Wälder verschwinden, und mit ihnen ihre Bewohner. Doch es gibt Lichtblicke, so zum Beispiel in Kambodscha. Hier betreibt der Allwetterzoo Münster ein eigenes Artenschutzzentrum. Jüngst wurden vom dortigen Team bedrohte Vögel in die Natur übergeben.
„Wir freuen uns gemeinsam mit unserem Team in Kambodscha über die guten Neuigkeiten aus der Region der Northern Plains“, sagt Dr. Philipp Wagner, Kurator für Artenschutz und Forschung im Allwetterzoo Münster. „Das Angkor Centre for Conservation of Biodiversity (ACCB) ist ein 100%iges Artenschutzzentrum des Allwetterzoo Münsters. Im November 2023 hat das Team dort vier bedrohte Vögel in die Natur entlassen. Unterstützt wurde das ACCB dabei von der Behörde Preah Vihear Provincial Department of Environment (PDoE) sowie der Organisation WCS Kambodscha.“
Eigene Nachzuchten
Drei der vier ausgewilderten Tiere waren junge indochinesische Ährenträger Pfaue (Pavo muticus emperator). Es handelt sich hier um eine weltweit vom Aussterben bedrohte Art, die erfolgreich im ACCB gezüchtet wird. In der aktuellen Zuchtsaison 2023 wurden gleich mehrere Eier gelegt und erfolgreich bebrütet. Ein halbes Jahr später waren sie dann bereit, ausgewildert zu werden. „Die Ansiedlung dieser Vögel ist ein entscheidender Schritt zur Wiederherstellung einer gesunden und sicheren Population dieser Art“, betont Wagner.
Das historische Verbreitungsgebiet des Ährenträgerpfaus erstreckte sich einst vom Nordosten Indiens und Bangladeschs über Myanmar sowie den Süden Chinas bis nach Vietnam und Malaysia bis auf die Insel Java. Er galt einstmals als die Art der Familie der Fasanenartigen, die in Asien am einfachsten zu beobachten war. Heute findet sich der Ährenträger Pfau nur noch in wenigen kleinen und voneinander isolierten Gebieten. Die Weltnaturschutzbehörde IUCN führt diese Art auf ihrer Roten Liste der bedrohten Arten unter gefährdet. Sie schätzte den Gesamtbestand im August 2018 auf unter 20.000 Individuen – weltweit. Mit Blick auf den fortschreitenden Klimawandel sowie Lebensraumverlust gehen Experten davon aus, dass die Gesamtanzahl von Individuen in den vergangenen Jahren weiter gesunken ist.
Gesund gepflegt und ausgewildert
Der vierte Vogel war ein Asiatischer Wollhalsstorch (Ciconia episcopus). Er ist ebenfalls durch Lebensraumverlust und Jagd bedroht. Das Tier wurde im September 2023 von ACCB, WCS und PDoE gerettet, nachdem es verletzt und flugunfähig aufgefunden wurde. Nach tierärztlicher Betreuung und Rehabilitation wurde der Asiatische Wollhals freigelassen und sei, so das Team des ACCBs, völlig genesen davongeflogen. „Wir sind stolz, Teil dieser Erfolgsgeschichte im Arten- und Naturschutz zu sein. Wir danken unseren Partnern und Unterstützern, die dies möglich gemacht haben“, ergänzt Wagner. „Gemeinsam können wir die erstaunliche Tierwelt und Lebensräume, nicht nur in Kambodscha, für kommende Generationen schützen.“
Art und Lebensraum retten
Damit unter anderem die drei Pfauen nicht um sonst nachgezogen und der Wollhalsstorch medizinisch versorgt worden ist, gibt es zahlreiche Initiativen seitens der lokalen kambodschanischen Regierung sowie diverser NGOs, die sich für den Erhalt der Lebensräume und gegen Wilderei einsetzen und mit denen das Team vom ACCB erfolgreich zusammenarbeitet. So war zuletzt in diesem Jahr das ACCB stolz und geehrt, die Kampagne „Zero-Snaring“ in der Provinz Siem Reap, in der auch das Artenschutzzentrum liegt, organisiert zu haben.
„Snaring“, das bezeichnet eine besondere Art der Jagd mittels illegaler Drahtseilfallen. Die einfachen Fallen aus Draht, Kabeln, Seilen oder Nylon-Schnüren, mit denen die Wilderer tagtäglich auf Beutezug gehen, sind billig und leicht zu errichten. Dabei machen sie keinen Unterschied, welches Tier ihr zum Opfer fällt. In den Schlingfallen landen kleinere Säugetiere wie Schuppentiere oder Affen, aber auch Bären und Elefanten sowie Vögel treten in die Fallen und verenden darin qualvoll.
In den Jahren 2010 bis 2019 haben Wildhüter nach Angaben des WWF über 230.000 Fallen mehreren Schutzgebieten allein in Kambodscha entdeckt und entfernt. Studien gehen jedoch davon aus, dass bei den Patrouillen der Ranger, die durch unwegsames Gelände führen, weniger als 30 Prozent der tatsächlich ausgelegten Fallen gefunden werden. In Kambodscha ist die Schlingfallen-Krise damit auf einem traurigen Höhepunkt angelangt, wie ein WWF-Bericht von Januar 2022 zeigt.
Gemeinsam mehr erreichen und erleben, was es zu schützen gilt. Wer den Allwetterzoo Münster bei seinen Artenschutzbemühungen unterstützen will, der kann das auch über Spenden machen. Alternativ ist jede Person eingeladen, beim Besuch des Allwetterzoos den freiwilligen Artenschutz-Euro zu bezahlen. Dieser fließt zu großen Teilen in das ACCB.
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