Dass Harald Funke, Thomas Philipzen und Jochen Rüther, besser bekannt als Storno, Münsters größten Hörsaal füllen können, dass jede neue Vorstellung Minuten nach Beginn des Vorverkaufs schon ausverkauft ist, wird niemanden wundern. „Die Abrechnung“ heißt das Programm, das sich in bekannter Manier das vergangene Jahr vorknöpft.
Als die drei Kabarettisten am Donnerstag die Bühne des H1 am Schlossplatz betreten, werden sie mit so viel Jubel, Freude und Wohlwollen begrüßt, dass man meinen könnte, die Rolling Stones oder die Beatles gäben sich die Ehre. Natürlich ist viel Stammpublikum anwesend, und alle anderen werden direkt mitgerissen, als Thomas Philipzen sich vorstellt: „Ich dachte schon, das Jahr 2015 muss in die REHA – ich bin der Optimismusbeauftragte“ und schon singt er am Keyboard spielend John Lennon, der ja „ein Doppeljubiläum hatte: er wäre 75 geworden und ist seit 35 Jahren tot.“
Und dann werfen die drei sich die Bälle zu, zunächst im politischen Teil. Da wird nichts ausgelassen, in der Innenpolitik kann man schon mal fragen, ob Julia Klöckner, Spitzenkandidatin der CDU in Rheinland-Pfalz einen Plan B in der Flüchtlingspolitik hat. Hat sie nicht? Dann vielleicht einen Plan A2, also alle Flüchtlinge auf der A2 nach Polen? Da werden die Meldungen der Boulevardmagazine wiederholt, gedehnt, verdreht, nach denen Flüchtlinge einen Streichelzoo leer gegessen haben sollen. Tornados, die nicht fliegen im Kampf gegen den IS, Terror in Paris gegen Charlie Hebdo, gegen ein Restaurant und den Konzertsaal Bataclan. Bei soviel Schrecklichkeit kann man nur eins entgegenstellen und Jochen Rüther fasst es knackig zusammen: „Wir lachen uns heute Abend den Arsch ab, gehen dann einen trinken und fallen zu Hause über uns her.“
Immer wieder spielen die drei Gitarre, Bass, Keyboard, Akkordeon, und das klingt sogar richtig gut, wenn sie aus Bob Marleys „No woman, no cry“ „No Weißbier, no crime“ machen und damit die bayrische CSU aufs Korn nehmen. Freilich kommt die SPD auch nicht besser weg (Der HSV unter den Parteien). Dann singt Philipzen das „Aber-Lied“: „Ich habe nichts gegen Homosexuelle, aber müssen die gleich schwul sein. Flüchtlinge müssen ins Flüchtlingsheim, aber müssen die da rein?“ Philipzen hat sich ohnehin ein Extra-Lob verdient, weil er Arme und Beine scheinbar aus Wackelpudding hat. Das wirkt so echt, wenn er die Superzeitlupe mimt oder den italienischen Gigolo, der ja sowieso der viel bessere Liebhaber ist. Warum das grundfalsch ist, erklärt Harald Funke. Der Deutsche sei im Unterschied zum Italiener gesetzestreu, zuverlässig, ehrlich, langweilig. Dass er, Funke, da ganz anders sei, wild, ungezähmt, verbrecherisch beweist er musikalisch mit einem Rap:“ Ich fahr VW.“ Bushido ist da gar nichts gegen und Funke legt noch einen drauf: „Ich bin bei der größten Verbrecherbande: Ich hab ein Konto bei der Deutschen Bank.“ Grexit, die Fifa, Bundesjugendspiele, Helikoptereltern – das Programm ist bunt und lang und drei Stunden vergehen wie im Flug.
Ein schöner Abend und es bleibt die Freude auf den Rückblick auf 2016.
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