Was erlebten die „Verschickungskinder“? Ein Vortrag im VHS-Forum blickt am 29. Oktober auf die Kinder-Erholungskuren des 20. Jahrhunderts und die dort erlebten Traumatisierungen

Kinderkur in der Kinderheilanstalt Bad Sassendorf. (Fotoeigentürmer: Jens Schweizerhof)

Zwischen 1950 und 1990 wurden mehr als zehn Millionen Kinder in der Bundesrepublik Deutschland auf sogenannte Erholungskuren verschickt. Weil sie zu dünn, zu dick oder zu blass waren, weil sie Bronchitis oder Asthma hatten, Haltungsschäden, Tuberkulose oder Neurodermitis. Doch statt gesund, kehrten viele traumatisiert zurück. Denn heute kaum vorstellbare Maßnahmen wie Esszwang oder Toilettenverbot gehörten zum Alltag vieler Kinder, aber auch körperliche Strafen, Demütigungen, Erniedrigungen, Medikamentenmissbrauch und sexualisierte Gewalt – sogar Todesfälle sind dokumentiert. Viele leiden noch heute unter den Folgen der erlittenen Traumata.

Der Vortrag „Verschickungskinder. Eine neue Perspektive auf die Kindererholungskuren des 20. Jahrhunderts“ am kommenden Dienstag (29. Oktober, ab 19 Uhr) soll im VHS-Forum einen Überblick über die Erfahrungen der Kinder und heutige Lage der Betroffenen geben.

10 bis 20 Prozent pro Jahrgang wurden über den Kinderfahrtendienst in Erholungskuren an die See, in die Berge oder Salzkurorte verschickt. Aber was haben diese Kinder bei ihren Aufenthalten erlebt. Oft fanden sie für ihre Erlebnisse keine Worte. So sprach Detlef Lichtrauter erst 20 Jahre später das erste Mal mit seiner Mutter darüber, was ihm 1973 bei seinem sechswöchigen Aufenthalt wirklich passiert war. Ein Runder Tisch traf sich erstmals 2023 im Landtag in NRW und die Politik sagte zu, dabei behilflich zu sein, die Vorfälle zu dokumentieren und Akten zu sichern.

Als 1. Vorsitzender des Vereins „Aufarbeitung Kinderverschickungen NRW e.V.“ referiert Detlef Lichtrauter nun im VHS-Forum über die Geschichte der Kinderverschickungen und den aktuellen Stand der Aufarbeitung im Bund und in NRW. Es moderiert die VHS-Direktorin Esther Joy Dohmen. Der Eintritt ist frei. Weitere Infos erhalten und anmelden könnt ihr euch im Servicecenter der Volkshochschule im Aegidiimarkt oder unter stadt-muenster.de/vhs.

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