Spieleabend und romantische Darmspiegelung Jens Heinrich Claassen trat am Samstag mit seinem Programm „Ohne Liebe rostet nichts“ im Konzertsaal Friedenskapelle auf

Jens Heinrich Claassen begeisterte am Samstag mit seinem aktuellen Programm „Ohne Liebe rostet nichts“ in der Friedenskapelle. (Foto: Thomas Hölscher)

Mit seinem aktuellen Programm „Ohne Liebe rostet nichts“ ist Jens Heinrich Claassen schon eine Weile unterwegs, am Samstag trat er damit erstmals im Konzertsaal Friedenskapelle auf.

Nach dem Auftritt des niederländischen Duos Stenzel & Kivits war dies der zweite Akt in dem Versuch, hier mit musikalischem Kabarett eine neue Veranstaltungsreihe zu etablieren, verriet Gastgeber Tim Eberhardt bei der Begrüßung. So empfahl er Sebastian Krämer und Marco Tschirpke, die mit ihrem Programm „Ich’n Lied – du’n Lied“ am 11. Januar 2025 in der Friedenskapelle auftreten werden, während der Abend mit Jochen Malmsheimer und Herrn Rössler mit seinem Tiffany Ensemble am 8. Dezember längst ausverkauft ist. Wichtig ist für Tim Eberhardt, dass es sich dabei um musikalische Programme handelt, nicht um reines Wortkabarett.

Mit diesem Wunsch lag er bei Jens Heinrich Claassen goldrichtig. Denn der Münsteraner schöpft aus einem großen Fundus aus selbst geschriebenen Liedern oder von ihm umgedichteten bekannten Melodien. Das Lied vom „Spieleabend“ hatten sicher viele inzwischen schon mal gehört, entweder live bei der Adam Riese Show oder auf YouTube. Dieser Walzer lädt nicht nur zum Schunkeln ein (dazu fordert der Mann am Klavier ohnehin auf), er führt auch direkt in die Geschichte ein, um die es an diesem Abend geht. Nämlich um das Dasein als Single in dieser Welt voller glücklicher Pärchen. Solche vermeintlichen Idyllen zu zerstören, ist dann eher ein Akt der Notwehr – was in der Darbietung durch Jens Heinrich Claassen wesentlich komischer ist, als es sich hier liest.

Jens Heinrich Claassen ging immer wieder auf Reaktionen aus dem Publikum ein. (Foto: Thomas Hölscher)

Wie ein roter Faden zieht es sich durch das Programm, die Suche des nicht mehr ganz so jungen Singles nach einer Partnerin. Da bleibt ein Seitenhieb auf die ganzen Online-Dating-Portale nicht aus. „Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum“, zitiert Claassen den dort immer wiederkehrenden Wahlspruch und begleitet sich mit zu dem Klischee passenden Tönen auf dem Klavier, um kurz darauf schimpfend abzubrechen: „Ich träume einen Scheiß, das will ich nicht auch noch erleben!“ Da singt er dann lieber über die romantische Phantasie von einer gemeinsamen Darmspiegelung, wenn es denn schon mal unter die Gürtellinie gehen soll.

Großartig sein Medley bekannter Liebeslieder mit leicht abgewandelten Texten, in denen er sich ausmalte, mit welchen Jobs die Original-Interpreten sich während der Pandemie über Wasser gehalten haben könnten, von Helene Fischer als Taxifahrerin („Ahnungslos durch die Nacht“) und Matthias Reim als Altenpfleger („Verdammt, ich schieb dich“) bis zu seinem Glanzstück, der großartigen Parodie auf Herbert Grönemeyer als heruntergekommenem Flaschensammler („Gib mir mein Pfand zurück“).

Noch besser als mit dem erprobten und inzwischen durch zahlreiche Auftritte bewährten Programm ist Jens Heinrich Claassen, wenn er spontan auf Reaktionen aus dem Publikum eingeht. Da spielt er Warteschleifenmusik, wenn mal jemand kurz hinausgeht. Da werden persönliche Bekannte angefrotzelt, die Presse mit ganzen Bündeln von Bestechungsgeld begrüßt und zum Schluss sogar Liederwünsche erfüllt. So bekamen wir – obwohl es gar nicht zu diesem Programm gehört – nicht nur „Das Lied von der Kreiszahl Pi“ zu hören, den wohl größten Hit des Comedians, sondern auch ein sehr altes, das noch aus der Zeit stammt, als Claassen bei Münsters alternativer Karnevalssitzung „Kappe App“ auftrat. Hier sang er von der unerwünschten Verschönerung eines Männer-Hobbyraums durch Tine Wittler. Interaktiv auch der herrliche Liederzyklus, seine Vertonung der nächtlichen TV-Sendung über „Die schönsten Bahnstrecken Deutschlands“, denn hier war das Publikum aufgerufen zu raten, um welche Strecken es sich handelt. Tatsächlich wurden alle erkannt.

Die Zeit verging wie im Flug, alle schienen sich köstlich amüsiert zu haben. Und viele werden nun die bei dieser Gelegenheit erstmals angekündigte Premiere seines neuen Programms „Keine Ursache“ am 7. März 2025 im Kreativ-Haus erleben wollen. Da dort gar nicht so viele Zuschauer hineinpassen, rang Jens Heinrich Claassen beim Abschied von der Bühne dem Veranstalter Tim Eberhardt die Zusage ab, im kommenden Jahr mit dem neuen Programm wieder in der Friedenskapelle auftreten zu dürfen.

 

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