Patrick belauscht seine Eltern. Die unterhalten sich in der Küche. Endlich – so scheint es – sollte sich Patricks Wunsch erfüllen. Doch abgesehen davon, dass da ja ein kleines schreiendes Bündel und kein cooler Beschützer-Bruder geboren würde, sollte irgendetwas mit dem Familienzuwachs nicht in Ordnung sein. Gestern Abend war Premiere von „Patricks Trick“ im Borchert-Theater. Regisseurin Tanja Weidner hat sich etwas besonderes einfallen lassen.
Nicht auf der Bühne sondern im Foyer wird gespielt. Das hat den Vorteil, dass die Zuschauer von allen Seiten zusehen können. Die Theaterleute haben eine Art großen Stuhlkreis für das Auditorium aufgebaut, dahinter eine Reihe Tische. Das Publikum sitzt also zweireihig und fühlt sich wie im Klassenzimmer. Das ist auch beabsichtigt. Denn dies Stück soll auf Reisen gehen in Schulen.
Patrick, überzeugend gespielt von Sven Heiß, hat nicht sofort alles verstanden, irgendwie soll sein Bruder behindert sein. Was aber heißt das? Er entwickelt einen Dialog mit seinem Bruder. Der ist zwar noch nicht geboren, doch für Patrick ebenso lebendig wie für die Zuschauer. Florian Bender haucht dem Ungeborenen Leben ein. In der Folge schlüpft Bender in so viele verschiedene Rollen, dass es eine Wonne ist, zuzusehen. Denn Patrick ist unsicher und auf der Suche nach Antworten, spricht er mit einigen Menschen, mit seinem besten Freund Valentin, mit dem Kroaten Daniel, mit dessen Boxlehrer, mit der Gemüsefrau, mit dem Professor. Die witzigste Rolle füllt Bender mit der lispelnden Deutsch-Lehrerin Frau Schlepper, die noch einen leichten Überbiss hat. Auch scheint sie esoterisch angehaucht. Dieser ständige Rollenwechsel fordert Konzentration. Das Zurechtknoten einer Strickjacke, um einen Wechsel zu betonen, dauert manchmal einfach zu lang. Bender und Heiß schlüpfen noch in die Rollen der Eltern, die selber voller Sorge sind. Die schauspielerische Leistung von beiden ist hervorragend. Einen kleinen Textaussetzer überspielt Bender professionell. Dem dem Grunde nach ernsten Stück geben die beiden die Leichtigkeit, die es braucht.
Der Berliner Autor Kristo Sargor ist selbst anwesend und erzählt nachher, dass er eigentlich ein Stück über Sprache schreiben wollte und überlegt hat, wie er das transportieren kann. Ursprünglich war also die Behinderung nur eine Art „Vehikel“. Zum Thema Inklusion passt beides.
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