
Man mag es kaum glauben, aber schon seit fast 30 Jahren betrachtet Dietmar Wischmeyer als Der kleine Tierfreund das seltsame Gebaren von den possierlichen Tieren und den gar nicht so viel weiter entwickelten Menschen durch seine Mopedfahrerbrille. Bei der ausverkauften Show im Bürgerzentrum Kinderhaus musste sich das Publikum allerdings bis weit in den zweiten Teil des Abends gedulden, bis das vertraute Halali ertönte, Wischmeyer sich den Halbschalenhelm aufsetzte und mit rrrrollendem „R“ von den bedauernswerten Füchsen sprach, die jedes Jahr um diese Zeit auf der Strecke bleiben, weil sie die Zeitumstellung nicht beachten und noch nach dem Sommerfahrplan laufen.
Der kleine Tierfreund ist aber längst nicht die einzige Rolle, für die Wischmeyer allgemein bekannt ist und die er nacheinander auf die Bühne im Kap 8 brachte. Immer wieder schlüpfte er in die Rolle von Günther, dem Treckerfahrer, dessen Tiraden stets mit „Munter bleiben!“ enden. Und als Willi Deutschmann belferte er wie gewohnt gegen Fremdlinge im Birkhuhnweg und gewährte Einblicke in das Zusammenleben mit seiner Frau, die er nur „Brocken“ nennt. Weil Fett stets oben schwimmt, wird er lachend auf ihr sitzen und davonpaddeln, während alle anderen ertrinken, die sich nicht so gut auf die durch den Klimawandel drohenden Überschwemmungen vorbereitet haben.
„Seitdem der Thermomix kotzen kann, darf er mittags mit an den Tisch“
Dietmar Wischmeyer beschränkte sich aber nicht auf die seit Jahrzehnten beliebten Figuren aus dem Frühstyxradio-Kosmos. Schon mit der ersten Szene, als er in pinker Regenjacke einen Dauercamper vor dem Lidl-Markt mimte, entlockte er den Zuschauern zahlreiche Lacher – selbst oder gerade wenn es etwas eklig wurde. Wer zu ihm kommt, will das schließlich so hören und kann mit diesem zuweilen brachialen Humor ziemlich gut umgehen. Und auch mit dem Schaudern, weil vieles gar nicht so weit weg ist von der erlebten Wirklichkeit.
So wie beim selbstgefälligen Interview, das der ostwestfälische Schlachthofbesitzer dem Redakteur der Schnitzel-Revue gab, deren Verleger er praktischerweise selber ist. Oder wie bei dem schicksalsergebenen Besitzer eines ländlichen Altbaus, der einen Fleck in der Decke liebevoll „Holger“ nannte, bis ein befreundeter Architekt ihn in eine Sanierung hineinquatschte, die in eine unvollendete Dauerbaustelle mündete, auf der die mit Mythen umrankten, alles erledigenden „Jungs“ niemals erscheinen. Und natürlich bekam hin und wieder nicht nur der Alltag der kleinen Leute, sondern auch die große Politik ihr Fett weg, so wie wir es von ihm inzwischen aus dem Logbuch der Bekloppten und Bescheuerten und der heute Show kennen.
Und sogar die Kleinigkeiten stimmten bei dieser Veranstaltung, die viel mehr als nur eine Lesung aus Dietmar Wischmeyers brandneuem Buch „Vorspeisen zum Jüngsten Gericht – Ein Nachruf auf unsere fetten Jahre“ war. Zu vielen Szenen gab es ein außerordentlich passendes Bild oder manchmal sogar ein kurzes Filmchen, mit dem die eben gehörte Geschichte weitererzählt wurde. Und statt des üblichen Gongs gab es vor Beginn und zum Ende der Pause den Klang einer Luftschutzsirene zu hören, die in das ständige Hintergundgeräusch des Vogelzwitscherns hineintönte. So ähnlich klang es wohl auch, als der kleine Dietmar in Melle aufwuchs, inzwischen ist Wischmeyers mit 60 gerade in das Alter der schon lange von ihm dargestellten Figuren gekommen.
Infos zum neuen Buch, zu Terminen und Tonträgern gibt es unter www.wischmeyer.de
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