Der Tag des offenen Denkmals sei die größte Kulturveranstaltung Deutschlands – das wurde am Sonntag bei der bundesweiten Eröffnung auf der Bühne vor der Lambertikirche immer wieder betont. Und tatsächlich waren auch in Münster wieder sehr viele Menschen unterwegs, um zumeist an mehreren von den rund 100 kostenlosen Führungen zu Denkmälern im Stadtgebiet teilzunehmen.
Für manche Orte waren aus Platzgründen von vornherein die Besucherzahlen begrenzt, wie beim Buddenturm oder dem Haus in der Bogenstraße 2. Hier hatte man mit einem gewissen Ansturm gerechnet und Listen ausgelegt, in denen sich jeder eintragen konnte. Da diese schnell voll waren, wurden die Teilnehmerzahlen schon mal verdoppelt oder zusätzliche Führungen angesetzt. Trotzdem mussten schließlich allerhand Interessierte weggeschickt werden. Bei anderen Themen pendelten sich die Gruppen oft auf eine passende Größe von 20 bis 40 Personen ein. Und auch hier konnte man vieles Wissenswertes über Münsters Geschichte erfahren.
So schilderte Dr. Aurelia Dickers wie immer mit viel Begeisterung einige Ergebnisse aus den von ihr geleiteten Ausgrabungen rund um die Domburg. Dr. Anke Kuhrmann stellte unter dem Titel „Giebel mal anders“ die Gestaltung eines Geschäftshauses am Roggenmarkt vor, für das Architekt Harald Deilmann in den 1960er Jahren eine moderne Variante der für Münsters Innenstadt so typischen Stufengiebel fand. Diese im städtischen Programmheft im Kapitel „Potenzial zum Denkmal“ vorgestellte Führung passte dann auch gut zum diesjährigen bundesweiten Motto zum Tag des offenen Denkmals, „Talent Monument“.
Schon recht früh, nämlich um 9 Uhr, begann der Rundgang „Von der Festung zur Promenade“, bei der Claudia Holze-Thier vor allem zur Geschichte und Dr. Jan Markus zur Archäologie dieses Bodendenkmals viel zu erzählen hatten. Und weil vom interessierten Publikum viele Fragen kamen, die es wert waren, beantwortet zu werden, hat diese Gruppe das ursprünglich geplante Ziel des Rundgangs gar nicht mehr erreicht. Schilderungen wie die von dem Fund eines Massengrabs aus dem 18. Jahrhundert am Kanonengraben oder von den jüngsten Ausgrabungen am Aegidiitor waren da einfach zu spannend.
Viele zog es im Laufe des Nachmittags in den Erbdrostenhof, denn hier muss jeder Münsteraner wenigstens einmal drin gewesen sein. Eine Führung schloss sich dabei an die nächste an – und wer Glück hatte, landete in einer mit dem Kunsthistoriker Dr. Ulrich Reinke. Außerordentlich launig stellte er die Ausmalungen vor, die ursprünglich im 18. Jahrhundert wie damals üblich mit allerlei Anspielungen und Allegorien angefertigt wurden und zudem zeigen, dass Münster so etwas wie „der Nordpol der Katholiken“ war. Und er berichtete vom Wiederaufbau des im Krieg zerstörten Gebäudes. Weil es ein besonderes Werk des weit über die Grenzen von Münster gerühmten Architekten Johann Conrad Schlaun war, wurde es anders als die meisten anderen zerbombten Adelshöfe in der Stadt wieder aufgebaut.
Auch abseits der Innenstadt gab es sehenswerte Programmpunkte. Südlich von Hiltrup waren es zum Beispiel das Wasserwerk in der Hohen Ward („Technik hinter Jugendstilfassaden“) oder das Haus Heidhorn mit seinem Speicher und der Schiefen Scheune („Ensemble aus unterschiedlichen Zeiten“).
Aber nicht nur Gebäude und Bodendenkmäler wurden gezeigt und erklärt, sondern auch Archive. Wie sich aus einem adeligen Erziehungskollegium in einem klassizistischen Gebäude an der Georgskommende das Bistumsarchiv entwickelte, erläuterten Dr. Elisabeth Hemfort und Lennart Metken. Vor allem aber auch, mit welchen Herausforderungen solch ein Archiv umzugehen hat. Seit einigen Jahrzehnten nimmt das Bistumsarchiv die Pfarrarchive aus dem gesamten Bistum Münster an, inzwischen sind von den verfügbaren zehn Regalkilometern acht bereits vergeben. Wichtig ist daher die Frage, was aussortiert werden kann. Das gilt natürlich nicht für alte Urkunden und Bücher. Gezeigt wurde hier aber auch, was mit solchen Schätzen passiert, wenn sie nicht sachgemäß gelagert werden.
Höhepunkte beim beim Tag des offenen Denkmals sind immer wieder die aktuellen Ausgrabungen oder Baustellen. Daher war der Andrang für den Programmpunkt „In der Nachbarschaft abgeschaut – Bürgerliche Wohnkultur um 1800“ sehr gut nachzuvollziehen. Architektin Monika Göddeker und Dr. Bruno Denis Kretzschmar von der LWL-Denkmalpflege erläuterten mitten auf der Baustelle, wie das Haus in der Bogenstraße 2 als einziges in der Nachbarschaft die Bomben im Zweiten Weltkrieg überstanden hat, sowie einen in den ersten Nachkriegsjahren in der Nähe detonierten Blindgänger. Sie erklärten am Objekt, wie der mittelalterliche Brandschutz mit Lehmwickelstaken funktioniert, denn der Kern des Gebäudes besteht aus einem Fachwerk, das viel älter ist als das zuvor angenommene Baujahr um 1800. Die Restauratoren Markus Schmidt (vom Architekturbüro) und Franziska Tretow (von der LWL-Denkmalpflege) zeigten in einem weiteren Zimmer, wie sie die ursprüngliche Wandbemalung im Stil des frühen 19. Jahrhundert freigelegt haben. Alle vier betonten, dass der Hauseigentümer die wesentlichen Stellen für solche historischen Häuser zeitig eingebunden hat und alle erforderlichen Maßnahmen zum Erhalt der alten Bausubstanz unterstützt. Trotz des gefundenen Materials sollen am Ende doch zwei Wohnungen entstehen, die zu den heute üblichen Ansprüchen passen.
So zeigte sich, dass die Deutsche Stiftung Denkmalschutz den Award als Eröffnungsstadt 2023 zu recht an Münster vergeben hat – wo auch immer Oberbürgermeister Markus Lewe ihn hinstellen wird. Denn hier gibt es wirklich so einige für den Denkmalschutz besonders aufgeschlossene Bauherren. Und es gibt sehr viele interessierte Bürgerinnen und Bürger, was bei den Führungen gestern nicht nur an den Teilnehmerzahlen abzulesen war, sondern auch an den vielen engagierten Fragen an die verschiedenen Referenten. Nur das Rahmenprogramm vor der Lambertikirche schien nicht so viele zu interessieren wie erwartet, auch wenn mit Jan Loechel und Henning Wehland wirklich namhafte Musiker aus Münster es immer wieder mit ihren Liedern auflockerten. Entweder war es den meisten viel zu heiß, um sich auf die sonnigen Plätze vor der Bühne zu setzen. Oder sie wollten keine Führung an einem der Denkmäler in der Stadt verpassen, denn um 18 Uhr war alles vorbei.
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Noch mehr Bilder vom Tag des offenen Denkmals findet ihr in unserer Bilderstrecke:
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Sehr geehrter Herr Clausen,
Ihr Bercht vom Denkmaltag ist so spannend und informativ geschrieben, das man von allem eine lebendige Vorstllung hat. Besonders bedanken möcht ich mich für Ihren Beitrag zum Erbdrostenhof und meine Führungen bedanken.
Es tut sehr gut wenn man so präsise wie freundlich gelobt wird.
MitDank und freundlichen Grüßen
Ulrich Reinke