Am Sonntagabend feierte ein begeistertes Publikum die Wiederauferstehung der Adam Riese-Show – nach über zwei Jahren von der Pandemie erzwungenen Pause und an einem neuen, geradezu himmlischen Ort: dem Engelsaal ganz oben im Atlantic-Hotel Münster. Der große Stargast auf dieser neuen Bühne war ohne Zweifel der Alphaville-Sänger Marian Gold. Aber auch die anderen beiden Gäste, Seumas Sargent und Nele Mueller-Stöfen, trugen dazu bei, dass der Abend lebhaft, bunt und voller Überraschungen geriet. Vielleicht gerade weil viele Besucher sich zuvor erst einmal fragen mussten, wer die beiden überhaupt sind, konnten sie sich in ihre Herzen spielen und reden.
Natürlich hatten auch diesmal wieder alle Gäste im Talk mit dem Moderator Adam Riese darzulegen, welchen Bezug sie zu Münster haben. Bei dem in Berlin lebenden amerikanischen Schauspieler und Schlagzeuger Seumas Sargent war der noch ziemlich dürftig (eine Nichte ist mit dem ehemaligen Münsteraner und schon lange in New York lebenden Künstler Josef Zutelgte verbandelt, er selbst daher schon mal hier zu Besuch gewesen). Nele Mueller-Stöfen verbindet schon viel mehr mit Münster: Direkt nach dem Abschluss der Schauspielschule hatte sie Anfang der 1990er an den Städtischen Bühnen (ja, so hieß das Theater Münster da noch) ihr erstes festes Engagement. Und im Odeon fand sie Anschluss an eine heimische Clique. Über Marian Gold weiß wohl fast jeder, dass viele der Lieder, für die seine Band Alphaville heute noch weltweit bekannt ist, in einem Haus am Dahlweg entstanden sind.
Natürlich trug Marian Gold – verstreut über die gesamte zweite Hälfte des Abends – einige seiner Hits aus den 1980er Jahren vor, begleitet von der üblichen Hausband, den Original Pumpernickel. Markus Paßlick, Jürgen Knautz und Altfrid Maria Sicking verpassten den Synthie-Pop-Songs dabei ein neues Outfit mit sanften Latin-Jazz-Rhythmen. Gesanglich steigerte Gold sich von Lied zu Lied, sein „Forever Young“ bildete dann auch den würdigen und zu recht gefeierten Abschluss der Show. Noch mehr als mit seiner Musik hat Marian Gold das Publikum mit der bodenständigen Art, wie er seinen Werdegang beschrieben hat, für sich gewonnen, und auch mit vielen interessanten Details. So wurde ihm vom Koch, bei dem er 1980 hier in Münster als Küchenhilfe jobbte, mit den Worten „du gehörst hier nicht mehr hin“ gekündigt, weil „Big In Japan“ inzwischen dauernd im Radio lief. Wir erfuhren, dass er den Refrain für „Forever Young“ damals im Treppenhaus aufgenommen hat, weil in in anderen Räumen am Dahlweg 94 zu wenig Hall war. Oder dass im Künstlerkollektiv „Nelson Community“, aus dem heraus die Band Alphaville gegründet wurde, noch bis in die 1990er Jahre alle Einnahmen geteilt wurden. Für Adam Riese war daher klar: „Im Herzen waren Alphaville immer schon mehr Punk, als es die Toten Hosen je waren.“
„Hätte ich geahnt, dass Musik hier so eine große Rolle spielt, dann hätte ich die Einladung zur Show wohl gar nicht angenommen“, meinte Nele Mueller-Stöfen und beschrieb, wie schlimm für sie die Gesangsaufgaben in der Schauspielschule waren. Zur Schauspielerei zog es sie dagegen schon als kleines, achtjähriges Mädchen, das sich ganz frech bei einer kleinen Bühne in ihrem Heimatort Wedel für eine Rolle bewarb und zwei Jahre später tatsächlich eine bekam. Zu ihrer Zeit bei den Städtischen Bühnen Münster übernahm sie alle Rollen, die für eine junge Frau auf dem Spielplan stehen, natürlich auch das Gretchen im „Faust“ – Adam Riese behauptete, damals fast alle Inszenierungen gesehen zu haben. Nach dem Engagement drehte sie vor allem für Film und Fernsehen, einmal auch für den Münster-Tatort. Selbstverständlich hatte der Moderator eine Szene dieser Folge („Eine Leiche zu viel“, 2004) parat, in der Nele Mueller-Stöfen den Professor Boerne mit einer Spritze voll gefährlich aussehender Inhaltsstoffe bedroht.
Eine besondere Spezialität der Adam Riese-Show bleibt auch am neuen Standort erhalten: die Spiele mit den Gästen. Dass Nele Mueller-Stöfen und Seumas Sargent bei der „Scharade“ Begriffe pantomimisch darstellen sollten, damit ihre Spielpartner sie erraten, ließ beide erst einmal protestieren: „Alle meinen, dass Schauspieler das gut können würden. Ist aber gar nicht so“. Dann legten sie sich beide aber so ins Zeug, schnitten Grimassen und setzten ihre ganze Körper ein, ohne sich zu schonen. So wurd es zum lustigsten Spiel des ganzen Abends.
Still sitzen ist ohnehin nicht die Sache von Seumas Sargent, immer musste er etwas machen, und sei es nur ein bisschen trommeln. Extra für seine Kurzeinsätze stand ein Schlagzeug auf der Bühne. „Bringt eure Kinder in Schlagzeugläden statt in Kitas“, appellierte Seumas Sargent ans Publikum. Genau so hat sein Vater es seinerzeit mit ihm gemacht, weil er so fasziniert von diesen Instrumenten war. Trommelstöcke spielten sicher auch eine große Rolle bei der Blue Men Group, bei denen er einige Jahre Mitglied war. Inzwischen ist er vor allem als Schauspieler aktiv, zuletzt für die Netflix-Serie „The Billion Dollar Code“ – auch wenn er gar keine dreijährige Schauspielausbildung genossen hat.
Seinen Höhepunkt erreichte der Auftritt von Seumas Sargent aber, als er – mit Gesang und Mundharmonika – ein Lied seines Patenonkels darbot: „Mannish Boy“ von Muddy Waters. Tatsächlich war sein Vater gut mit dem berühmten Bluesmusiker befreundet, einige eingeblendete Bilder belegten das. Beim Erzählen wechselte Sargent immer wieder zwischen Deutsch, Englisch und Niederländisch hin und her, schließlich hat er ein Auslandssemester in Amsterdam absolviert.
Zur Bühnenfamilie von Adam Riese gehört immer ein besonderer Gesangskünstler und eine Show-Assistentin. Malena war diesmal die Sängerin, die zu Beginn erstmals ein deutschsprachiges Lied aus ihrem neuen Programm vorgestellt hat. Die neue Show-Assistentin ist der Comedian Jens Heinrich Claassen. Die nächste Adam Riese-Show findet am 18. September ab 19:30 Uhr statt, ebenfalls wieder in diesem schicken neuen Saal. Als Gäste werden Meinhard Zanger (Wolfgang-Borchert-Theater), Dr. Joke Tio (UKM) und der Kabarettist Jochen Malmsheimer dabei sein, als musikalische Begleiterin unsere Türmerin Martje Saljé. Karten gibt es unter https://www.friedenskapelle.ms/
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