Es wurde nicht zu viel versprochen: Die TEDx Münster präsentiert an diesem Abend eine unglaubliche Bandbreite an Ideen und Erfolgskonzepten, die sich für ein besseres und menschenwürdiges Miteinander und eine sauberere Umwelt einsetzen. Nachhaltigkeit ist eins der großen Schlagworte und dabei geht es um langfristig gedachte Lösungen nicht nur im Umweltbereich, sondern auch auf den Gebieten der Forschung, der Wissensvermittlung als auch der Politik und der gesellschaftlichen Teilhabe. Der Hauptsponsor WestLotto hatte dazu in den Leonardo Campus eingeladen.
Bereits das dritte Mal findet die TEDx in Münster statt – eine Konferenz, die durch ihre vielfältigen Speaker und Video-Einspielsequenzen eine Plattform für neue Ideen und Austausch bieten will. Entstanden als ein unabhängiger Ableger der amerikanischen TED-Konferenzen, haben sich die TEDx-Veranstaltungen mittlerweile weltweit in vielen Städten etabliert. Carina Schmid und Christoph Salzig vom Organisationsteam der TEDx Münster präsentieren insgesamt 14 Sprecher aus verschiedenen Nationen, die mit dem Publikum ihre Visionen von Nachhaltigkeit teilen.
Ein wichtiges Zeichen setzen die Speaker Abbas Adel (Ägypten), Wassim Zoghlami (Tunesien) und Aya Chebbi (Tunesien), die stellvertretend für den afrikanischen Kontinent sprechen. Überschattet wird ihre Rede von den Ereignissen des Tages, drei Anschlägen in Tunesien, Frankreich und Kuweit, die allem Anschein nach auf das Konto des IS gehen. Drei junge Wissenschaftler mit völlig unterschiedlichen Ansätzen, die dennoch die Erfahrung des Arabischen Frühlings und ein gemeinsames Ziel eint: Kampf dem Terror und der Korruption unter Nutzung der Kanäle, die Social Media bietet und Stärkung Afrikas. Besonders erwähnenswert ist hier der Ansatz von Aya Chebbi, die von der weit verbreiteten Mitleidsperspektive auf Afrika weggeht und stattdessen die Kraft und den Willen der jungen Bevölkerung betont. Durch ihre Reisen in mehr als 20 afrikanische Länder weiß sie, wie sehr sich die dortigen jungen Menschen ihrer Marginalisierung bewusst sind, aber auch, wie sehr sie ihre korrupten Politiker satt haben. Hier fügen sich die Aktionen des Jungunternehmers Adel ein, der ein Programm zur Überprüfung von Wahlversprechen von Politikern entwickelt hat.
Absolute Stille herrscht bei den bewegenden Worten des Menschenrechtsaktivisten Zoghlami, der seine Rede mit „Je suis Sousse, je suis Tunisie“ einleitet. Welche Bedeutung zukünftig der Arbeit des Informatikers zukommen wird, zeigen seine Ausführungen zum DataShield Project: Anhand der Auswertungen von Social-Media-Daten wie z. B. häufig verwendeter Hashtags lassen sich Aktivitäten von IS-Mitgliedern verfolgen und so womöglich der Terror effektiver bekämpfen.
Aber es sind nicht nur die Erfahrungen singulärer, wenngleich schrecklicher Anschläge wie am vergangenen Freitag, die die Bedeutung des Internets und der sozialen Medien zeigen. Nein, auch Phänomene wie Cybermobbing sind mittlerweile alltäglich geworden und können jeden treffen, so dass eine umfassende Früherziehung bereits im Kindergarten stattfinden muss, so die Münsteraner Juristin und Expertin für Datensicherheit, Nasanin Bahmani.
Die Ansätze zur Veränderung sind völlig unterschiedlich; jede Idee beginnt im Kopf – aber bei der überwiegend negativen Berichterstattung der Medien kann sich Kreativität kaum entfalten. Wie wichtig aber eine positive Einstellung bei der Entwicklung von Ideen ist, erklärt die studierte Neurowissenschaftlerin Maren Urner mit ihrem Projekt Positive Daily. Denn die derzeitige Form der Berichterstattung zeichne ein negatives Bild der Welt, bei dem ein Mensch von den globalen Problemen überrannt werde und bei ihm ein Gefühl der Hilflosigkeit hinterlasse. Auch ein Hobby wie Fallschirmspringen verstärkt die Motivation bei der gemeinsamen Fokussierung auf ein Ziel, wie Martin Mall mit eindrucksvollen Bildern illustriert.
Nachhaltigkeit im ursprünglichen Sinne, nämlich stabile und somit dauerhafte Ökosysteme, ist das Anliegen von Julian Baehr und Jule Schnakenberg. Inspiriert durch den Niederländer Boyan Slat und dessen Projekt The Ocean Cleanup zur Säuberung der Meere von Plastikmüll, setzt sich der Pharmaziestudent Baehr in seiner Forschung für die Vermeidung von Mikroplastik und die stärkere Nutzung von PHB ein. Dabei zeigt er nicht nur die Gefahren für den Menschen, der durch die Nahrungskette unweigerlich Mikroplastik aufnimmt, sondern führt einmal mehr vor Augen, dass Umweltschutz nicht teuer sein muss.
Der dänisch-kanadische Städteplaner und Mobilitätsexperte Mikael Colville-Andersen geht der Frage nach, wie Städte lebenswert für die Menschen werden können. Früher habe man dabei immer im Blick gehabt, wie viele Autos man in einer Stadt unterbringen könne. Aber diese Überlegung geht am Menschen und seinen Bedürfnissen vorbei, daher lautet die heutige Frage, wie viele Menschen kann man in eine Stadt bringen? Anhand seines Projekts Copenhagenize stellt er die stärkere Nutzung von Fahrrädern im Stadtbereich vor und ist sich sicher: „The bicycle is the chariot of the life-sized city“, zu Deutsch etwa: Das Fahrrad ist der Triumphwagen der auf den Menschen zugeschnittenen Stadt.
Wie eine Stadt sich den Bedürfnissen derjenigen anpassen kann, die in ihr leben und nicht umgekehrt ist auch Raúl Aguayo-Krauthausens Anliegen. Der Gründer von Wheelmap.org, einer Plattform, die Auskunft über Zugänglichkeit mit dem Rollstuhl an öffentlichen Orten wie Behörden oder Cafés gibt, gefällt durch seine humorvolle Art und hinterlässt gleichzeitig ein Kopfschütteln beim Publikum, als er über Schwierigkeiten mit bürokratischen Regelungen berichtet. Cornelia Mayer weiß ebenfalls um solche Probleme, denn ihr Verein Topfreisen will das Miteinander zwischen Asylbewerbern und der heimischen Bevölkerung verbessern. Die Idee: durch internationale Gerichte „reisen“ die Konsumenten in Länder, die sie sonst nicht kennenlernen würden. Es wird ein Austausch auf Augenhöhe zwischen den zubereitenden Asylbewerbern und den Interessierten ermöglicht.
Heutzutage seien die Menschen immer besser gebildet, hätten mehr Zeit und seien gesünder als früher, so Felix Oldenburg. Damit seien auch die Vorrausetzungen ideal: Jeder könne ein Social Entrepreneur werden, also jemand, der sich für Umwelt- und Artenschutz oder gesellschaftliche Fragen wie Arbeitsplätze, Antidiskriminierung und Menschenrechte stark mache. Und er zeigt anhand vieler bekannter Beispiele wie z. B. Wikipedia oder Fair Trade, wie aus einer anfänglich kleinen Idee etwas Großes werden kann. Diesen Gedanken greift auch der Mikrobiologe Martin Moder auf. Der leidenschaftlicher Science Slammer und Blogger hält eine Rede, die auf humorvolle Art und Weise Geschichtsunterricht und moderne Tumorforschung verknüpft. Seine Beispiele belegen, dass Forschung immer wichtig ist, auch wenn man noch nicht weiß, wohin es führt.
Insgesamt beweist die TEDx, dass es eine Fülle von Ideen gibt, die nicht nur nett klingen, sondern den Weg in eine bessere, weil gesündere und gerechtere Zukunft weisen. Damit Nachhaltigkeit nicht nur ein Stichwort bleibt und diese Projekte weiterwachsen, bedarf es solcher Menschen mit Ideen und ihrer Unterstützung.
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