Sie sind laut und unerzogen, frei und fröhlich – in Münster sind die Räuber eingefallen, zumindest im Stadttheater. Am Anfang weiß man noch gar nicht, dass der Chef eine Chefin ist. Doch Ronja Räubertochter zeigt der Meute den rechten Pfad. Astrid Lindgrens Buch ist ein Klassiker, der Generationen von Kindern Identifikationsfiguren erschuf. In der Inszenierung von Thomas Hollaender führte das Theater gestern Nachmittag die Premiere von Ronja Räubertochter auf.
Die Kinder im Theater fiebern mit, als sich die beiden Räuberhauptmänner Mattis und Borka die Nase herumdrehen, Finger in die Augen stechen und ans Schienbein treten. „Papa, hat der dem jetzt echt die Nase umgedreht?“ Als Ronja mit Birk Borkasohn vor der Bärenhöhle ein Duett in den Tannenzapfen singt, spürt man förmlich, wie das junge Publikum einen eigenen Tannenzapfen greift. So muss Theater sein.
Zentraler Punkt im Bühnenbild ist der Höllenschlund, der Süd- und Nordburg (und natürlich ihre Bewohner) trennt. Trennend – und wenn man so will – auch sinnbildlich für alle Arten von Problemen, die es zu überwinden gilt. Linn Sanders spielt Ronja Räubertochter. Diesen ungehobelten, groben Wesenszug bis in den Gesang hinein nimmt man ihr einfach ab, sie hopst über die Bühne, leicht und unbeschwert. Und doch merkt sie, dass das Räuberleben nicht richtig sein kann, weil sie eben auch an die anderen, die Beraubten denkt.
Ihr kongenialer Partner, Birk Borkasohn, der von Benedikt Thönes gespielt wird, nimmt sich etwas zurück. Das muss auch so sein, das verlangt die Rolle und das macht Thönes gut. Als Ronja im Wald mit dem Bein in einen Kaninchenbau einbricht, öffnet sich für die Zuschauer eine Klappe im Felsen. Man sieht die Rumpelwichte, die Ronjas Bein als Halterung für die Kinderwiege nutzen. Das ist einfach schön gemacht, auch weil sie dies „Warum denn bluß“ aus der literarischen Vorlage so mit Leben versehen.
Auch Helge Tramsen in der Rolle des Mattis, also Ronjas Vater, macht seine Sache sehr gut, grob und liebevoll, aufbrausend und emotional. Sein Pendant, Räuber Borka aus der Nord-Burg, gespielt von Mark Oliver Bögel, muss sich dahinter nicht verstecken. Gut angelegt ist auch die Rolle von Glatzen-Per, sehr schön auch Frank-Peter Dettmann, der zwischendurch immer den Fortgang der Geschichte erzählt. Man begegnet übrigens nicht nur Rumpelwichten sondern auch Graugnomen. Das Stück endet, wie es anfängt: mit ziemlichem Radau. Ein nettes Familienstück, das den Besuch lohnt.
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