„Der Adler ist gelandet!“ – Anja Freye vom Grünflächenamt denkt beim Anblick des zuckerhutförmigen Objektes, das langsam im Südpark zur Landung ansetzt, offenbar an die Raumkapseln der NASA, in denen die Astronauten nach der Mondlandung seinerzeit zur Erde zurückkehrten. Der zwei Meter hohe und anderthalb Meter breite Betonkoloss ist allerdings kein Raumschiff, sondern ein Ein-Mann-Bunker aus dem zweiten Weltkrieg.
Bis jetzt stand er hinter dichtem Gebüsch versteckt auf dem Gelände der ehemaligen Wäscherei „Edelweiß“ am Dahlweg 7. Hier wuschen die Waschmaschinen zuletzt im Jahr 1966 dreckige Wäsche, danach entstand dort Wohnbebauung und der Bunker geriet zunehmend in Vergessenheit. Lediglich ein Wohnungsloser hat es sich mit seinem Hund dort einige Zeit gemütlich gemacht. Sogar Strom und ein Telefon gab es in dem Betongehäuse, irgendwann von einem ehemaligen Hausmeister installiert, damit seine spielenden Kinder versorgt waren.
Der Bunker war keine Spezialanfertigung, sondern gewissermaßen ein Schutzraum von der Stange: „Ab 1939 wurden diese Bunker überall in Deutschland in großer Zahl gefertigt aufgestellt“, erläutert Mechthild Mennebröcker von der städtischen Denkmalbehörde, „Hauptabnehmer war die Eisenbahn“. Noch heute stehen zwei dieser Klein-Schutzräume an den Strecken nach Coerde und Amelsbüren.
„Während der Bombardierungen des zweiten Weltkriegs harrte ein Mitarbeiter der Wäscherei dort aus, während die anderen in den großen Bunkeranlagen der Stadt Schutz suchten“. Er sollte auf den Betrieb achten, eventuell löschen oder möglicherweise dafür sorgen, dass unmittelbar nach den Bombardierungen nicht geplündert wurde. Das Bauwerk bot Schutz gegen umherfliegende Trümmer und Granatsplitter, einem Volltreffer hätten er sicher nicht standgehalten. Welche Ängste die Menschen damals vollkommen allein in dieser Betonschale aushalten mussten, während um sie herum das Inferno der Bombardierungen tobte, lässt sich heute im friedlichen Südpark bei frühlingshaftem Wetter wohl nur schwer erahnen.
Heutiger Eigentümer des Grundstücks ist die Rudolph-von-der-Tinnen-Stiftung. Als das Gelände zur Vorbereitung von Baumaßnahmen entrümpelt wurde, kam die tonnenschwere Zeitkapsel wieder zum Vorschein. Gemeinsam mit der Stadt Münster kam man schnell überein, dass der Bunker als Mahnmal erhalten bleiben sollte, zumal er eigentlich gar nicht mehr existieren durfte: „Die Alliierten verlangten nach der Kapitulation, dass alle Luftschutzbunker in Deutschland zerstört werden sollten“, erklärt Mennebröcker. Jetzt wird er dauerhaft im Südpark stehen und mit einer Infotafel versehen die Nachwelt daran erinnern, wie zerbrechlich der Frieden ist und welchen Horror der Krieg bedeutet.
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