Nach der langen Sommerpause schwirren an einem verregneten Donnerstagmorgen wieder die vielen Menschen ein, die am Theater Münster arbeiten. „Eine gute Spielzeit!“ wünschen sich alle, die sich nach den Theaterferien auf den Gängen und schließlich im Kleinen Haus wieder begegnen. Das Stimmengewirr ergibt ein Surren wie in einem Bienenstock. Und mit einem zurückkehrenden Bienenschwarm vergleicht es auch Generalintendant Dr. Ulrich Peters bei seiner Begrüßung zum Spielzeitbeginn. Er genießt diese Unruhe nach der Stille der letzten Wochen, die nur von den Umbauarbeiten und den dabei unvermeidlichen Presslufthämmern gestört wurde.
Die städtische Kulturdezernentin Cornelia Wilkens erinnert das aufgeregte Gewusel eher an einen ersten Schultag, und auch dieser Vergleich ist sehr treffend. Diese knappe Stunde ist nämlich vor allem den Mitarbeitern gewidmet, in der Einladung hieß es daher auch „Die Veranstaltung ist nur für Hausmitglieder und Presse und nicht öffentlich“. So ist die Stimmung genau so vertraulich wie im Klassenzimmer, und auch hier setzt sich so gut wie niemand in die ersten beiden Stuhlreihen, während sie sich weiter hinten fast schon drängeln. Wer neu ist, muss sowieso irgendwann aufstehen und auf die Bühne treten, denn das Vorstellen der Neuen ist der hauptsächliche Programmpunkt. Dazu passt hervorragend das Video, das als Trailer für die neue Spielzeit 2017/18 dienen soll und bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal einem größeren Kreis vorgeführt wird. Der Film stellt nämlich die Menschen am Theater in den Vordergrund, blendet aber nach einigen Beispielen immer mehr von ihnen ineinander über, so dass sie weniger als Individuen und mehr als Gemeinschaft wahrgenommen werden. Damit wird er nebenbei auch der kürzeste aller bisherigen Spielzeit-Trailer.
Das wichtigste neue Mitglied in der Theater-Familie ist natürlich der neue Generalmusikdirektor Golo Berg, der als erster begrüßt und auf die Bühne gebeten wird. Mit ihm kommen eine ganze Reihe von neuen Solisten für das Musiktheater: die Sopranistinnen Kathrin Filip und Kristi Anna Isene, der Tenor Garrie Davislim und die Bässe Stephan Klemm und Christoph Stegemann. Immer mehr neue Mitglieder des Ensembles füllen die Bühne: Tänzer und Schauspielerinnen, Solo-Repetitoren und Orchestermusiker, Tonmeister und Theatermalerin, bis hin zu einer Auszubildenden für die Maske und zwei „Bufdis“, die am Theater ihren Bundesfreiwilligendienst leisten werden. So viele neue Gesichter musste sich Dr. Ulrich Peters seit seinem Amtsantritt vor fünf Jahren nicht mehr einprägen. Die Familiennamen könne er sich sowieso nicht merken, dafür bittet er schon mal alle Angestellten um Verständnis, nicht nur die neuen. Die haben es dafür leichter, sie dürfen ihn alle mit „Chef“ ansprechen, es muss nicht „Herr Generalintendant“ sein, und bloß nicht „Herr Chef“, das mag er gar nicht hören.
Dann gewährt der Chef noch einen kurzen Rückblick auf die vergangene Spielzeit, in der zum zweiten Mal in Folge die magische Marke von 200.000 Besuchern geknackt wurde. „Seid stolz auf das, was ihr tut!“ – für diesen Appell erhält Peters den kräftigsten Applaus. Er feiert geradezu die Gemeinschaft, die an einem Strang zieht und in der immer wieder jemand eine kreative Lösung findet, falls mal etwas nicht auf Anhieb klappt. Dabei stünden dem Theater heute ganze fünf Millionen Euro weniger zur Verfügung als zur Ära seines Vor-Vorgängers Bockelmann (1996-2004). Daher werden wohl viele seiner Wünsche unerfüllbar bleiben: eine Kantine „die ihren Namen verdient“ oder ein zuverlässiger Schnürboden etwa, von solchem Luxus wie einer Drehbühne ganz zu schweigen.
Eine Lösung gibt es immerhin für die Kantine, die wegen Reparaturarbeiten bis Oktober nicht genutzt werden kann: die Mitarbeiter können so lange den Theatertreff nutzen. „Zu Kantinenpreisen,“ wie Verwaltungsdirektorin Rita Feldmann betont. Die neue Theaterkasse soll dagegen rechtzeitig zu den ersten Vorstellungen fertig sein, auch wenn es überhaupt noch nicht danach aussieht. Sie ist dann wieder im Foyer und damit an dem Platz, wo sie ursprünglich mal gewesen sein soll. Fotos, die das belegen, gibt es leider nicht, aber so steht es in den Plänen von 1956.
Der Gemeinschaftssinn sei am Theater Münster tatsächlich besonders ausgeprägt, sagt der Personalratsvorsitzende Markus Thorwesten beim Hinausgehen. Das Verhältnis zwischen Leitung und Mitarbeitern ist viel besser als an anderen Häusern im Land, und das sei vor allem dem Intendanten Peters zu verdanken. Der hatte die launige Veranstaltung nach einer knappen Stunde so beendet, wie man es von einem Chef erwartet. Mit den Worten: „An die Arbeit!“
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