Zahl der Mpox-Infektionen nimmt zu Droht eine neue Pandemie? Interview mit dem Virologen Prof. Dr. Stephan Ludwig

Prof. Dr. Stephan Ludwig. (Foto: Bührke)
Prof. Dr. Stephan Ludwig. (Foto: Bührke)

Alarmierende Nachrichten vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) in Berlin: Die Zahl der Mpox-Fälle nimmt deutlich zu. Seit Beginn des Jahres haben sich dort mehr Menschen mit dem Virus infiziert, als in den beiden vorangegangenen Jahren zusammen. Droht eine Epidemie oder sogar eine Pandemie mit der Krankheit, die früher als Affenpocken bekannt war? Wie ist die Lage aktuell in Münster und was empfehlen die Expertinnen und Experten? Wir sprachen mit dem Virologen Prof. Dr. Stephan Ludwig vom Institut für Virologie der Uni Münster.

ALLES MÜNSTER: Herr Professor Ludwig, bis Ende März haben sich in Berlin 43 Menschen mit Mpox infiziert. Ein Jahr zuvor waren es im ersten Jahresviertel nur neun Menschen. worauf führen Sie diese Zunahme der Mpox-Fälle zurück?

Ludwig: „Laut dem Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales können anhand der vorliegenden Meldedaten keine Rückschlüsse auf die konkreten Ursachen des aktuellen Fallzahlanstiegs gezogen werden. Daher kann man nur Vermutungen anstellen. Da alle Betroffenen Männer sind und die Erreger durch Sexualkontakte übertragen werden, könnte eine Verlagerung der Risikogruppe oder besondere Veranstaltungen innerhalb der MSM-Szene die Ursache sein [Anm.: MSM = Männer, die Sex mit Männern haben]. Es könnten aber auch Impflücken in der bisherigen Risikogruppe vorliegen. Aber, wie gesagt, das sind alles nur Vermutungen.“

ALLES MÜNSTER: Gab es auch in Münster bereits Mpox-Fälle?

Ludwig: „Anfragen auf Nachweis von Mpox sind in unserer Diagnostik ziemlich selten und nach allem, was ich erinnere, hatten wir in den letzten Monaten am UKM keinen positiven Fall.“

ALLES MÜNSTER: Beobachten Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen die Entwicklung aufmerksam oder sogar mit Sorge?

Ludwig „Wie bei Ausbrüchen anderer Infektionserreger wird die Situation eng überwacht, beispielsweise durch das Robert-Koch-Institut.“

ALLES MÜNSTER: Besteht die Gefahr einer Epidemie oder Pandemie?

Ludwig: „Die aktuellen Meldezahlen lassen vermuten, dass sich das Infektionsgeschehen weiter ausbreiten könnte. Da sich die Infektionen bislang hauptsächlich auf eine recht enge Risikogruppe (MSM) eingrenzen lässt, eine Impfung zur Verfügung steht und das Virus engen Körperkontakt für die Übertragung benötigt, ist nicht von einer größeren Epidemie oder gar Pandemie auszugehen.“

ALLES MÜNSTER: Worin bestehen die grundsätzlichen Unterschiede zu Covid-19?

Ludwig: „Von ihrer Grundstruktur und dem Virusaufbau handelt es sich bei Mpox und SARS-CoV-2 um zwei sehr unterschiedliche Virusarten. Beispielsweise hat das Mpox-Virus ein Genom aus DNA, während SARS-CoV-2 Viren ein sehr viel kleineres RNA-Genom tragen. Der wichtigste Unterschied für die Ausbreitung: Das Mpox-Virus benötigt engen Körperkontakt für die Übertragung, ganz im Gegensatz zu luftübertragenen Erregern wie SARS-CoV-2. Eine Mpox-Ausbreitung lässt sich daher viel besser unter Kontrolle bringen.“

ALLES MÜNSTER: Gibt es Empfehlungen, die von Ihren Kolleginnen und Kollegen ausgesprochen werden? Zum Beispiel bezüglich Reisen nach Berlin?

Ludwig: „Es gibt kein generelles Risiko für Reisen nach Berlin. Personen aus der MSM-Risikogruppe sollten bei möglichen Kontakten über eine Impfung nachdenken. Ansonsten sollte man zu engen Kontakt mit infizierten Personen meiden und wenn doch weitere Schutzmaßnahmen ergreifen (z.B. Kondome).“

In dieser Ausgabe unserer Reihe „Ufergespräche“ sprechen wir mit Prof. Dr. Stephan Ludwig über Viruserkrankungen wie Mpox.

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