„Wenn Du Angst vor Deinem Chef hast, geh mit ihm in eine Schwulenbar“, bringt Lutz von Rosenberg Lipinsky seine Therapiewahl auf eine knackige Formel. Angst vor Attentaten, vor Ansteckung und Krankheit, vor Versagen und Versagern, vor Politik, vor Trump. Angst vor der Angst. „Wir werden alle sterben – Panik für Anfänger“, lautet der Titel des Programmes, mit dem der Kabarettist gestern Abend im Kreativ-Haus auftrat.
Mit westfälischem Enthusiasmus haben alle Künstler zu kämpfen, die hier auftreten. Der Wahl-Hamburger Kabarettist hat aber westfälische Wurzeln, wusste also, worauf er sich einließ. Was die Angelegenheit sicher etwas erschwert, war die mäßige Zuschauerresonanz. Von Rosenberg Lipinsky hat das gleich geschickt in sein Programm eingebaut. „Wenn Du als Komiker aus Westfalen kommst, kannst Du eigentlich nur nach Hamburg gehen.“ Dem Hanseaten werden bekanntlich auch keine allzu großen Gefühlsausbrüche nachgesagt.
Der Kabarettist bestreitet gut 90 Minuten allein und ohne Instrument, das ist schon wegen der ungeheuer dichten Textmenge beachtlich. Von Rosenberg Lipinsky spürt dem Wesen der Angst und später der Panik nach. Die Hysterie nimmt viel Raum in Anspruch. Woher kommt der Ausdruck? Was bedeutet er? So erfahren die Besucher quasi nebenbei, dass Hysterie – griechisch – für Gebärmutter steht. Und schon skizziert von Rosenberg Lipinsky den Weg der Gebärmutter zum Gehirn – immer auf der Suche nach Sperma.Natürlich darf da ein Seitenhieb auf Beatrix von Storch und Frauke Petry nicht fehlen. Allerdings wirken diese Anspielungen auf die AFD, von denen es mehrere gibt, doch immer etwas gekünstelt. Es gibt ja inzwischen kaum mehr einen namhaften Künstler, der nicht den ein oder anderen Seitenhieb auf die Rechts-Populisten macht. Man kann das natürlich machen, muss aber aufpassen, dass es nicht ermüdend wirkt.
Von Rosenberg Lipinsky berichtet von Türklinken, die man wegen der Viren und Bakterien nicht berühren soll und von zahlreichen anderen Sorgen, die man sich bereiten muss. Eigentlich ist es aber die Angst vor der Angst. „Wir steigern uns da in etwas rein“, sagt er und erklärt, dass die Menschen schon im Mittelalter mit Macheten oder Lanzen Attentate begangen hätten. Allerdings seien damals – anders als heute – Informationen nicht innerhalb von Sekunden um den Erdball gegangen. Ängste können sich verselbständigen: Vielleicht gibt es ja schon morgen keine Duschhauben mehr. Der kluge Mann baut vor und auch wenn er keine Haare mehr hat: besser er nimmt die Duschhaube aus dem Hotel mit – kost ja nichts.
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