Reemtsma: „Hoffnung ist ein Auftrag“ Carla Reemtsma referierte im Schloss zum Umgang mit dem schwindenden Interesse an klimapolitischen Themen angesichts der sich mehrenden Katastrophen

Carla Reemtsma (rechts) und Moderatorin Frauke Ladleif (links) haben die Hoffnung nich nicht aufgegeben, dass sich in der Klimapolitik etwas tut. (Foto: Thomas Hölscher)

Ein wenig musste das Publikum gestern dann doch auf Carla Reemtsma und ihren Beitrag zur Reihe „Klimastress und Klimagerechtigkeit“ warten, zu dem der Verein „Together 4 Future Münster“ in Zusammenarbeit mit der Uni Münster, dem Zentrum für interdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung und den Münsteraner Klimagesprächen in die Aula des Schlosses eingeladen hatten: der ICE aus Berlin war verspätet, so dass sie den Anschlusszug in Hamm verpasste. Alltägliche Erfahrungen für alle, die sich klimaschonend fortbewegen wollen. Nicht nur angesichts solcher Kleinigkeiten klang der Titel ihres Vortrags ein wenig dickköpfig: „Und wir machen trotzdem weiter – vom Hoffen und Kämpfen in Krisenzeiten“.

Carla Reemtsma ist eines der Gesichter von „Fridays for Future“ in Deutschland. (Foto: Thomas Hölscher)

Warum sie dieses Motto wählte, lag aber auf der Hand. Das wurde schon bei den einleitenden Worten der Moderatorin Frauke Ladleif deutlich. Die bisherige Redakteurin beim „Greenpeace Magazin“ berichtete, dass die Umweltorganisation ihre Zeitschrift nach über 30 Jahren inzwischen eingestellt hat und sie jetzt versucht, mit weiteren Mitstreitern unter dem Namen „atmo“ eine neue Publikation mit ähnlichen Themen auf den Markt zu bringen. Auch weniger beteiligte Menschen irritiert, dass die steigende Zahl der Klimakatastrophen in der Welt auf ein zunehmendes Desinteresse in der Bevölkerung stößt.

Wie kann sie unter solchen aktuellen Bedingungen überhaupt weitermachen? Wohl keine Frage würde ihr in letzter Zeit so oft gestellt wie diese, so stieg Carla Reemtsma in ihren gut 45-minütigen Vortrag ein. Und sie beantwortete sie direkt mit einer provokativen Aussage: „Hoffnung ist überbewertet“. In der Folge nannte sie dann doch einige Dinge, die ihre Hoffnung auf einen Wandel in der Klimapolitik aufrechterhalten.

Im Publikum, das längst nicht so zahlreich erschienen war wie noch im Vorjahr bei ihrer Cousine Luisa Neubauer, saßen so einige Aktivisten, die genau danach dürsteten. Denn die Klimabewegung scheint ihren Reiz gerade bei Jugendlichen verloren zu haben, es strömen nicht mehr solche Massen zu den Klimastreiks wie 2019, falls sie überhaupt noch zustande kommen.

Klimapolitische Themen ziehen nicht mehr so viel Publikum wie noch vor einem Jahr, das war auch hier zu merken. (Foto: Thomas Hölscher)

Für die Politikwissenschaftlerin Reemtsma sind das aber natürliche Entwicklungen. Und es bedeute ja nicht unbedingt Desinteresse, wenn man für sein Thema nicht mehr auf der Straße demonstriert. Nach ihrer Wahrnehmung arbeiten inzwischen viele praktisch an der Umsetzung zum Beispiel von klimafreundlicheren Techniken. Außerdem seien die drängenden Fragen der Klimapolitik inzwischen auch in anderen Ländern angekommen, von denen man es nicht unbedingt erwartet hätte. Kräftigen Applaus erhielt sie für ihren abschließenden Appell: „Hoffnung ist ein Auftrag, und wir können alle daran arbeiten.“

„Ich bin nicht die Person, die eingeladen wird, um gute Nachrichten zu verbreiten“
Carla Reemtsma berichtete auch von ihrem Studium in Münster 2016 bis 2020 und ihre ersten Schritte in die Protestbewegung hier. (Foto: Thomas Hölscher)

Dennoch überwogen an diesem Abend die schlechten Nachrichten, die oft als eingeblendete Schlagzeilen zu Klimakatastrophen der letzten Jahre oder Aussagen prominenter Personen von der Projektionswand leuchteten. So wie das Zitat von António Guterres, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, aus dem letzten Jahr: „We are on a highway to climate hell“. Dagegen helfe kein „großer CO2-Staubsauger“, an den Carla Reemtsma natürlich nicht glaubt, auch wenn sie dieses Bild immer wieder beschwor. „Ich bin nicht die Person, die eingeladen wird, um gute Nachrichten zu verbreiten“, gab sie zu bedenken, aber sie sei zuversichtlich, dass die Diskussionen wirken.

„Die Klimakrise funktioniert nicht wie ein Kometeneinschlag“, auf den man sich nicht vorbereiten könnte. Die Warnsignale seien schon lange bekannt. Um dagegen aktiv zu werden, sei Hoffnung nur der allererste Schritt. Die eigentliche Reaktion liefe nur auf eins hinaus: „Raus aus Kohle, Öl und Gas!“

Leider blieben Reemtsmas Aussagen meistens so einfach und plakativ. Das muss bei ihr, die bei Fridays for Future zumindest zeitweilig so etwas wie die dort nicht so genau definierte Rolle einer Bundes-Pressesprecherin innehatte, womöglich auch so sein. Tiefer in konkrete Fragen des Klimaschutzes tauchen sicher die noch folgenden Vorträge in dieser Reihe ein, die unter www.t4f-ms.de detailliert angekündigt werden.

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