Ein Quad auf Münsters Radwegen, das dürfte bei vielen Leezenrittern für Aufregung sorgen. Diese speziell ausgerüsteten Fahrzeuge sind allerdings nicht aus Übermut sondern im Interesse der Zweiradfahrer dort unterwegs, aktuell läuft ein Pilotprojekt zur Erfassung der Qualität des Radwegenetzes in Münster.
Während auf den Straßen Fahrzeuge mit auffälligen Kameraaufbauten auf dem Dach unterwegs sind, werden die Radwege von den kleineren Quads abgefahren. Zunächst geht es in der Pilotphase um insgesamt rund 600 Kilometer, die von drei unterschiedlichen Firmen untersucht werden. „Es gibt zwei zentrale Aufgaben“, erläutert Alexander Buttgereit vom Amt für Mobilität und Tiefbau, „Zum einen soll der Zustand erfasst werden. Dann wollen wir wissen, ob es möglich ist, die Aufnahmen der 360 Grad Rundum-Kameras für Planungszwecke zu nutzen.“ Eine solche Befahrung mit Hightech-Kameras wurde in Münster bislang noch nicht durchgeführt, „Das Ganze ist in gewisser Weise Neuland. Man braucht gewaltige Rechnerkapazitäten und einen riesigen Aufwand, um solche Daten auszuwerten, wenn man in einem digitalen 3D-Stadtmodell planen möchte“, sagt Buttgereit und spricht aktuell noch von Zukunftsmusik.
Münster ist zwar nicht die erste Stadt, die ein solches Projekt in Angriff nimmt, die spezielle Ausrichtung auf den Radverkehr ist nach Aussage des Vertreters des Amtes für Mobilität und Tiefbau allerdings wohl einzigartig: „Es gibt immer wieder Kommunen, die schon Teile ihrer Stadt auf diese Weise digitalisiert haben. Hamburg ist da schon recht weit. Die Stadt Berlin hat ähnliche Daten benutzt, um die Versuchsstrecke des autonom fahrenden Busses abzubilden“, sagt Buttgereit, verweist aber gleichzeitig auf den innovativen Ansatz der Stadt Münster bei diesem Projekt: „Mit dem was wir hier vorhaben, sind wir in der Republik ziemlich weit vorne. Diese Informationen dafür zu nutzen, die Qualität im Radverkehrsnetz zu verbessern, das hat vermutlich bisher noch keiner gemacht.“
Die Ziele sind ambitioniert, während ein Schlagloch noch einigermaßen leicht zu erkennen ist, bewegen sich Risse im Asphalt, die von Wurzeln hervorgerufen werden, mitunter nur im Millimeterbereich. Für die hochauflösenden Kameras ist aber auch dies kein Problem. Spannend ist eine weitere Fragestellung, die überprüft werden soll: „Ob lockere Pflastersteine erkennbar sind, wird sich zeigen. Wir versuchen mit den Hightech-Kameras, die senkrecht auf die Fahrbahn schauen, die Fugenentleerungstiefe zu erfassen. Ob bei einem zehn Zentimeter hohen Pflasterstein nur ein Zentimeter oder acht Zentimeter Fugensand fehlen, ist ein wichtiger Unterschied. Aber da wird man wohl mit der Technik auch an Grenzen kommen“ befürchtet Buttgereit und fügt hinzu: „Erfahrungen mit Asphalt gibt es hinreichend, Pflasterung ist die große Unbekannte.“
Es geht um den baulichen Zustand aber auch um Fragen der Breite und darum, ob Hindernisse wie Bänke oder Mülleimer in den Fahrweg hineinragen, vor allem bei kombinierten Fuß- und Radwegen. Das endgültige Ziel ist, zukünftig regelmäßig komplette Befahrung durchzuführen, so könnten laut Buttgereit auch Investitionsentscheidungen sicherer getroffen werden. Bis ein komplettes 3D-Stadtmodell für Planungszwecke vorliegt, gehen allerdings wohl noch zehn Jahre ins Land, wie der Experte vermutet.
Im aktuellen Pilotprojekt wird noch keine komplette Befahrung durchgeführt, zukünftig müssten aber alle 1.300 Straßenkilometer in Münster untersucht werden. Luftbilder reichen in ihrer Qualität nicht aus, da die Auflösung der Bilder zu gering ist und Verschattungen zum Bespiel von Bäumen Probleme verursachen können. Wenn die Daten vorliegen, gelten für sie die gleichen datenschutzrechtlichen Vorgaben wie zum Beispiel für Google, so müssen unter anderem Gesichter unkenntlich gemacht werden, bevor die Daten öffentlich zugänglich gemacht werden.
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