Nach dem letzten Album „Selbstauslöser“ wollten die beiden Wingenfelder-Brüder einen Schritt zurück, aber auch zwei nach vorne gehen. Zurück zu den persönlichen Themen ihres Debuts „Besser zu zweit“ und 2 Schritte nach vorn auf dem Weg zu ihrem deutschen Pop Album.
Die Gitarren sind noch da und das auch durchaus unerwartet und brachial, wie bei dem Opener „Hey Cowboy“. Aber es gibt auf diesem Album auch Dinge zu entdecken, die anders sind als das, was man erwartet hätte. So wandeln die Brüder zwischen Rock Riffs („Früher war alles besser“) und Trip Hop Beats („Mein Hafen“) durch ihr 50 Minuten dauerndes Album. Wingenfelder schreiben über unsere gelangweilte, alles akzeptierende Wegwerfgesellschaft, singen kleine Lieder für die große Liebe und sind auf ihrem dritten deutschsprachigem Album dem Ziel, ihre eigene Nische zu finden, wieder einen Schritt näher gekommen.
Mit dem Duett „Springen in die Nacht“ steuert der Wingenfelder Gitarrist und Singer/Songwriter Norman Keil seinen ganz persönlichen Song zum Album bei. Der 9. November 1989 durch die Augen eines 10-jährigen aus Erfurt. Und so bewegen sich die beiden Brüder auf „Retro“ musikalisch irgendwo zwischen Heute und Gestern mit Vorfreude auf Morgen. Und das ohne aufgesetzt oder verstaubt zu klingen.
Wingenfelder wollen die Musik nicht neu erfinden, aber sich mit jedem Album ein Stück weiterentwickeln und ausprobieren, ohne aus den Augen zu verlieren wo sie herkommen und was sie ausmacht. Das ist nicht immer ohne Risiko, macht es aber auch spannend, ihnen auf ihrer musikalischen Reise zu folgen. In der heutigen Zeit der Single Tracks haben die ehemaligen Köpfe von „Fury in the Slaughterhouse“ ein „Album“ aufgenommen das man durchhören kann und auch sollte!
Nicht umsonst haben sie es „Retro“ genannt, denn so Kai und Thorsten Wingenfelder: „Nicht alle neuen Entwicklungen sind immer positiv zu bewerten nur weil sie neu sind. Wir lieben Alben! Auch wenn heute anscheinend hauptsächlich einzelne Songs digital gekauft oder gestreamt werden, wollten wir das tun, was wir an Musik immer geliebt haben: ein geschlossenes Album aufnehmen.“ Das haben Sie! 12 Songs, Geschichten aus dem eigenen Leben, authentisch geblieben und doch weitergegangen um zurückzuschauen und sich zu fragen, ob man nicht etwas verloren hat auf dem Weg. Das ist „Retro“
Wingenfelder | 3. Dezember 2015 | 20:00 Uhr | Jovel
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