Eine Ausstellung im Allwetterzoo Münster thematisiert den weltweiten Wildtierhandel. Dabei ist es insbesondere der illegale Handel, der eine ernsthafte Bedrohung für den Artenschutz darstellt. Die Ausstellung ist deswegen in enger Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt Münster erstellt worden.
„Das Problem ist, dass viele Tiere und tierische Produkte noch immer illegal gehandelt werden“, erklärt Matthias Genius. Er ist Experte für Artenschutzrecht und arbeitet in der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt Münster. Er hat mitgeholfen, die Ausstellung im Allwetterzoo Münster zu entwickeln. „Sehr viele Tiere werden illegal und unkontrolliert aus ihrem Lebensraum entnommen. Schätzungen gehen davon aus, dass weltweit jährlich 19 Milliarden US-Dollar mit Wilderei und illegalem Tierhandel verdient werden.“
Der Wildtierhandel ist neben dem Menschen-, Drogen- und Waffenhandel eine der weltweiten Top 4 kriminellen Aktivitäten. Über 120 Millionen Tiere, so weitere Schätzungen, werden pro Jahr illegal gehandelt. Sie enden als Wildfleisch, für medizinische Wirkstoffe, Modeartikel, Souvenirs, Jagdtrophäen oder Haustiere. Besonders betroffen sind bereits bedrohte Arten. Diese sind oft seltener und schwerer zu finden. Dafür bekommen die Händler sehr viel höhere Preise auf dem Schwarzmarkt. Damit ist der illegale Wildtierhandel nach dem Lebensraumverlust die zweitgrößte Bedrohung vieler gefährdeter Arten.
Es muss aber nicht immer ein krimineller Hintergedanke sein. Auch nicht Wissen kann unangenehme Konsequenzen haben. „Wer verreist bringt nicht nur Erinnerungen, sondern oft auch Souvenirs mit nach Hause“, so Genius. Dabei kommt es immer wieder vor, dass diese Andenken von geschützten Tier- oder Pflanzenarten stammen. Auch gut gemeinte Käufe, um die lokalen Händler in fernen Ländern zu unterstützen, können unangenehme Folgen haben. Das fängt beim Kauf vor Ort an. „Jeder Kauf regt die Händler dazu an, die bedenkliche Ware weiterhin anzubieten. Sie müssen für Nachschub sorgen. Dieser wird dann erneut unkontrolliert gefangen. Die Folgen für die Art und die Natur werden dem kurzfristigen Gewinn untergeordnet.“ Und dann ist da noch die Heim- und Einreise am Urlaubsende, weiß Genius: „Liegen bei der Einreise nicht die entsprechenden Papiere und Genehmigungen vor, werden die Souvenirs beschlagnahmt. Je nach Produkt und Herkunft können hohe Geldbußen oder Strafverfahren drohen, weil Haftstrafen bei kriminellem Handel verhängt werden können.“ Das gilt aber in der Regel nicht bei Urlaubssouvenirs.
Die Ausstellung im Allwetterzoo Münster informiert, wie der Handel die Artenvielfalt gefährdet. „Geschützte Tier- und Pflanzenarten dürfen in der Europäischen Union nicht vermarktet oder in Besitz genommen oder eingeführt werden“, erklärt Genius. Es sei denn, die rechtmäßige Herkunft kann durch Einfuhrgenehmigungen, Zuchtbelege oder vorgeschriebene, behördliche Vermarktungsbescheinigungen nachgewiesen werden. Aber: Gerade bei Erzeugnissen wie Schmuck, Lebensmitteln oder anderen Dingen haben selbst Experten Probleme. Auch für sie es nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich ist, was der Ursprung war oder ob die Nachweise nicht gefälscht sind. „Mal ehrlich, wer weiß schon, ob das Souvenir aus einer verbotenen Art besteht? Es ist in der Regel ja nicht der ganze Stoßzahn eines Elefanten. Es sind Produkte, in denen verbotene Arten verarbeitet sind. Schmuck, Dekoartikel oder Dinge, die angeblich zur Gesundheit beitragen“, ergänzt Dr. Philipp Wagner. Der Kurator für Artenschutz und Forschung hat die Ausstellung im Allwetterzoo mit entwickelt.
Nicht nur Urlaubsmitbringsel, auch in Europa gekaufte Tiere und Produkte aus ihnen können dem WA unterliegen. WA, das steht für Washingtoner Artenschutzabkommen. Das Abkommen regelt den Handel mit geschützten Tier- und Pflanzenarten. Grundlage ist die Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora (CITES). Auf Deutsch heißt das Abkommen: Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen.
In Deutschland gilt, das lebende, geschützte Tierarten bei den Naturschutzbehörden am jeweiligen Wohnsitz angemeldet werden müssen. Bestimmte Tierarten müssen zusätzlich mit Ringen oder Transpondern gekennzeichnet, beziehungsweise über Fotos dokumentiert werden. „Tiere ohne Nachweis können nach dem Bundesnaturschutzgesetzt beschlagnahmt werden“, führt Genius weiter aus. „Darüber hinaus drohen auch hier bei illegalem Verkauf und Kauf von geschützten Exemplaren Bußgeld- und Strafverfahren.“
In den vergangenen Jahrzehnten waren es vor allem Papageienarten und andere Vögel, die im großen Stil gehandelt wurden. Seit einigen Jahren zeichnet sich aber eine Trendwende ab. „Es werden immer mehr Amphibien und Reptilien gehandelt. Hier gilt, desto seltener und bedrohter, desto begehrter sind sie bei einer bestimmten Klientel“, berichtete Genius aus seinem Alltag. Dabei hätte das Internet dem Handel eine völlig neue Dimension gegeben. In diesem digitalen Mengengelage würde es immer wieder auch Personen geben, die illegale Tiere handeln würden. „Gerade durch Social Media gibt es hier einen neuen, riesigen Markt. Fotos werden geteilt und Tiere direkt gehandelt. Teilweise werden die Tiere dann einfach mit der Post verschickt. Hier den Überblick zu behalten ist schwer.“
Aber es sei auch Social Media zu verdanken, dass die Behörden den illegalen Machenschaften besser auf die Spur kommen. „Früher waren wir insbesondere auf Hinweise von zum Beispiel Nachbarn angewiesen. Auch heute bekommen wir noch direkt Tipps von aufmerksamen Personen“, reist Genius das Vorgehen und Auffinden im Tierhandel an. „Aber wir sind auch auf Social Media aktiv. Es ist schon erschreckend, wie offen und freizügig dort gesprochen und gehandelt wird. Andererseits ermöglicht das uns zu erfahren, wer sich kriminell verhält. Wir können dann zusammen mit anderen Behörden, wie zum Beispiel der Polizei, handeln und eingreifen.“
Matthias Genius ist froh, dass es Ausstellungen wie die im Artenschutzcampus des Allwetterzoo Münsters gibt. „Über 20 verschiedene Arten sind im neuen Artenschutzcampus zu erleben. Hier wird über die Zusammenhänge von Artenschutz und Zoos informiert“, erklärt Philipp Wagner den Ansatz des Campus. „Zudem werden an einzelnen Arten exemplarisch die vielfältigen Herausforderungen zum Arterhalt erzählt.“ Tiere, Informationen über die Artenschutzarbeiten des Zoos sowie die Zollausstellung erzählen die ganze Geschichte. „Nur wer gut informiert ist, kann sich auch korrekt verhalten und Arten schützen. Egal ob im Urlaub oder in der Tierhaltung daheim“, sind sich Genius und Wagner einig.
Mehr über die Aktivitäten des Allwetterzoos Münster zum Artenschutz findet ihr unter https://www.allwetterzoo.de/de/artenschutz/artenschutz-uebersicht/
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