Als Verein für zivile Seenotrettung im Mittelmeer engagiert sich Sea-Eye e. V. seit 2015 für die Rettung geflüchteter Menschen aus akuter Seenot. Die Hilfsorganisation hat ihren Hauptsitz in Regensburg. Mittlerweile gibt es insgesamt 31 Lokalgruppen in Deutschland, Luxemburg, Österreich und der Schweiz. Eine davon ist auch in Münster aktiv. Zurzeit engagieren sich hier etwa 20 Personen ehrenamtlich.
Wichtige Forderungen des Vereins sind die Schaffung sicherer Fluchtwege, die Entkriminalisierung der Seenotrettung, die Etablierung fairer Asylverfahren in Deutschland und Europa sowie allen voran die Einführung eines europäischen Seenotrettungsprogramms. Die betroffenen Menschen in Sicherheit zu bringen und so vor dem Ertrinken zu bewahren, stellt das Hauptziel dar. Dafür sammeln die Mitglieder zum einen Spenden und organisieren ganz konkret Rettungsmissionen im Mittelmeer, zuletzt im Dezember 2021 mit dem Schiff Sea-Eye 4. Darüber hinaus versuchen sie durch politische Einflussnahme die Situation der geflüchteten Menschen an den EU-Außengrenzen zu verbessern.
Wer sich bei Sea-Eye e. V. engagieren möchte, kann dies entweder in der „Seecrew“ oder der „Landcrew“ tun. Als „Seecrew“ unterstützen die Mitglieder aktiv die Rettungsmissionen an Bord der Schiffe. Hierbei werden vor allem Personen mit technischem oder medizinischem Wissen sowie guten Englischkenntnissen gebraucht. Die Lokalgruppen leisten vor Ort als „Landcrew“ Aufklärungsarbeit und sensibilisieren sowohl die Gesellschaft als auch die Politik für die Themen Flucht, Seenotrettung und Asylrecht.
Seit April 2020 gibt es die Lokalgruppe Münster. Hier sind die beiden jungen Frauen Sophia Schacht (24) und Lea Pohl (25) aktiv. Schacht arbeitet als Erzieherin in einer Kindertagesstätte und ist seit einem Jahr Vereinsmitglied bei Sea-Eye. Die gefährliche Lebenssituation flüchtender Menschen ist bei ihr durch die Berichterstattung in den Medien seit Jahren ein Thema. „Es ist etwas, worüber ich mich schon oft geärgert habe …warum das alles so bleibt, wie es ist“, so die 24-Jährige. Für sie ist jedes Menschenleben wertvoll und muss gerettet werden – auch jenseits der EU-Außengrenzen. Im Verein Sea-Eye e. V. sieht sie die Möglichkeit, sich mit anderen Menschen aktiv für eine Verbesserung der Lage einzusetzen.
Lea Pohl studiert Soziale Arbeit und engagiert sich seit 2020 in der Lokalgruppe Münster. In ihren Augen wird die Situation im Mittelmeer immer prekärer. „Auch wenn es durch die Corona-Thematik in den ganzen Medien verdrängt wird, heißt es ja nicht, dass die Lage besser geworden ist“, betont sie und prognostiziert, „mit der Klimakrise im Nacken wird es wahrscheinlich eher schlimmer werden“. Für Pohl ist ihr Engagement auch ein Weg, sich von der aktuellen Rechtslage in der EU abzugrenzen. Dass dort Menschenrechtsverletzungen toleriert und Waffenlieferungen unterstützt würden, findet sie falsch. Ihre Haltung bringt sie in ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit zum Ausdruck.
Die Demografie der Lokalgruppe Münster ist vielfältig, teilen Schacht und Pohl mit. Aktuell besteht die Gruppe vorrangig aus Studierenden verschiedener Fachbereiche, wobei der Anteil weiblicher Mitglieder etwas höher ist. Die Altersspanne liegt zwischen 17 und 25 Jahren. Zweimal im Monat treffen sich die Mitglieder, um zukünftige Aktionen zu planen. Dazu gehören beispielsweise Mahnwachen und Kundgebungen im Stadtgebiet, Infostände bei Konzerten und anderen Veranstaltungen sowie Spendenaktionen für anstehende Rettungsmissionen.
Im vergangenen Jahr konnte die Lokalgruppe mehrere Aktionen auf die Beine stellen. Unter anderem fand im August 2021 eine große Demo unter dem Titel „Seenotrettung ist unverhandelbar“ gemeinsam mit der Seebrücke Münster statt. Außerdem gab es im Sommer einen Infostand bei den Picknick-Konzerten auf der Parkwiese am Allwetterzoo. Als besonderes Highlight in 2021 hat im November der Dokumentarfilm „Route 4“ über die Arbeit auf dem ehemaligen Rettungsschiff Alan Kurdi im Filmtheater Cinema seine deutschlandweite Premiere gefeiert. Für die Organisation überregionaler Aktionen gibt es alle drei Wochen ein Treffen, bei dem sich die verschiedenen Lokalgruppen miteinander austauschen können. Dazu gehören in der näheren Umgebung zum Beispiel die Lokalgruppen Emsdetten, Osnabrück und Bochum. Aufgrund der Pandemie finden sowohl die lokalen als auch die überregionalen Treffen aktuell online statt.
Für dieses Jahr hat die Lokalgruppe Münster auch schon einige Pläne. Die Mitglieder wollen ihr lokalpolitisches Engagement vertiefen sowie eine Kooperation mit einem münsterschen Unternehmen in Angriff nehmen. Man darf also gespannt sein, was sich bei Sea-Eye in Münster noch alles entwickeln wird.
Die Lokalgruppe Münster freut sich immer über neue Mitglieder. Interessierte Menschen können sich auf der Webseite informieren und über Instagram @seaeyemuenster oder per Mail gruppe.muenster@sea-eye.de Kontakt aufnehmen.
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