Diesen Film hätte es um ein Haar gar nicht gegeben. Als Anselm Nathanael Pahnke am Ende seiner Afrikadurchquerung am Suezkanal inhaftiert wird, konnte er nur mit Müh und Not die Festplatte mit den Filmdateien retten, mit denen er seine abenteuerliche Reise auf dem Fahrrad quer durch den Kontinent festgehalten hat.
Gestartet ist Pahnke zusammen mit seinen Freunden Daniel Steinit und Fabian Keilpflug am Kap der Guten Hoffnung in Südafrika ohne eine klare Route vor Augen zu haben. „Endlich bin ich in Afrika“, sind die ersten Worte, die in dem Film gesprochen werden. Die Drei haben gute Laune, fahren freihändig auf gut ausgebauten Straßen und spielen sogar während der Fahrt Frisbee. Als Steinit und Keilpflug überraschend nach Deutschland zurückkehren müssen, stellt sich für den 25-Jährigen die Frage, ob auch für ihn die Reise hier zu Ende sein soll. „Es wartet noch so viel auf mich“, ist dem jungen Hamburger jedoch schnell klar und so startet er in ein Abenteuer, an dem der Kinobesucher in dem Film „Anderswo – Allein in Afrika“ teilhaben kann, der ab morgen im Cinema an der Warendorfer Straße läuft.
Zebraherden, die überraschend die Straße kreuzen, Giraffen, die gemächlich die Baumwipfel abknabbern und Nilpferde, über die der Zuschauer lernt, dass es sich ganz und gar nicht um Happy Hippos sondern um die gefährlichsten Tiere handelt, auf die man in Tansania treffen kann, all das kann der Zuschauer hautnah miterleben. Anselm Pahnke kämpft wochenlang gegen den „unsichtbaren Gegner“, dem stetigen Gegenwind, der das Radfahren vor allem in den eintönigeren Regionen zur Qual werden lässt. Und wenn Ruanda das „Land der 1.000 Hügel“ genannt wird, hat das für einen Radwanderer eine ganz eigene Bedeutung. Aber der junge Mann begegnet auch immer wieder Menschen, die seine Reise über die gesamten 15.000 Kilometer zu einem besonderen Erlebnis werden lassen. „Anderswo – Allein in Afrika“ ist ein sehenswerter Reisebericht, dessen Bilder außergewöhnlich professionell gedreht sind und dennoch das authentische Bild eines Kontinents vermitteln, der immerhin die Größe des Mondes hat. Der Autor hat während der gesamten Reise kein Wasser in Flaschen gekauft, sondern ist von Brunnen zu Brunnen geradelt, den Strom für die Kamera und das Smartphone lieferte der Dynamo seines Fahrrads. Wenn der Reifen fernab jeder Werkstatt einen Riss bekommt, dann wird eben genäht, mit Zahnseide.
Die Aufnahmen Pahnkes, der kein professioneller Kameramann ist, wurden unter der Regie von Laja Gonzalez von Andree Fischer geschnitten und mit atmosphärischer Musik ausgestattet, sodass sich ein stimmiges Kinoerlebnis ergibt, das trotz einer Länge von 110 Minuten nie langweilig oder vorhersehbar ist. Anselm Nathanael Pahnke kommentiert in der Regel aus dem Off und vor allem zu Beginn des Films wirkt das Ganze mitunter ein wenig wie der Selbsterfahrungstrip eines 25-Jährigen. Und ob es tatsächlich notwendig ist, die mit einem Plastikschlauch und einer Wasserflasche improvisierte Darmspülung auf der Kinoleinwand zu präsentieren, muss der Kinozuschauer entscheiden. Es bleibt aber ein Film über eine außergewöhnliche Reise mit zum Teil berauschenden Bildern, der nachhaltig beeindruckt. Sehenswert!
Am Donnerstag, 3. Januar, ist Anselm Pahnke zur Münster Premiere um 17.20 Uhr und um 20.00 Uhr im Cinema an der Warendorfer Straße mit seinem Rad zu Gast.
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