Nach Frankreich und den Niederlanden breitet sich auch hierzulande die neue Corona-Variante BQ.1.1 aus. Zwar macht sie derzeit laut Robert Koch-Institut (RKI) erst circa 5 Prozent der Infektionen in Deutschland aus, nach Prognosen von Experten wird sie aber in vier bis sechs Wochen vorherrschend sein. Im Interview spricht Prof. Stephan Ludwig, Direktor des Instituts für Virologie am UKM, über die Ausbreitung und Gefahren von BQ.1.1, den Einfluss der Impfung, welcher Impfstoff der richtige ist sowie über weitere neu zirkulierende Varianten.
Herr Prof. Ludwig, lassen Sie uns einmal sortieren: Nach Alpha und Delta zu Beginn der Pandemie ist seit dem Frühjahr Omikron und davon mittlerweile die BA.5-Variante in Deutschland dominierend. Welche Virusvarianten sind jetzt neu im Umlauf?
„Im Moment ist hier in Europa die sogenannte BQ.1- und die davon abgeleitete BQ.1.1-Variante auf dem Vormarsch. Das gilt auch für uns in Deutschland. Das RKI hat in dieser Woche gemeldet, dass wir jetzt bei etwa 5,5 Prozent sind. In der Woche davor waren es noch ungefähr 3 Prozent. In den Niederlanden und Frankreich sind es bereits 10 Prozent aller Isolate.“
Kann aus den Daten der Nachbarländer abgeleitet werden, wie gefährlich diese neue Variante ist?
„Zur Krankheitsschwere kann man im Moment noch wenig sagen, da gibt es nicht genügend Daten. Es sieht im Moment aber nicht danach aus, als würde die BQ.1- und die BQ.1.1-Variante aggressiver sein, also schwerere Erkrankungen hervorrufen, im Vergleich zur BA.5-Variante. Da scheinen wir Glück zu haben.“
Was ist Ihre Prognose für die nächsten Monate?
„Ganz genau kann man das nicht vorhersagen, weil das zum einen vom Immunschutz in der Bevölkerung abhängt, der entweder durch Impfung oder Genesung erreicht ist, und zum anderen, wie gut die neuen Varianten in der Lage sind, diesem Immunschutz zu entgehen. Zwar ist letzteres wohl bei BQ.1 und BQ.1.1 relativ stark, also dieser Immun-Escape-Effekt, aber bislang ist das noch kein Hinweis darauf, dass das mit stärkeren Verläufen zu tun hat. Solange es so bleibt, dass wir keine Zunahme in der Krankheitsschwere sehen, sollten wir damit zurechtkommen.“
Welchen Einfluss hat eine Impfung – und vor allem: Mit welchem Impfstoff sollte geimpft werden?
„Die jetzt festgestellten neuen Varianten sind Abkömmlinge der BA.5-Variante. Deshalb macht es Sinn, den auf die BA.4- und BA.5-Varianten angepassten Impfstoff – und den haben wir ja ausreichend zur Verfügung – zu nutzen. Dieser sollte relativ gut gegen die Infektion mit BQ.1- und BQ.1.1. schützen und wir sollten damit auch, soweit derzeit absehbar, gut über den Winter kommen.“
Wer sollte sich jetzt impfen lassen und welchen Einfluss haben zurückliegende Infektionen mit anderen Omikron-Varianten?
„Es gibt ja Vorgaben von der StiKo, die sehr vernünftig sind, nach denen man sich sechs Monate nach der Auseinandersetzung mit dem Impfstoff oder Virus erneut impfen lassen sollte. Bei besonders vulnerablen Personen kann man bereits nach vier Monaten an eine Auffrischungsimpfung denken, das muss dann aber immer entsprechend im Einzelfall entschieden werden.“
Wir haben jetzt ausschließlich über die Varianten BQ.1 und BQ.1.1 gesprochen. Gibt es noch weitere Mutationen, die zeitnah in Deutschland relevant werden könnten?
„Es gibt noch zwei Varianten, die für uns noch interessant sind. Es gibt einmal eine BF.7-Variante, die auch hier in Deutschland schon zirkuliert. Wobei es grenzwertig ist, ob das tatsächlich schon eine neue Variante ist oder nicht doch eher ein leicht veränderter BA.5-Stamm. Eine andere Variante – auch abgeleitet von Omikron – zirkuliert derzeit in Asien und stammt aus Indien. Diese X.B.B genannte Variante verbreitet sich aktuell in Singapur sehr viel schneller als die Varianten davor. Aber aggressiver scheint sie bisher nicht zu sein.“
Transparenzhinweis: Dieser Inhalt wurde uns vom UKM zur Verfügung gestellt.
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