Ein echtes Londoner Taxi wurde gestern am Naturkundemuseum abgeladen. In der neuen Sonderausstellung „Das Gehirn – Intelligenz, Bewusstsein, Gefühl“ spielt das Gefährt eine wichtige Rolle. Ab dem 29. Juni ist der Öffentlichkeit dieses größte technische Objekt der Sonderausstellung dann zugänglich. Den Zusammenhang zwischen Taxi und Ausstellung liefert ein Experiment britischer Forscher, das in der wissenschaftlichen Welt für großes Aufsehen gesorgt hat.
Die Straßenverläufe in Londons Stadtkern sind äußerst verwirrend. Ohne Navi hätten die meisten von uns im Verkehr dort wohl keine Chance. Der Zulassungstest für die Taxifahrer in der Stadt gilt deshalb als einer der schwersten weltweit. Die Probanden bereiten sich teilweise zu vier Jahre lang auf die Prüfung und prägen sich Tausende Straßenverläufe, Straßennamen und sehenswerte Orte ein. Forscher des University College London nahmen diese außergewöhnliche Gedächtnisleistung Anfang des Jahrtausends als Grundlage für ein wissenschaftliches Experiment: Können sich Nervenzellen in Gehirnen von erwachsenen Menschen noch anpassen oder sogar neu entwickeln?
„Die Neurowissenschaft war lange der Meinung, dass die Entwicklung des Gehirns mit Erreichen des Erwachsenenalters komplett abgeschlossen ist“, weiß Ausstellungsmacherin Nicola Holm. Daher untersuchten die Forscher die Gehirne angehender Fahrer vor der Ausbildung und nach der Prüfung. Zu Vergleichszwecken wurden auch diejenigen untersucht, die die Ausbildung abbrachen sowie weitere Personen, die keine Straßennamen und Orte lernen mussten.
Es wurde nachgewiesen, dass sich eine bestimmte Hirnregion weiter entwickelt hatte. Der Hippocampus, die zentrale Schaltstation des Ortsgedächtnisses, zeigte sich somit auch im Erwachsenenalter noch lernfähig und flexibel. „Diese Studie hat damit erstmals bewiesen, dass sich auch bei Erwachsenen noch neue Nervenzellen bilden können und sich das Gehirn somit wortwörtlich verändern kann“, so Holm.
Das Taxi zum Ausstellungsstück umgebaut hat Joachim Bachmann aus Marl. Der Autoliebhaber und Restaurationsexperte hat viel Arbeit in die Wiederherrichtung der Karosserie des 1982 in Betrieb genommenen Fahrzeugs gesteckt. Außerdem hat er den im Museum nicht benötigten Motor aus Sicherheitsgründen komplett ausgebaut. „Für die Museumsgäste wird das Taxi als begehbare Hörstation präsentiert. Während im Innenraum eine Audiospur abgespielt wird, die die wissenschaftlichen Hintergründe zum Experiment erläutert, werden auf der Windschutzscheibe Aufnahmen einer Autofahrt durch Londons Innenstadt gezeigt, die die Atmosphäre des Stadtverkehrs einfangen“, erklärt Holm.
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