ein weiteres Thema aufgegriffen, das Kindern sehr wichtig ist: Sie wollen von Erwachsenen ernst genommen werden. Und so beschwert sich Adriane Große als eines der Kinder darüber, dass ihr Vater ihr nicht glaubt, dass ein Monster unter ihrem Bett ist. Der Vater tritt nicht als Person auf der Bühne auf, sondern wird durch einen Lufttänzer dargestellt, der durch ein Gebläse aufgerichtet wird und drohend neben dem Bett schwankt. Die Stimme dazu kommt aus dem Off.

Der Vater schickt sein Kind wie immer abends zu Bett. Es ist dunkel. Und plötzlich….kommt tatsächlich ein Monster unter dem Bett hervor! Zum Glück ist es ein buntes, lustiges Monster, das das Kind mit in die Monsterwelt nimmt und es beruhigt, dass es keine Angst haben muss. Zum Abschied gibt es dem Kind noch eine kleine Brotdose mit. Die habe der Vater in der Monsterwelt vergessen.

Vermittlung zwischen zwei Sprachen
Große, Jendreizik und Buchholz (v. l.) stellen auf der Bühne drei Kinder dar, die miteinander spielen und diskutieren. (Fotos: Sinje Hasheider)

Vor der Aufführung des Stücks „Ich will das so!“ findet im Foyer des Theaters eine kurze Einführung statt, bei der den Kindern ein paar Gebärden beigebracht werden und der Zugang zum Thema gehörlos sein erleichtert wird. In kurzen gemeinsamen Übungen können so alle Kinder selbst einmal ausprobieren, wie man “Schokolade” oder “Nein bleibt nein” in Gebärdensprache ausdrückt.

Nach dem Theaterstück können die Kinder noch Fragen an das Ensemble stellen. Damit auch hierbei die gehörlosen Beteiligten ebenso teilhaben können, wie die hörenden, ist immer jemand anwesend, der oder die das Gesprochene in Gebärdensprache bzw. eine gebärdete Frage in Lautsprache übersetzt. Um als Vermittler*in tätig sein zu können, müssen diese Menschen beide Sprachen beherrschen. Eine wertvolle Fähigkeit, die ein Mehr an Inklusion und Gemeinschaft bringt. Die Kinder hat der Einblick in die Welt gehörloser Menschen sichtlich fasziniert. Und der gemeinsame Spaß kam im Rahmen der Inszenierung auch nicht zu kurz.

"Ich will das so!" ist ein Theaterstück frei nach dem Bilderbuch "Eltern richtig erziehen" von Katharina Grossmann-Hensel für Kinder ab fünf Jahren. Es ist eine Produktion im Rahmen von THEATER MÜNSTER ALLES INKLUSIV, die Laut- und Gebärdensprache enthält. Die Premiere fand am 19. April 2024 im Theater Münster statt. Das Stück dauert eine Stunde und ist noch bis zum 26. Mai dort zu sehen. Weitere Informationen gibt es hier.

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