Ein versuchter Mord mit einem Messer, der Tatverdächtige befindet sich bereits in Polizeigewahrsam – und plötzlich fällt der Strom aus! Dieses Szenario spielte sich gestern Mittag in den Räumen der Polizei am Friesenring ab – glücklicherweise alles nur gespielt und zu Testzwecken. Es handelte sich um eine Übung von Polizei und Justiz und so machten sich der NRW-Innenminister Herbert Reul sowie Justizminister Dr. Benjamin Limbach höchstpersönlich ein Bild davon, wie gut Münster für den Ernstfall aufgestellt ist.
Doch was genau soll so ein „Ernstfall“ sein? Kriminaldirektor Nils Godry erklärt bei der Begrüßung: „Wir leben in einer Welt voller Krisen. Der Ukraine-Krieg hat uns noch einmal mehr gezeigt, welch wichtige Rolle Energie spielt.“ Doch auch Hochwasserkatastrophen und Cyberangriffe stellen landesweit eine reelle Gefahr dar. Damit unser Rechtsstaat auch in solchen Krisen weiterhin handlungsfähig bleibt, wurde ein Notfallplan entworfen: Das „47er Modell“, benannt nach den 47 Kreispolizeibehörden in Nordrhein-Westfalen. Es soll sichergestellt werden, dass Strafverfolgung und Kriminalitätsbekämpfung in Ausnahmesituationen nicht beeinträchtigt werden.
Für die gestrige Übung waren zahlreiche Vertreter und Vertreterinnen der Polizei Münster, des Amts- und Landgerichtes sowie der Staatsanwaltschaft Münster zugegen – schließlich geht es um die reibungslose Zusammenarbeit eben dieser Parteien.
Eine erste theoretische Vorstellung der Übung fand in der Schaltzentrale und somit dem „Herzstück“ der Polizei statt. Der folgende, simulierte Stromausfall führte alle Beteiligten zur nächsten Etappe: Dem Raum mit dem riesigen Notstrom-Aggregator. Ein beinah bedrohlich lautes Brummen demonstrierte, dass die Polizeibehörde am Friesenring im Notfall weiterhin technisch agieren könnte.
Dem Gericht stehen Ausweichräume zur Verfügung
Da Strom nicht nur für unser aller Haushalte, sondern auch für die Rechtsprechung unverzichtbar ist, würden – im Falle eines großflächigen Stromausfalls – die Räumlichkeiten der Polizei den entsprechenden Vertretern des Amts- und Landgerichts zur Verfügung gestellt. Hierfür gibt es extra „Ausweichräume“, welche durch Notstrom versorgt bleiben. Verfahren gegen Straftäter werden also nicht aufgeschoben, sondern können trotz erschwerter Bedingungen fortgesetzt werden.
Und dazu gehört natürlich nicht nur Strom. Den Anwesenden wurden ebenfalls die weiteren kommunikativen und organisatorischen Prozesse zwischen Anwaltschaft, Justizvollzuganstalt, Gerichten und Polizei veranschaulicht. Zu diesen Schritten gehört unter anderem das Eintreffen eines Richters, welchem der Fall des versuchten Mordes vorgetragen wird. Für solche Ernstfälle bringen Vertreter der Justiz übrigens ihren eigenen „Notfall-Koffer“ mit, bestückt mit Laptop, Unterlagen und – für rechtskräftige Urteile unverzichtbar – einem Stempel.
Der Test verlief erfolgreich
Justizminister Dr. Benjamin Limbach zeigt sich zufrieden: „Mit dem 47er-Modell stellen wir Notfallprozesse für ein gemeinsames Handeln von Justiz und Polizei sicher. Der Rechtsstaat bewährt sich und funktioniert auch in Krisensituationen. Nicht nur bei besonderen Herausforderungen sind Polizei und Justiz verlässliche Partner.“
Limbach lobt außerdem das gute Miteinander: „Es reicht nicht, wenn zwei Minister gut zusammenarbeiten, sondern das muss für die Ministerien bis in den Geschäftsbereich und die Behörden vor Ort funktionieren. Genau davon können wir uns heute überzeugen, dass Polizei und Staatsanwaltschaft und Gerichte in Münster bereit und fähig sind, gut zusammenzuarbeiten. Und das ist wirklich wunderbar gelungen.“
Innenmister Reul fasst die Veranstaltung folgendermaßen zusammen: „Lehre bildet Geister, doch Übung macht den Meister! Und dass im Krisenfall 18 Millionen Menschen sich verlassen können, dass der Rechtsstaat funktioniert. Der Draht zwischen Polizei und Justiz muss immer kurz sein, aber unter erschwerten Bedingungen eben richtig kurz! Da darf nichts dazwischen kommen – und ich finde die Übung hat das bewiesen.“
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