Junge Menschen davor zu bewahren, in die extremistische Salafisten-Szene abzurutschen – das ist Ziel des NRW-Präventionsprogramms „Wegweiser“. Um zu verhindern, dass sie in die Radikalisierungsfalle laufen, hat jetzt eine Beratungsstelle in Münster ihre Arbeit aufgenommen. Offiziell eröffnet wurde sie von NRW-Innenminister Ralf Jäger.
Der Salafismus, ultrakonservative Strömung innerhalb des Islams, ist laut Jäger mit 9000 Anhängern die am stärksten wachsende Extremismusbewegung in Deutschland. „Der gewaltbereite Salafismus ist eine Bedrohung für unsere Gesellschaft“, betonte der Minister. „Gerade Kinder und Jugendliche werden zum Ziel pseudoreligiöser Missionare. Dagegen wappnen wir uns.“ Münsters Stadträtin Cornelia Wilkens bestätigte ihn in seinem Bemühen. „Als Stadtgesellschaft müssen wir frühzeitig Radikalisierungen begegnen“, meinte sie. Und der Verein sozialintegrativer Projekte (ViP), der in Münster die Trägerschaft der Beratungsstelle übernehme, bringe die notwendige Erfahrung und Kompetenz mit, um eine erfolgreiche vorbeugende Arbeit in der Stadt möglich zu machen.
„Wegweiser“ wird es Anfang 2017 an 13 Standorten im Land geben. Das Programm verfolgt nach Angaben des NRW-Innenministeriums einen umfassenden Ansatz und nimmt die gesamte Lebenssituation des Betroffenen in den Blick – von der Schule über das weitere soziale Umfeld bis in die Familie. Das Angebot, das es bereits in den Städten Bochum, Bonn, Dinslaken, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg und Wuppertal gibt, werde auch von Angehörigen, Freunden und Lehrern angenommen, versicherte SPD-Mann Jäger. „Wir dürfen sie mit ihren Fragen und Ängsten nicht allein lassen.“
Pro Woche gebe es etwa 50 Anfragen an die Sozialarbeiter der jeweiligen Träger in den Städten, hieß es, das Netz der Beratungsstellen werde in NRW künftig mit bis zu 25 Standorten und mobilen Teams noch engmaschiger. Der extreme Salafismus verführe junge Menschen zur Teilnahme am Dschihad, dem Heiligen Krieg, sagte der Innenminister besorgt. „Sie dürfen den Rattenfängern nicht auf den Leim gehen.“ Besonders anfällig seien Personen, die sich minderwertig und ausgegrenzt fühlen. Sie sollen beraten werden und Unterstützung bekommen.
Eine „Wegweiser“-Beratungsstelle ist in ein Netz aus sozialen Einrichtungen, Polizei, Stadt und Moscheegemeinden eingebunden. Auch in Münster. „Seit 2012 haben wir es auf Münsters Straßen mit Salafisten zu tun, wo sie zum Beispiel den Koran verteilen“, sagte Stadträtin Cornelia Wilkens. Schulen berichteten von Anwerbeversuchen bei Schülern. Klaus Fröse vom Verein sozialintegrativer Projekte, der in Münster straffällig gewordene Jugendliche betreut, sieht sich für die Aufgabe gewappnet. „Orientierungslose Jugendliche – das ist Alltag für uns“, versicherte er.
Nach Angaben von Minister Jäger wurden 2015 in 4500 Beratungsgesprächen 350 Menschen erreicht. Die Hälfte der Ratsuchenden waren Minderjährige. Neben Münster sollen Anfantg 2017 Aachen, Mönchengladbach, Bielefeld und Essen mit Anlaufstellen an den Start gehen. In das „Wegweiser“-Projekt ist auch der Verfassungsschutz involviert. „Die Daten der Betroffenen werden aber nicht an die Sicherheitsbehörden weitergegeben“, versicherte Burkhard Freier vom Verfassungsschutz NRW. „Der Vertrauensschutz geht sehr weit“, sagte er. Eine Straftat beziehe er aber nicht mit ein.
„Es gibt in der Präventionsarbeit keine Erfolgsgarantie“, wusste Ralf Jäger. „Wir können vielen jungen Menschen mit ,Wegweiser‘ die Augen öffnen und sie davor bewahren, sich in der extremistisch-salafistischen Szene in große Gefahr zu begeben.“ Es gebe aber auch Fälle, in denen man die Betroffenen nicht mehr erreicht.
Ab sofort ist für Münster die „Wegweiser“-Hotline 0251/14 92 16 07 geschaltet.
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