Es gibt Andenken, die man eigentlich gar nicht haben möchte. Zum Beispiel die zwei Kilo zu viel auf der Waage, die von der Weihnachtsgans vermutlich aus Rache hinterlassen wurden. Gerade mit Blick auf den Strandurlaub im Sommer haben viele Menschen die Laufschuhe wieder aus dem Schrank gekramt und drehen nach Feierabend ihre Runden auf der Promenade, am Kanal oder um den Aasee, immer in der Hoffnung, dass die Pfunde dadurch nur so purzeln. Wir fragten die Leiter des „Zentrums für Sportmedizin“, Dr. Gerrit Borgmann und Dr. Ralph Schomaker, nach dem Sinn und Unsinn von Diäten, Sportprogrammen und Ernährungsumstellungen.
Schomakers erste Anmerkungen sind frustrierend: „Durch Sport nimmt niemand ab. Man müsste pro Woche sieben Stunden trainieren, das macht aber praktisch kein Mensch“, erläutert der Sportmediziner. Borgmann nickt, macht aber auch Hoffnung: „Mit dem Beginn sportlicher Aktivität achten viele Menschen stärker auf ihre Ernährung und das ist wesentlich, wenn man wirklich Gewicht verlieren möchte. Training ist das Fahrzeug, mit dem die Ernährung unterwegs ist!“ Kalorien runter, weniger Zucker, weniger Fruktosesirup und weniger Weizenmehl, das sind die wichtigsten Faktoren, wenn es um den Kampf gegen die Pfunde geht, sagt Schomaker und favorisiert das Low-Carb-Prinzip zur Gewichtsreduzierung. Und was ist mit dem leicht zu merkenden Grundsatz „Fett macht fett“? „Der stimmt nicht. Inzwischen weiß man, dass Fett zum Beispiel das Herz schützt. Die vielen fettarmen Produkte, die es auf dem Markt gibt, sind größtenteils überflüssig und bewirken bei vielen Menschen, dass sie einfach mehr davon essen und so zum Beispiel vermehrt Kohlenhydrate zu sich nehmen“, sagt Ralph Schomaker. Also freie Fahrt für Couch-Potatoes mit fettigen Chips als Hauptnahrungsquelle? Entsetzt winken Borgmann und Schomaker ab: „Das sind definitiv die falschen Fette, nämlich gehärtete Fette, auch als Transfette bekannt. Eine positive Wirkung haben die gesättigten und ungesättigten Fettsäuren, sie senken das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen, wie man inzwischen weiß. Also ruhig Milch und Käse mit normalem Fettgehalt essen“.
„Training ist das Fahrzeug, mit dem die Ernährung unterwegs ist!“
Um abzunehmen ist die Ernährung also wichtiger als der Sport. Wird sportliche Aktivität also überbewertet? Dr. Gerrit Borgmann und Dr. Ralph Schomaker sind in ihrem Element und wissen gar nicht, wo sie aufhören sollen: „Sport hat eine enorme vorbeugende Wirkung bei Erkrankungen wie Diabetes, Krebs, Herzinfarkt, Demenz, Depression oder Osteoporose, der Blutdruck sinkt und die Stimmung steigt. Wer Sport getrieben hat, stürzt im Alter seltener und sportliche Kinder sind meist besser in der Schule“. Sich zu bewegen ist einfach toll, da sind sich die Sportmediziner einig. Borgmann empfiehlt Menschen, die gerade mit dem Sport anfangen, dies gemeinsam und regelmäßig mit anderen zu tun. Außerdem solle man langsam anfangen und eventuell im Vorfeld mit einem Orthopäden sprechen.
„Nach etwa sechs Wochen hat man den ‚point of no return‘ erreicht, dann fühlt man sich nicht gut, wenn man keinen Sport getrieben hat“. Die gewählte Sportart muss allerdings Spaß machen, wer sich selber zwingen muss, um abends die Laufschuhe anzuziehen, wird vermutlich nicht lange durchhalten. Außerdem empfehlen die Mediziner eindringlich, auf die Warnsignale des Körpers zu hören. Bei Schmerzen unbedingt das Trainingspensum reduzieren und eventuell mit einem Arzt sprechen. Und niemals Sport treiben, wenn man einen Infekt hat, also zum Beispiel erkältet ist, das kann schwerwiegende Folgen haben. Wer diese Tipps beherzigt, kann also dem Strandurlaub beruhigt entgegensehen!
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