Weihnachten in die Fehmen spucken Im 10. Teil unserer Masematte-Kolumne hinterfragt die Autorin Marion Lohoff-Börger den Sinn des Weihnachtsfestes

Es geht immer auch ein bisschen größer
Es geht immer auch ein bisschen größer (Foto: Carsten Pöhler)

Wenn dat tofte „Weihnachten“ über Münster kommt, dann is jovel mit der Leeze durch die Strehlen peseln und durch die Feneten in die Beiskes kneistern. Da reunst du, wie die Seeger und Kalinen mit ihre Kotens und Enkelkotens, Scheetze und die schofle Mischpoke dat Weihnachtsfiztebumm an joveln sind. Dat is immer ne tofte Sache in der „Toften Laile“, wo wir uns verdollewinieren, dat dem Obermacker sein Jesuskoten nur inne Bräseplinte gewickelt in son Kabuff von die Blökers geboren wurde.

Allüberall ist das Bimborium und Gedöns von dat Weihnachten an Glitzern. Und die ganze Stadt riecht nach hamler Frengelei und es wird geschickert, bis der Schmarrer kommen muss (oder du böscht gleich inne Teewinde …).

Maschemau!
Aber wenn du deine Lauschers aufmachst und auf Kiene bist, dann ist Weihnachten im jovlen Münsterland auch nicht mehr dat, wat es mal war. 10 Grad und Nieselmeimelatur kneister ich heute morgen auf meine Wetterstation. Da fängste in dein Meimelbossmann aber an Schwitzen an, modewehl. Früher, als ich nen Koten war, da hegten wir die Meimelatur noch gefroren als Schnee, aber jetzt is dat eher die Ausnahme.
Es galt ja mal der Satz: „In Münster regnet es oder es läuten die Glocken.“ Da bleibt mir aktuell aber ömmes die Frengelei inne Strotte stecken und da wird mir inzwischen ganz schofel in meiner Plautze (ob ich zum Schmarrer muss?).

Mit beides, mit der Meimelatur und den Tiftels hat Münster und die Bendine drumherum ja ömmes so seine Malessen… Im Sommer knallert monatelang nur noch der Lorenz. Keiner will malochen, alle wollen lieber inne Öle plümpsen gehen. Die Bäume hegen hamel Brand und die Pünten aufn Aasee, der dreckigsten Pfütze der Stadt, laufen auf Grund. Maschemau, der Klimawandel hat den ersten Teil von unser toftes Sprichwort machulle makeimt.

Glitzer und Gedöns - Ist das Weihnachten?
Glitzer und Gedöns – Ist das Weihnachten? (Foto: Carsten Pöhler)

Und wat ist mit die Glocken, die immer an Läuten sein sollen?
In die Murmelbeis is lau lone, da können die Gallachs noch so lange die Glocken läuten. Kein Wunder, wenn einige von die miesen Stachos besser in Schemmbeis Tüten kleben sollten bis der hauseigene Mulopenk die holt, anstatt uns an Weihnachten wat von Engelkes und Kotens zu rakawehlen…

Modewehl mit den Frieden in dat Münsterland an Weihnachten da ist noch hamel wat dran zu malochen, da können wir alle nochmal ne Lapane zulegen und ömmes, hamel wullachen. Nen bisken mit de Leeze (statt mit dem Wuddi) durch die Strehlen peseln, nach den nostalgischen Glockenklang lauschen, dat reicht nicht mehr aus. Ömmes bekane!

Lass mal lieber in die Fehmen spucken und wat Gescheites makeimen, dann wird dat für unseren Kotens und Enkelkotens vielleicht wat mit den Weihnachtsfrieden…, von mir aus auch mit dat ganze scheinheilige Geseiere und überflüssige Glitzergedöns drumherum.

Ansonsten schmus ich: Tofte Laile, Münster, poof schön weiter. Alles jovelino!?


Glossar:
Fehmen: Hände / jovel: gut / Leeze: Fahrrad / Strehlen: Straßen / peseln: fahren, gehen / Feneten: Fenster / Beiskes: Häuschen / kneistern: sehen / reunen: sehen / Seeger: Männer / Kalinen: Frauen / Koten: Kinder / Scheetz: bester Freund / schofel: böse / Mischpoke: Verwandtschaft / Fitzebumm: Fest / joveln: feiern / tofte: gut / Tofte Laile: hier „Heilige Nacht“ / verdollewinieren: durch den Kopf gehen lassen / Obermacker: Herr / Bräseplinte: Windel / Kabuff: Stall / Blöker: Schafe / Bimborium: unnötiger Aufwand / hamel: sehr / Frengelei: Essen / schickern: trinken / Schmarrer: Arzt / böschen: gehen / Teewinde: Krankenhaus / Maschemau: oh ja / auf Kiene sein: aufpassen / Nieselmeimelatur: Nieselregen / Meimelbossmann: Regenhose / modewehl: oh je / ömmes: tatsächlich / Strotte: Hals / Tiftel: Kirche / Bendine: Gegend / Malessen: Probleme / Lorenz: Sonne / malochen: arbeiten / plümpsen: baden / Öle: Kanal / hamel Brand hegen: großen Durst haben / Pünten: Boote / machulle makeimen: kaputt machen / Murmelbeis: Kirche / lau lone: nichts los / Gallach: Priester / Stacho: übler Kerl / Schemmbeis: Gefängnis / Mulopenk: Sensemann (hier Teufel) / rakawehlen: erzählen / ne Lapane zulegen: eine Schüppe zulegen / hamel wullachen: sehr schwer arbeiten / Wuddi: Auto / ömmes bekane: klarer Fall / Tofte Laile: hier: Gute Nacht (versus Heilige Nacht!) / poofen: schlafen / jovelino: bestens

Kleine Wortkunde:
Murmelbeis und Tiftel sind zwei Wörter für Kirche. Warum gibt es zwei Wörter? Die Masematte hat verschiedene Spendersprachen, hauptsächlich das Rotwelsche und das Jiddische. Im Jiddischen wird das christliche Gotteshaus verächtlich tifle genannt (Duden, Jiddisches Wörterbuch, S. 170). Siewert (Das große Wörterbuch der Münsterschen Masematte) vermutet hinter murmel ein Rotwelsches Wort. Der Begriff „Transpanimurmelbeis“ oder „Transpanimurmelschuppen“ ist ein beliebter Ausdruck bei Münsteranern für die Überwasserkirche. Woher diese Wortschöpfung kommt, ist auch unklar. Für ein ursprüngliches Masemattewort ist es nach meinem Kenntnisstand zu lang. Es gibt in Sachen Masematte noch viel zu erforschen … spuckt in die Fehmen!

Mehr Masematte? Marion Lohoff-Börger hat auch Bücher geschrieben:
Neu: „Die 4 Schallermänner. Die Bremer Stadtmusikanten auf münsterscher Masematte.“ agenda Verlag, 2019, 14,90 €
„Mehr Massel als Brassel. Endlich Masematte verstehen und einen toften Lenz hegen.“ agenda Verlag, 2018, 9,90 €

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