Wenn 12 ganz in weiß gekleidete, junge Menschen auf großen Kuben aus Aluminiumstangen sitzen, hocken, stehen und sich durch deren klopfen, schaben, schleifen langsam eine Melodie entwickelt, dann kann es sein, dass man sich im Pumpenhaus befindet. „Dasein. Wo“ heißt das Stück von „Cactus Junges Theater“, das dort noch bis Sonntag Abend täglich gezeigt wird.
Jeder bastelt sich eine eigene Melodie wie auch ein eigenes Leben, und doch gibt es immer wieder Gemeinsamkeiten, Berührungen. Schließlich sind wir eine Gesellschaft, die auch funktionieren soll. 12 junge Menschen basteln ihre Melodie, sammeln Noten, erzählen von ihren Wünschen und Sorgen. Alltägliches, wie den Besuch einer Berufsberatung auf der Suche nach Orientierung, Sehnsucht nach Paris, die Fantasie einer Wüste. Aber nie starr und unbeweglich, sondern agil kletternd auf den Aluminiumgestängen, die währenddessen über die Bühne getragen werden. Zwischendurch wird getanzt, und das machen sie richtig gut, die „jungen Kakteen“, synchron, beweglich und nicht aus der Rolle fallend.
Immer wieder gibt es neue Bezüge und Themen. „Wählen gehen“ ist natürlich ganz aktuell und die Darsteller inszenieren einen Konflikt zwischen denen, die erklären: Nutzt doch sowieso nichts und denen, die die Möglichkeit zur Veränderung sehen. Immer wieder geht es um Orientierung, und das ist ja auch ein wichtiges Feld, schwebend zwischen schulischer und beruflicher Überforderung auf dem Weg ins Erwachsenenalter und viele Flüsterer am Wegesrand. Angesichts dieser Jugend muss einem nicht bange werden um Deutschland. Dies war die erste Dramaturgie von Marian Heuser, einer von Münsters besten Slam-Poeten. Zweifellos ein Gebiet, auf dem Heuser noch für Furore sorgen kann. Ein schöner Abend.
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