Beim italienischen Abend am Freitag kam die Rockband, die ein fester Bestandteil der Neuen Philharmonie Frankfurt ist, nur gelegentlich zum Zug. Am Samstag standen die Musiker um den E-Gitarristen Ralf Hübner nun im Mittelpunkt des Orchesters – und das ist sogar wörtlich zu nehmen, das Orchester war nun rund um die Band positioniert.
Auch musikalisch haben sich die Streicher und Bläser der Rock- und Popmusik untergeordnet. Die Songs von Deep Purple oder Pink Floyd wurden aufgepeppt und kamen richtig voluminös herüber. Originell ist das leider nicht, aber genau so gefällt es wohl den Urhebern und Interpreten der Originale am besten. Daher ist die Neue Philharmonie Frankfurt wohl immer häufiger die erste Wahl, wenn hochkarätige Musiker eine passende Begleitung suchen. Und wen sie nicht alles schon auf Galas, bei Fernsehauftritten und Europa-Tourneen begleitet haben: so unterschiedliche Bands und Musiker, wie Deep Purple oder Deine Lakaien, Ian Anderson oder Vanessa Mae, Nena oder Robin Gibb.
Viele dieser Impulse hat dieses Orchester in sein eigenes Repertoire übernommen, am Samstag feierte es nun vor der Kulisse von Münsters fürstbischöflichen Schloss die Premiere seines neuen Programms, „Symphonic Rock in Concert“. Für diesen Zweck haben sie eigene Sänger mitgebracht und dazu auch noch einen Star aus Münster auf die Bühne geholt: Henning Wehland, Frontmann der vor allem in den 90er Jahren erfolgreichen Band H-Blockx, Mitglied bei den Söhnen Mannheims und Juror bei den „Voice Kids“. Er sang Van Halens „Jump“ und in der Zugabe „Sympathy for the Devil“ im Duett mit Achim Dürr. Ein besonderes Erlebnis war sicher auch für ihn, sein eigenes Lied „Der Beste Beat der Welt“ vom aktuellen Album „Der Letzte an der Bar“ mit dem großen Orchester im Rücken zu singen. Es klang mit Streicherbegleitung einfach perfekt, der Beat dieser Ballade wirkte so noch lockerer, der Song im Ganzen aber auch etwas kitschiger als im Original.
Die eigentlichen Sänger bei „Symphonic Rock in Concert“ waren aber Achim Dürr, Karsten Stiers und Katrin Glenz. Die kernige Stimme von Achim Dürr war bei „Highway Star“ und Led Zeppelins „Kashmir“ gefragt, aber auch bei „With A Little Help From My Friends“ à la Joe Cocker. Weniger rockig ging es bei den Stücken zu, die Katrin Glenz als Sängerin vortrug, „Fields Of Joy“ von Sting oder „Skyfall“ von Adele zum Beispiel. Letzteres bildete zusammen mit dem „James Bond Theme aus Dr. No“ und „Live And Let Die“ ein Medley von Liedern aus der berühmten Agenten-Filmserie. Als dritter im Bunde übernahm Karsten Stiers das Mikrophon bei „Viva La Vida“ von Coldplay, „Sledgehammer“ von Peter Gabriel oder „Purple Rain“ von Prince – alles ganz schön, aber es blieb das Gefühl, einer gigantischen Cover-Band zuzuhören.
An diesem Eindruck konnten auch die Stücke nichts ändern, die immer wieder als Rockopern bezeichnet werden. Immerhin gab es hier besondere Glanzpunkte zu erleben: Katrin Glenz und Achim Dürr sangen nicht nur das Paar aus „Paradise by the Dashboard Light“ vom berühmten Album „Bat Out of Hell“ von Meat Loaf, sie verkörperten und spielten es sogar. Bei dem Medley mit „Pinball Wizard“ und „See Me, Feel Me“ aus der wohl berühmtesten Rockoper aller Zeiten, „Tommy“ von The Who, war das Publikum ganz aus dem Häuschen, als Sänger Dürr zwischendurch zum Schlagzeug eilte – allerdings nicht um es wie weiland Keith Moon herunterzuwerfen, sondern um bei Drummerin Gabriele Jüttner mitzutrommeln. Ein früher Höhepunkt war die „Bohemian Rhapsody“ von Queen. Hier spielte sich der Sänger Karsten Stiers nicht in den Vordergrund, sondern überließ es den eigentlichen Stars des Abends zu glänzen: dem kleinen Chor und dem großen Orchester der Neuen Philharmonie Frankfurt, das diesmal von Jens Troester dirigiert wurde.
Auch wenn nicht alle Plätze bis zur letzten Ecke besetzt waren, darf dieser Eindruck nicht täuschen. Das Konzert war mit fast tausend Musik-Interessierten sehr gut besucht. Die Tribüne ist eben nicht hierfür, sondern für das „Turnier der Sieger“ am kommenden Wochenende errichtet worden. Diese neue Festival-Idee „Schloss Classix“ nutzt also die ohnehin schon vorhandene Infrastruktur. Die durchweg begeisterten Publikums-Reaktionen werden die Veranstalter von Tonart sicher dazu bewegen, daraus eine Tradition werden zu lassen.
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