Ein Hilferuf weht durch die Medien. Die Tierheime in NRW sind überfüllt – nicht nur anlässlich der Sommerferien. Es gibt Grund zur Kritik: Am Staat, an zwielichtigen Organisationen und den Menschen, die Hunde als Mode-Objekt sehen. Ein Besuch im Tierheim an der Dingstiege zeigt, dass so manches Hundeleben einen schweren Start hat.
Wenn Doris Hoffe von ihrer Arbeit erzählt, spürt man das Herzblut, welches sie seit 1979 in ihre Arbeit steckt. Sie sei als erste Vorsitzende des Tierschutzvereins Münster schon „Durch viele Stürme gegangen“, aber die derzeitige Entwicklung sei erschreckend, insbesondere in Hinblick auf das Ausmaß des illegalen Welpenhandels: „Hunde werden massenweise produziert – anders kann man das nicht nennen.“ Die Welpen seien oft krank oder verkommen direkt, so Hoffe. Viel zu früh trenne man Welpen vom Muttertier und schicke sie auf die Reise. Wohin? „Zu all den Menschen, die reihenweise auf Betrüger im Internet reinfallen“ erklärt sie. Die Welpen seien meist nicht geimpft und müssen ihr Leben in Quarantäne starten – so will es das deutsche Seuchenschutzgesetz. Die jungen Tiere verweilen teilweise fünf Monate alleine auf kleinstem Raum – isoliert von der Außenwelt, um diese unter anderem vor Tollwut zu schützen. „Das macht ganz viel mit so einem kleinen Hund. Er lernt die Welt nicht kennen und wird nicht sozialisiert.“ Das führe zu Defiziten, die Hunde seien unsicher und durch die erste Konfrontation mit der Umwelt überfordert.
Doch nicht nur bei Hunden aus dem Ausland müsse man aufpassen. Neulich sei Hoffe ein Inserat aus Coerde aufgefallen. Dort habe jemand Maltipoo-Welpen, Mischlinge aus Malteser und Pudel, zu einem horrenden Preis von jeweils 3500 Euro angeboten. Das sei ihr seltsam vorgekommen und sie habe die Polizei informiert. Diese habe später festgestellt, dass die Welpen bei verschiedenen Tierärzten geimpft worden seien, was ihren Verdacht bestätigte. „Wenn man mit sechs Welpen bei ein und derselben Tierarzt-Praxis auftaucht, macht man sich verdächtig.“ Gegen seriöse Züchter habe Hoffe nichts, es müsse nicht jeder einen Hund aus dem Heim holen, aber der Internethandel und die damit verbundene Tierquälerei sei einfach furchtbar. „Das Internet ist voll mit Inseraten. Und der Staat sieht einfach weg.“
Unverständlich sei ihr auch die Entwicklung, den Pudel mit sämtlichen anderen Rassen zu kreuzen. „Es ist wie ein Trend bei der Garderobe. Man trägt jetzt Pudelmischlinge.“ Im Sinne der Tiere solle es nicht darum gehen, „Irgendwas Süßes auf dem Schoss sitzen zu haben“, sondern man solle ehrlich hinterfragen, ob ein Hund in das eigene Leben passt. Da spiele neben dem Zeit- natürlich auch der Kostenfaktor eine Rolle. Wenn Hunde dann doch bei ihr abgegeben werden, höre Hoffe viele Gründe: Allergien, Scheidung, der Vermieter verbiete die Haltung plötzlich doch, man sei beruflich eingespannter, und vieles mehr. Was letztendlich der Wahrheit entspricht, wisse sie nicht und sei auch egal. Die Hauptsache sei, dass der Hund gut versorgt werde. Dass Hunde nicht einzeln untergebracht werden, trage dazu bei. „Sie werden hier direkt vergesellschaftet und dass einer mal gar nicht ins Fahrwasser kommt, erleben wir hier kaum.“
Bei der Suche nach einem neuen Zuhause, gehe man sehr sorgfältig vor. „Wir wollen natürlich, dass es passt und arbeiten zum Beispiel mit Fragebögen, die verschiedene Risiko-Kriterien ausschließen können. Vermittlungen werden nicht einfach übers Knie gebrochen, man lernt sich erst einmal kennen.“ Dass es den Hunden in der neuen Familie gut geht, liege dem Tierheim am Herzen. Nach einer mehrwöchigen Eingewöhnungsphase mache man sich durch sogenannte „Kontrollbesuche“ ein eigenes Bild. Die Tierheim-Vorsitzende und ihr Team beweisen hier scheinbar eine gute Intuition. Hoffe erklärt zufrieden: „Alle unsere Hunde werden gechippt, wodurch wir bei Fundtieren feststellen können, dass die ausgesetzten Tiere nicht durch uns vermittelt wurden. Das zeigt uns, dass wir oft richtig liegen.“
Mancher Hund darf sich also doch noch über ein Happy End freuen.
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