Es sind Fotos aus der Zwischenzeit – noch nicht alt genug, um nicht auf eine seltsame Weise vertraut zu wirken und doch schon so angestaubt, dass Frisuren und Autos wie aus einer anderen Ära erscheinen. Die Ausstellung „Münster 1971“, mit der das Stadtmuseum seine erfolgreiche Reihe „Vor 50 Jahren“ fortsetzt, nimmt den Besucher mit auf eine Zeitreise in ein Jahr, das geprägt war von Willy Brandts Entspannungspolitik und einem Wirtschaftsboom, der Deutschland zum Exportweltmeister machte.
Dass in Münster seinerzeit nicht alles nur beschaulich war, wird dem Ausstellungsbesucher spätestens beim Anblick des von Kugeln durchsiebten Karmann Ghia bewusst. Dass dies nichts mit den frühen Jahren der RAF sondern mit einem verärgerten Studenten zu tun hatte, weiß der stellvertretende Museumsleiter Dr. Axel Schollmeier zu berichten: „Der junge Mann musste am Abend zuvor eine Blutprobe abgeben. Das hat ihn so sehr verärgert, dass er am nächsten Tag zur Polizei ging und auf die Beamten geschossen hat.“ Diese erwiderten zwar das Feuer, glücklicherweise erlitt aber nur das sportliche Auto dabei einen erheblichen Schaden, der Student wurde zwar während des Schusswechsels verletzt, behielt aber wohl keine bleibenden Schäden zurück.
Große Themen wie der Besuch des damaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann oder der niederländischen Königin Juliana nebst Gatten zeigt die Ausstellung ebenso, wie die Reaktionen der Münsteraner auf eine junge Frau in Hotpants oder den Skandal einer zugemüllten Bushaltestelle.
Alle Fotos stammen aus dem Nachlass des Fotografen Rudolf Krause, der seinerzeit für die Westfälischen Nachrichten gearbeitet hat. Manches von dem, was damals in der Entstehung dokumentiert wurde, gehört heute wie selbstverständlich zum Stadtbild, wie die Lichtinstallation „Silberne Frequenz“ von Otto Piene am heutigen LWL-Museum für Kunst und Kultur. Damals eine technische Sensation, da sie von Anfang an computergesteuert war. Kulturell war in der westfälischen Provinz erstaunlich viel los, Konzerte von Pink Floyd, Herbert von Karajan, Krzysztof Penderecki oder Mireille Mathieu sorgten rund um die Halle Münsterland mitunter für ein beeindruckendes Verkehrschaos.
Mit der Vergangenheitsbewältigung hingegen tat sich die Stadt 1971 offenbar noch schwer, obwohl der Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll sich persönlich vor Ort für die Anbringung einer Gedenktafel am Zwinger einsetzte, wurde diese erst 15 Jahre später in die Tat umgesetzt. Tausende Negative musste Schollmeier sichten, um diese Auswahl von 80 Bildern zusammenzustellen, die nun im ersten Stock des Stadtmuseums einen chronologischen Überblick über Münster im Jahr 1971 bieten.
Die Ausstellung kann bis zum 28. November besucht werden, der Eintritt ist frei. Wegen der Pandemie ist eine Anmeldung notwendig, diese kann aber kurzfristig im Museumsshop im Erdgeschoss erfolgen. Die neuen Öffnungszeiten sind Di., Do. und Fr. von 13.00 bis 17.00 Uhr sowie Mi., Sa. und So. von 11.00 bis 18.00 Uhr.
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