Wenn voraussichtlich am 20. Oktober der neue Wilsberg-Roman „Sein erster und sein letzter Fall“ erscheint, endet nach 21 Fällen und 32 Jahren eine Reihe, die den Grundstein für eine der erfolgreichsten Krimiproduktionen des deutschen Fernsehens gelegt hat und auch unter den Leserinnen und Lesern eine große Fangemeinde aufweist.
Nein, das sei kein Verkaufstrick, wie Jürgen Kehrer lachend bestätigt, „Es soll der letzte ein. Man soll als Schriftsteller ja nie nie sagen, aber ich gehe nicht davon aus, dass ich wieder einen Wilsberg-Roman schreiben werde. Reihen müssen ja auch mal enden und bevor es eher zufällig passiert, weil mir nichts mehr einfällt, mache ich lieber einen richtigen Abschlussband.“ Der Roman führt zurück ins Münster des Jahres 1989, in die Anfangszeit des schrulligen Privatdetektivs. „Ich wurde immer wieder gefragt, warum Wilsberg, der ja Rechtsanwalt war, Privatdetektiv wurde. Darum spielt der Roman 1989, der erste Roman ist ja 1990 erschienen. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, diese Geschichte zu schreiben. Da kommt vieles drin vor, was ich selber erlebt habe. Es gibt zum Beispiel ein Stadtmagazin, das am Hafen sitzt. Ich musste viel recherchieren, um zu schauen, was es damals gab, was die Highlights waren, Preußen Münster ist zum Beispiel in die zweite Liga aufgestiegen, das ‚Café Schucan‘ hat geschlossen… Auch mal wieder einen Roman zu schreiben, in dem die Leute nicht ständig aufs Handy gucken, macht schon Spaß!“
Mit „Sein erster und sein letzter Fall“ gibt Kehrer seinem Helden die Möglichkeit, wieder jung zu sein: „Wilsberg hat ja so einiges von mir, zum Beispiel mein Alter [lacht]. Er hat sich verändert und sieht die Welt heute anders als mit 30. Der Rückblick auf 1989 ist ein Ausflug in die Jugend, Wilsberg raucht und hat sogar eine Freundin – man erlebt da einen verliebten Wilsberg! In den Filmen kommt das ja selten vor und endet meistens tragisch, soweit ich mich erinnere, hat noch keine Frau, in die er sich verguckt hat, das Filmende überlebt. Mal abgesehen von Anna Springer. [lacht]“
Jürgen Kehrer hat von 1974 bis 2018 in Münster gelebt und nach seinem Pädagogikstudium 13 Jahre als Journalist und Mitherausgeber des legendären Stadtmagazins „Stadtblatt“ gearbeitet. Vor vier Jahren ist er mit seiner Frau Sandra Lüpkes, einer ebenfalls erfolgreichen Romanautorin, nach Berlin gezogen. Das Ende der Wilsberg-Reihe ist für den gebürtigen Essener auch ein innerer Abschied von Münster: „Die Verbindung zu Münster wird zunehmend schwächer. Für eine Romanreihe wie Wilsberg braucht man aber immer wieder neue Ideen, die durch das Alltagsleben in der Stadt entstehen. Ich merke, dass mir das ein bisschen verloren geht.“
Für die Fans der Fernsehreihe gibt es dagegen gute Nachrichten, was das Ende der Karriere des Privatdetektivs anbelangt: „Es geht ja nur um den Roman-Wilsberg, nicht um den Fernseh-Wilsberg, den es hoffentlich noch lange geben wird. Ich schreibe auch weiterhin Drehbücher für die Reihe.“ Beide Figuren unterscheiden sich inzwischen voneinander, was gelegentlich zu Verwirrungen führt, wie Kehrer berichtet: „Im ersten Roman besitzt Wilsberg ein Briefmarken- und Münzgeschäft, im ersten Film mit Joachim Król gab es das auch noch. Beim zweiten Dreh, dem ersten mit Leonard Lansink, haben sie einfach den Laden nicht mehr als Drehort bekommen und dann beschlossen, stattdessen eben ein Antiquariat zu nehmen. Auch die anderen Figuren unterscheiden sich, in den ersten beiden Folgen mit Leonard Lansink spielte eine ‚Tanja‘ mit, die stammte noch aus meinen Romanen. Die Schauspielerin wollte aber nicht länger mitspielen und so kam Alex in die Reihe. Auf diese Weise sind die Fernsehreihe und die Romane auseinandergelaufen. Um Fernsehreihe und Romanreihe einheitlich zu halten, hätte ich ständig die Romane umschreiben müssen und das wollte ich nicht. So bin ich bei meinem Wilsberg geblieben.“
Bei öffentlichen Auftritten hat dies schon für skurrile Situationen gesorgt: „Ich habe es bei Lesungen schon einige Male erlebt, dass Menschen erbost waren und hinterher sagten ‚Ich habe erwartet, dass Wilsberg selber kommt!‘. Wilsberg ist für viele so untrennbar mit dem Schauspieler Leonard Lansik verbunden, dass sie sich eine zweite Existenz als Romanheld gar nicht vorstellen können. [lacht].“
Das Ende der Wilsberg-Reihe bedeutet für Jürgen Kehrer nicht das Ende seiner Schriftstellerkarriere, auch wenn er inzwischen das Rentenalter erreicht hat, wie er schmunzelnd anmerkt. Eine neue Krimireihe im Stil der Wilsberg-Romane, dann aber angesiedelt zwischen Spree und Brandenburger Tor, wird es nicht geben, „Es gibt ja schon so viele Berlin-Krimis. Vielleicht schreibe ich ein Sachbuch, mal schauen.“
Das Erscheinen des neuen Wilsberg-Romans „Sein erster und sein letzter Fall“ ist für den 20. Oktober geplant. Am 28. Oktober findet eine Premierenlesung in der Buchhandlung Thalia in Münster statt.
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Habe alle Wilsbergbücher mit großem Spaß gelesen. Obwohl in Film und Buch eigentlich nur „Wilsberg“ selber einigermaßen übereinstimmt, (Kommissar Stürzenbecher, natürlich ohne das „Knistern“ = Anna Springer, Franka = Alex, Overbeck, Ecki oder Manni gibt’s in den Büchern nicht) entsteht beim Lesen sofort das „Kopfkino“. Die ganzen Maken und die Schnoddrigkeit von Wilsberg sind aufs Vortrefflichste beschrieben. Wirklich schade, wenn es neue Wilsbergbücher gäbe – ich würde sofort zuschlagen. Die anderen Bücher von Jürgen Kehrer sind leider nichts für mich. Auch schade.