Die Freude ist ihnen deutlich anzusehen, obwohl alle Masken tragen: Studierende der FH Münster durften auf dem Leonardo-Campus zum ersten Mal nach langer Zeit wieder an Präsenzlehrveranstaltungen teilnehmen. Möglich wurde das durch die Lehr- und Lernräume im Freien (Freiräume), die die Hochschule auf eigene Initiative eingerichtet hat – um zwingend notwendige Veranstaltungen anzubieten, die online nicht durchgeführt werden können und sonst ausgefallen wären.
Auch Veranstaltungen für Studierende der ersten Semester, die aufgrund der Pandemie noch gar nicht an der Hochschule sein konnten, finden in den Freiräumen statt. Anfang Mai ist der Betrieb mit ersten Veranstaltungen, die zuvor ein Genehmigungsverfahren durch das Präsidium durchlaufen mussten, gestartet.
„Not macht erfinderisch“, sagt Prof. Dr. Frank Dellmann, Vizepräsident für Bildung und Internationales. Er hatte die Arbeitsgruppe geleitet, die mit der Einrichtung der Freiräume auch ein langfristiges Ziel verfolgt: die Verbesserung der Lehr- und Aufenthaltsqualität an den Standorten der Hochschule. „Die Bereitstellung der Lehr-/Lernräume im Freien ist sehr kurzfristig erfolgt. Wir sehen das Angebot aber auch als Pilotphase für eine mittelfristige Lösung. Nach dieser Phase werden wir entscheiden, in welcher Form die Freiräume auch nach der Pandemie angeboten und genutzt werden können.“
Als eines der ersten Seminare in Präsenz fand „Perfomance in kulturpädagogischen Kontexten“ unter Leitung von Prof. Dr. Kulkanti Barboza vom Fachbereich Sozialwesen statt – in einem großen Zelt, das an den Seiten geöffnet wird. „Die Freude ist unbeschreiblich“, sagt Barboza. In ihrem Seminar trainieren angehende Sozialarbeiter*innen Bewegungsabläufe, die sie später im Berufsleben anwenden. Sie singen, klatschen, hüpfen und performen ihre eigene Choreographie – all das ließe sich online nicht umsetzen, so Barboza. „Für uns sind die Lehr-/Lernräume im Freien eine tolle Möglichkeit, wieder etwas mehr Normalität zu haben.“ Das geht auch ihren Studierenden so, die sich untereinander meist nur aus Videokonferenzen kennen. „Wir nehmen seit drei Semestern fast nur online an Lehrveranstaltungen teil. Jetzt die anderen in Präsenz treffen zu dürfen, ist ein tolles Gefühl“, sagt Sarah Kühne. Die Freude sei bei allen deutlich spürbar, so die Studentin. „Wir lachen viel und haben Spaß!“
Auch Prof. Dr. Thilo Harth traf seine Studierenden seit Monaten endlich nicht mehr nur auf dem Bildschirm. Zum Didaktik-Seminar hatten sich die Teilnehmer*innen auf dem Leonardo-Campus versammelt und packten dort erst einmal kräftig mit an: Gemeinsam mit Harth trugen sie vier große Tische nach draußen, die Mitarbeiter*innen in der Holzwerkstatt des Fachbereichs Design, der Münster School of Design (MSD), gebaut hatten. „Wir befinden uns eben in einer experimentellen Phase, da gehört das dazu“, erklärt Harth schmunzelnd. In seinem Seminar sitzen angehende Lehrer*innen, die sich auf Anregung von Harth und anhand der Tische gleich Fragen zur Fertigungstechnik und zum Material überlegten. „Das Szenario soll Sie auf Ihre Rolle als Lehrer*in vorbereiten und in die Lage versetzen, eine ähnliche Praxisaktion mit Ihren Schüler*innen zu antizipieren“, so Harth. Die Mehrzahl der Studierenden befindet sich im ersten Studienjahr und hatte noch gar keinen direkten Kontakt in der Lehre.
Neben den Tischen und dem Zelt auf dem Leonardo-Campus wurden weitere Freiräume eingerichtet: am Fachhochschulzentrum (FHZ) und auf dem Steinfurter Campus. Lehrende können die Freiräume nach Genehmigung durch das Präsidium reservieren; zu belegungsfreien Zeiten bieten sie Selbstlernflächen für die Studierenden. Selbsttests vor Ort und das Einchecken mittels QR-Code zwecks Nachverfolgung gehören zu den selbstverständlichen Hygiene- und Sicherheitsregeln.
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