Querdenker marschieren – Stadt hält dagegen Schwach besuchte Demo legte den Verkehr rund um den Bahnhof mehrere Stunden lahm / Mehr als 1000 Münsteraner beteiligten sich an Gegendemonstrationen

Auch unterwegs traf die "Querdenker"-Demonstration auf spontanen Protest. (Foto: Thomas Hölscher)
Auch unterwegs traf die „Querdenker“-Demonstration auf spontanen Protest. (Foto: Thomas Hölscher)

Nach dem Autokorso am letzten Samstag zog die „Querdenker“-Bewegung heute mit einer Lauf-Demonstration wesentlich näher an der Innenstadt durch Münster. Die Zahl derjenigen, die bei ihnen mitgelaufen ist, war ähnlich überschaubar wie eine Woche zuvor, dafür hatten wesentlich mehr Gegendemonstranten am Stadthaus II und in der Hafenstraße neben dem Busbahnhof gegen sie Stellung bezogen. Der Verkehr in der Gegend rund um den Bahnhof war dadurch am frühen Nachmittag für mehrere Stunden lahmgelegt.

Laut Mitteilung der Polizei gingen die drei Versammlungen „am späten Nachmittag ohne besondere Zwischenfälle zu Ende“. Hin und wieder konnten wir beim Aufzug der „Querdenker“ kleine Störversuche durch Gegendemonstranten beobachten, die schnell durch die sehr zahlreich anwesenden Polizeikräfte unterbunden wurden. Der Demonstrationszug der „Querdenker“ ging gegen 14:50 Uhr am Servatiiplatz los. „In der Spitze nahmen entgegen der erwarteten 1000 rund 80 Personen daran teil“, meldet die Polizei sogar noch recht wohlwollend. Nach einem Rundkurs im Bereich des Hauptbahnhofs bis zum Ludgerikreisel und der Hafenstraße endete der Aufzug gegen 15:50 Uhr wieder am Servatiiplatz. Dabei kam es zeitweilig zu erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen, die vor allem die Stadtbusse betrafen.

Die breit aufgestellte Gegendemonstration des "Keinen Meter" Bündnisses an der Hafenstraße. (Foto: Thomas Hölscher)
Die breit aufgestellte Gegendemonstration des „Keinen Meter“ Bündnisses an der Hafenstraße. (Foto: Thomas Hölscher)

Mehr als 1000 Münsteraner beteiligten sich an den beiden angemeldeten Gegendemonstrationen. Die meisten standen am Busbahnhof an der Hafenstraße, Ecke Friedrich-Ebert-Straße. Dort hielt Carsten Peters, der als Sprecher des Bündnisses „Keinen Meter den Nazis“ die beiden Gegendemonstrationen angemeldet hatte, eine Rede. Maria Salinas sprach vor dem Stadthaus II, also direkt am Ludgerikreisel, zu etwa 350 Menschen. Die Vorsitzende des Integrationsrats der Stadt Münster rief dazu auf, gegen Desinformation und gegen Rassismus zu demonstrieren und zu zeigen, „dass wir viel lauter sind“. Das waren die Gegendemonstranten auf jeden Fall, aber die „Querdenker“ hatten einen Pritschenwagen mit Lautsprechern dabei, von denen sie ihre Parolen – anders als beim Autokorso letzte Woche – live darboten.

Verbindungen zwischen „Querdenker“-Bewegung und extrem rechten Gruppen

Carsten Peters hob in seiner Rede auf dem Parkplatz neben dem „Gleis 22“ die Verbindungen zwischen den „Querdenker“-Bewegungen und extrem rechten Gruppen hervor. Die seien schon bei ihren „Montagsdemonstrationen“ während der Corona-Jahre erkennbar geworden, die dazu beigetragen hätten, dass sich die AfD weiter in die Mitte der Gesellschaft vorarbeiten konnte. Besonders empörend seien Vorfälle während der damaligen Pandemieproteste gewesen, darunter ein gezeigter Hitlergruß, antisemitische Symbole wie der gelbe Davidstern und eine Verharmlosung des NS-Terrors durch Plakate, die Impfung mit den Verbrechen des Auschwitz-Arztes Mengele gleichsetzten.

„Jeden Montag zeigte sich, dass sich die Organisatoren der Montagsdemos nicht von organisierten Neonazis und Rechtsradikalen abgrenzen“, stellte Peters fest. Er kritisierte deren Nutzung dieses Begriffs als historisch falsch und betonte, dass die Montagsdemos in der DDR für Pressefreiheit und Demokratie gekämpft hätten. Die heutigen Demonstrierenden würden hingegen die Pressefreiheit bekämpfen und demokratische Werte untergraben.

„Querdenker“ fühlen sich durch antifaschistische Gegendemonstranten bedroht

Die verschiedenen Sprecher auf der heutigen „Querdenker“-Demo selbst fühlten sich anscheinend von den antifaschistischen Gegendemonstranten bedroht. So klang es jedenfalls bei Sven Schlegelmilch von der Gruppierung „Bielefeld steht auf“, nachdem die Demo wieder am Servatiiplatz angekommen war. Weil sie von mehreren Seiten am Rande des Parkplatzes und der gegenüberliegenden Straßenseite von unterschiedlichen Antifa-Grüppchen beschimpft wurden, sprach Schlegelmilch ausdrücklich in die Kameras der verschiedenen Social-Media-Streamer bei den „Querdenkern“: „Wenn ihr das, was ihr hier gesehen und gehört habt, nicht gut findet und das Gefühl habt, dass eure Meinungsfreiheit eingeschränkt wird, aufgrund dieser Brüllerei von den eigentlichen Faschisten, dann kommt auf die Straße. Zeigt den wirklichen Faschisten, dass wir viele sind, dass wir friedlich sind und dass wir diejenigen sind, die hier für Dialog und Demokratie stehen.“

Zum Dialog wurde zwar eingeladen, das Mikro allerdings ausgeschaltet. (Foto: Thomas Hölscher)
Zum Dialog wurde zwar eingeladen, das Mikro allerdings ausgeschaltet. (Foto: Thomas Hölscher)

Wie der Dialog bei ihnen aussieht, zeigten die „Querdenker“, als sie vor der Demo tatsächlich einen Teilnehmer des Gegenprotestes auf die Bühne baten. Er bekam zwar ein Mikro vors Gesicht gehalten, aber es wurde nicht über die Lautsprecher verstärkt. Mehrfach wurde er unterbrochen, weil seine Aussagen nicht gefielen. Dagegen durften mehrere Sprecher explizit zur Wahl der AfD aufrufen, so wie Borsu Alinaghi, der sich inzwischen die Vornamen „Markus-Julius Maximus“ zugelegt hat und bis vor einigen Monaten in der AfD-Fraktion im Kreistag Recklinghausen saß sowie in Marl als Stadtrat für die Kleinpartei UBP. Ähnlich klang es auch bei dem Russland-Freund Jovica Jovic, der sich laut seinem heutigen Bekenntnis vom Bündnis Sarah Wagenknecht abgewandt, nun kräftig über sie gelästert und schließlich zur Wahl der AfD aufgerufen hat.

Keine Redner aus Münster bei den „Querdenkern“

Alina Möller, die diese Demonstration unter dem harmlos klingenden Namen „Neuwahlen – Die Chance zur Veränderung“ als Privatperson angemeldet hat, hatte im Vorfeld viele Parteien und Organisationen eingeladen. Maren Berkenheide, die in Münster bei der Bundestagswahl als Direktkandidatin für die Partei Volt antritt, zog ihre offensichtlich aus Versehen gegebene Zusage schnell wieder zurück (wir berichteten). Am Ende blieb der kleine Kreis aus Anhängern von Verschwörungstheorien zur Corona-Pandemie und Rechtspopulisten mit antiwestlicher, pro-russischer Haltung unter sich – aus Münster schien keiner von ihnen zu kommen.

„Ein guter Tag für Münster“, fasste Carsten Peters vom Keinen-Meter-Bündnis abschließend zusammen. „Mehr als 2.000 Menschen gegen die extreme Rechte auf der Straße. Danke an alle Beteiligten. Wir müssen die zunehmende Rechtsentwicklung zurückdrängen, es ist höchste Zeit und wir werden vor der Bundestagswahl weiterhin auf der Straße sein.“

3 Kommentare

  1. Ich war als Gegendemonstrantin am Servatiiplatz.
    Auch wenn ich den Querdenker-Fascho-Verein hasse, stimmt es nicht, dass die Rede nicht verstärkt wurde über die Lautsprecher. Ich wünsche mir von euch, dass ihr keine falschen Nachrichten schreibt.

    1. Hallo Anna, wir verbreiten keine „falschen Nachrichten“. Wir haben es gerade nochmal in einem entsprechenden YouTube Video, das gestern live gestreamt wurde, überprüft… es ist deutlich zu hören.

      1. Das ist wirklich seltsam. Hab die Rede live gehört und gefilmt.
        Es geht mir einfach nur darum, dass den Querdenkern nicht auch noch Futter gegeben wird, dass die Presse „Lügen“ verbreitet.

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