Er ist der, vor dem alle Eltern immer gewarnt haben, kündigt Sido sich selbst zu Beginn der Show an. Man muss aber nicht mehr all zu genau hinschauen, um den Wandel zu sehen, dem Sido sich in den letzten Jahren „unterzogen“ hat. Die Maske ist gefallen und die Bad-Boy-Attitüde will auch nicht mehr so recht passen. Stattdessen gibts einen Hipster-Vollbart mit passender Hornbrille, nicht unpassend, vielleicht lediglich ungewohnt.
Nicht nur optisch hat sich Sido mit der Zeit verändert, auch textlich hat sich einiges getan. Lang nicht mehr so ungestüm und, nennen wir es einmal direkt, wie einst zu „Mein Block“-Zeiten jongliert er mittlerweile mit den Worten. Smarter ist er geworden, sicher nicht brav, aber weitaus erwachsener. Kein Wunder, schließlich ist der Rapper in diesem Jahr bereits zum dritten Mal Vater geworden. Ab und an blitzt es dann aber doch ziemlich poppig durch und man fragt sich, ob die Kollaboration mit Andreas Bourani bei Sidos erstem Nr. 1 Hit „Astronaut“ so gelungen war. Sicher eine Geschmacks-, aber wohl auch vor allem eine Zielgruppen-Frage, verbindet man Sido doch nicht zwingend mit dem großen Pop-Kommerz.
Den Fans in der Halle Münsterland stellte sich diese Frage aber sicherlich nicht. Zumindest nicht an diesem Abend, auf den man doch viel länger als geplant warten musste, wollte Sido doch im Februar erst sein Album fertig stellen, bevor er dann doch erst im Spätherbst auf große Tour geht. Für Münster auf jeden Fall die richtige Wahl, die Westfalenmetropole wurde so am Montag unfreiwillig zum Ausrichter für Sidos gewaltige Geburtstagsparty, auch wenn er selbst nach einem lauten Geburtstagsständchen eher bescheiden blieb. Eine mächtige Bühne gehört genau so zum Hip Hop, wie markige Sprüche, „Nur um das mal klarzustellen, das ist hier heute eine HipHop-Show!“. Sido rappte sich in bester Laune durch sein fast ausschließlich aus LED-Wänden bestehendes Bühnenbild. Darauf zu sehen, immer wieder sein Konterfei in XXL, Livebilder der Show oder Graffiti-Style-Grafiken, Staunen blieb da kaum aus.
Als ob man sich chronologisch vorarbeiten wollte, gab es im ersten Teil der Show fast ausschließlich Songs vom aktuellen Album „VI“ hier und da mal unterbrochen, wenn Sido einen ausgibt und die ersten Reihen mit „Fuffies“ versorgt. Älteres und derberes Material gab es dann erst später. Man ist fast geneigt zu sagen, das Beste zum Schluss, damit täte man dem aktuellen Album aber Unrecht, denn es ist bis auf einige, poppige Ausreißer ein amtliches Werk. Schieben wir es einfach auf die Chronologie und bei so vielen Songs wird wohl für jeden etwas dabei gewesen sein.
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