Welche Aufgaben hat welche Berufsgruppe? Wie schafft man es, auf Augenhöhe zu kommunizieren? Die Bedeutung der interprofessionellen Zusammenarbeit in den Pflege- und Gesundheitsberufen wird immer deutlicher. Im „Simulationskrankenhaus“ Studienhospital Münster lernen angehende Pflegefachpersonen bereits in der Ausbildung zusammen mit Medizinstudierenden in interprofessionellen Teams, wie sie ihre Fähigkeiten effektiv kombinieren können, um später in der Praxis die bestmögliche Patientenversorgung zu gewährleisten.
„Fehler sind hier erlaubt“, sagt Karina Sensen, Kursleiterin an der Schule für Pflegeberufe am Universitätsklinikum Münster (UKM). Das sechsköpfige Team aus der Medizinischen Fakultät der Universität Münster und der Schule für Pflegeberufe am UKM hat eine geschützte Lernumgebung geschaffen, in der Auszubildende in der Pflege und Studierende der Humanmedizin in den ersten Austausch kommen und gemeinsam an Simulationspatientinnen und –patienten üben können. „Es geht dabei inhaltlich weniger um die optimale medizinische Behandlung, sondern viel mehr um den Dialog zwischen den beiden Professionen“, führt Sensen weiter aus. Entstanden ist die Idee aus dem zweitägigen Visitentraining der Medizinstudierenden, das bei ihnen schon länger auf dem Lehrplan steht: „Wir sind da mit eingestiegen, so dass am zweiten Tag die interprofessionelle Zusammenarbeit im Fokus steht. Unser Ziel ist es, dass alle Auszubildenden während ihrer dreijährigen Ausbildung am UKM dieses Training einmal absolviert haben“, so Sensen.
Neue Erkenntnisse und Blickwinkel
„Dieses Training ist eine gute und wichtige Abwechslung zum Theorieunterricht“, berichtet Theresa Rohde, Auszubildende in der Pflege. Bevor es ans Patientenbett geht, findet ein ausführliches Briefing statt. Teilnehmende lernen sich kennen und lesen sich in den Patientenfall ein. Der Tag ist auf die Minute durchgetaktet: Jeweils eine Auszubildende bzw. ein Auszubildender und eine Studierende bzw. ein Studierender aus dem Team gehen nacheinander in ein Gespräch mit Simulationspatientinnen und -patienten und erledigen professionstypische Aufgaben.
Während sie die Visite durchführen, schauen und hören andere Teilnehmende aus dem Nebenraum mit einer semitransparenten Scheibe zu und machen fleißig Notizen. Abschließend diskutiert jede Gruppe, was gut und nicht besonders gut gelaufen ist, und was man verbessern würde. „Jede Profession hat ihren eigenen Fokus und guckt anders auf den Patienten. Zum Beispiel behandelten wir im ersten Fall eine Patientin mit Handgelenkfraktur. In unseren Reflexionsgesprächen stellten wir dann fest, dass jede Berufsgruppe wichtige Aspekte einbrachte, an die die anderen vielleicht nicht gedacht hätten. Diese Erfahrungen haben uns definitiv neue Erkenntnisse und Blickwinkel ermöglicht“, so die 24-Jährige.
Praxisnahes Training und wertvolles Feedback
Solche Aha-Erlebnisse wie ‚das könnt ihr?‘ oder ‚darin seid ihr gut?‘ sind genau das, was dieses Training von den anderen praktischen Übungen unterscheidet. Wertvoll sei zudem das ausführliche Feedback von den Simulationspatientinnen und -patienten, wie sie sich im Gespräch mit den Auszubildenden der Pflege und den Medizinstudierenden gefühlt haben. „Es ist sehr hilfreich, zu hören, wie der Patient dich im Gespräch wahrnimmt. So was hört man selten in der Praxis“, sagt Mark Schlarmann, Medizinstudent im 5. Fachsemester. Der frühzeitige Dialog soll die Entwicklung einer gegenüber den anderen Professionen wertschätzenden Identität fördern, damit später examinierte Pflegefachpersonen und junges ärztliches Personal einander mit Respekt auf Augenhöhe begegnen und Stärken der anderen Professionen zum Wohl der Patientinnen und Patienten nutzen können.
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