Das Hard-Rock-Quartett Thundermother aus Schweden gehört aktuell zu den wenigen Bands, die trotz Corona-Einschränkungen noch regelmäßig live auftreten und auch vor widrigsten Bedingungen nicht zurückschrecken. Bei uns spielen sie am Mittwochabend draußen am Jovel Club. Wie die vier Damen trotz allem nicht den Mut verlieren und bis zuletzt am Rock‘n‘Roll-Leben festhalten, verrät uns Thundermother-Schlagzeugerin Emlee Johansson im Interview.
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Hallo Emlee, vielen Dank, dass du dir Zeit für ein kurzes Interview nimmst. Die aktuelle Corona-Krise hat die gesamte Livemusik- und Festivalszene fast vollständig zum Stillstand gebracht und Vieles, das über Jahre hinweg aufgebaut wurde, zerstört. Ihr scheint eine der wenigen Bands zu sein, die in der Lage waren, in den letzten Monaten noch ausgiebig zu touren, während die meisten anderen Künstler höchstens einzelne (und zumeist akustische) Shows oder Livestreams gespielt haben. Wie habt ihr das hinbekommen?
Zunächst einmal haben wir ein wirklich unglaubliches Management, das in den letzten Monaten sehr kreativ und vor allem sehr hart für uns gearbeitet hat. Ohne das wäre überhaupt nichts möglich gewesen. Und wir alle sind mutig und auch dumm genug, das Risiko in Kauf zu nehmen, im Ausland auf Tour zu gehen, haha! Uns war immer bewusst, dass wir jederzeit nach Schweden hätten zurückgeschickt werden können oder, dass direkt die ganze Tour hätte abgebrochen werden müssen. Aber bis jetzt ging alles gut. Hoffen wir, dass das Glück uns weiter gewogen bleibt. Wir sind einfach sehr glücklich und dankbar, im Moment touren zu können. Dabei ist uns egal, ob wir vor 100 oder vor 10 Leuten spielen, solange wir tun können, was wir lieben und Freude in diesen schweren Zeiten verbreiten dürfen.
Ihr verbringt auf Tour sehr viel Zeit zusammen. Findet ihr da die Inspiration, an neuen Songs zu arbeiten oder seid ihr einfach froh, euch ausruhen (oder kräftig feiern?) zu können, wenn die Fahrerei, der Soundcheck und die Shows vorbei sind?
Wir verbringen wirklich eine Menge Zeit zusammen, manchmal fühlt es sich an, als würden wir mehr aufeinander hängen als manches Ehepaar. Es ist wichtig, zusammen Spaß haben zu können – und das können wir sehr gut! Aber es ist auch wichtig, die Bedürfnisse und Freiräume der anderen nicht zu vergessen. Manchmal lassen wir es also ordentlich zusammen krachen, manchmal teilen wir uns auf, und jeder macht sein Ding. Das hängt immer von der Tagesstimmung ab. Auf jeden Fall finden wir immer neue Ideen für unsere Musik, wenn wir unterwegs sind, die meisten Songs wurden von Erlebnissen auf Tour inspiriert. „Into The Mud“ zum Beispiel handelt von unserem ersten Auftritt in Wacken. Es hat sehr viel geregnet und überall war Schlamm. Filippa [Nässil, Gitarristin und Gründerin von Thundermother – Anm. d. Red.] geht während unserer Shows normalerweise durchs Publikum, um ein Solo zu spielen, aber bei dem Schlamm hat selbst sie gezögert, bis wir riefen: „In den Schlamm, Filippa!“. Und das hat sie getan! Als sie zurück auf die Bühne kam, war sie bis zu den Knien von Schlamm bedeckt, haha.
Hier in Deutschland haben auf Grund der seit März geltenden coronabedingten Einschränkungen im Livebetrieb inzwischen selbst bekannte, größere Bands das professionelle Musikerdasein aufgegeben. Viele der Musiker sind in ihre alten Berufe zurückgekehrt oder sehen sich nach neuen Jobchancen um. Habt ihr bei Thundermother einen „Plan B“ oder bleibt ihr optimistisch, das Rock‘n‘Roll-Leben auch weiterhin als Vollzeitjob führen zu können?
Das ist wirklich traurig, aber auch verständlich. Wir bleiben in dieser Hinsicht optimistisch und tun was wir können, um weiter von der Band leben zu können. Aber wir haben ein paar kleinere Nebenjobs angenommen, um auch weiterhin die Miete bezahlen zu können, wir geben zum Beispiel Instrumentalunterricht oder Workshops für Musiker. Aber das machen wir nur übergangsweise, bis wir wieder ganz normal touren können – denn wir werden nicht aufgeben!
Euer neues Album „Heat Wave“ ist diesen Sommer erschienen. Wenn du mit nur einem Song jemandem von diesem Album überzeugen müsstest, welcher wäre es?
Das ist eine schwierige Frage, haha, aber ich glaube, es wäre die erste Single des Albums, „Driving in Style“. Das ist ein richtiger Arschtreter, der allen Spaß macht! Aber es hängt immer davon ab, wen ich überzeugen muss. Motörhead-Liebhabern würde ich „Into The Mud“ vorspielen, AC/DC-Fans eher „Dog From Hell“. Und wenn ich als Schlagzeugerin zeigen soll, was ich kann, dann „Back in 76“ oder „Purple Sky“.
Emlee, als Eddie van Halen Anfang des Monats gestorben ist, hast du ihn als einen der großen Helden deiner Teenagerzeit erwähnt. Wenn du die Möglichkeit hättest, eine All-Star-Band zusammenzustellen, wer wäre außerdem mit dabei (egal ob noch am Leben oder bereits verstorben)?
Ja, ich war Vollblut-Gitarristin, bis ich 19 war und das Schlagzeug für mich entdeckt habe. Eddie war mein großer Held. Ich mochte seinen Sound, seine Riffs und natürlich seine Tapping-Solos. Was ich ansonsten besonders an ihm bewundert habe, war das ständige gewaltige Grinsen in seinem Gesicht, das sah einfach wunderbar aus. Ich wollte auf der Bühne immer so glücklich aussehen wie er. Wenn ich eine All-Star-Band zusammenstellen dürfte, würden ihn John Bonham [Led Zeppelin, Anm. d. Red.] am Schlagzeug, Steve Lukather [Toto, Anm. d. Red.] an der Gitarre, Mats Rydström [Abramis Brama, Avatarium, Anm. d. Red.] am Bass und Bruce Dickinson [Iron Maiden, Anm. d. Red.] am Gesang begleiten. Und vielleicht noch Frederic Chopin am Klavier, das gäbe eine interessante Mischung, haha! Und vielleicht wäre auf dem Konzert dann noch ein kleiner Gastauftritt von mir drin, Bonham könnte dabei dann die Kuhglocke spielen? Ach, das wäre ein Traum, haha…
Einige eurer Shows auf der aktuellen Tour werden von Konzertfotografen-Legende Guido Karp, der auch schon für Michael Jackson, AC/DC, Bon Jovi und andere gearbeitet hat, fotografiert. Er bietet sogar Workshops mit Fotoshootings auf euren Konzerten an. Wie kam es zu dieser Verbindung?
Das haben wir in der Tat Corona zu verdanken, haha. Es entstehen also wohl auch ein paar gute Dinge aus dieser verrückten Zeit. Guido sollte während unserer Tour eigentlich in den USA sein, aber er saß in Deutschland fest. Wir haben zufällig in seiner Nähe gespielt, also kam er zum Konzert und hat uns für den nächsten Tag zu einem Fotoshooting in seinem Studio eingeladen. Wir hatten einen Riesenspaß und konnten uns gar nicht an seinen Geschichten satt hören. Außerdem fühlen wir uns sehr geehrt, dass er mit uns arbeiten möchte. Ihn mit dabei zu haben verspricht eine Menge Spaß – und ich bekomme hoffentlich ein paar richtig gute Schlagzeugbilder!
Ihr wart in den letzten Jahren schon desöfteren in Münster. Habt ihr eine spezielle Verbindung zur Stadt oder gibt es besondere Erinnerungen, die ihr mit unseren Lesern teilen möchtet?
Ja, Münster ist eine schöne Stadt und wir hatten immer ein tolles Publikum auf unseren Konzerten, deshalb kommen wir auch so gerne wieder. Es gibt ein sehr schönes Bandfoto, dass 2019 in Münster aufgenommen wurde. Es war der „Hug-A-Drummer-Day“ am 10. Oktober, und unser Roadie hat ein Foto gemacht, auf dem sich die ganze Band umarmt – natürlich mit mir in der Mitte. Das sieht einfach großartig aus. So viel Liebe! Das Bild ist dann schließlich im Booklet des „Heat Wave“-Albums gelandet.
Vielen Dank! Wir freuen uns auf eure Show im Jovel!
Thundermother | Jovel | 21.10.20 | Einlass 18:00 Uhr | Resttickets an der Abendkasse
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