Nackte Frauen werden zum Politikum Das LWL-Museum für Kunst und Kultur zeigt Werke des expressionistischen Malers Otto Mueller

Die badenden Frauen sind ein häufiges Motiv seiner Werke. (Foto: Jasmin Otman)

Betritt man die aktuelle „Otto Mueller“-Ausstellung im LWL-Museum für Kunst und Kultur, glaubt so mancher Kunstinteressierte zu wissen, wohin diese Reise führt: In Wälder, an versteckte Seen und in die Position eines Voyeurs, der badende Frauen betrachtet. Otto Mueller eben. Das bekommen die Besucher auch – zunächst – bis sich Raum für Raum eine ganz andere Welt um sie herum aufbaut: Die, der kulturellen Sensibilität.

Was kann einen an nackten Frauenkörpern schon echauffieren? Die Bilder in sanften Grün- und Brauntönen scheinen eher eine Hommage an die Ästhetik der Weiblichkeit zu sein. Ebenso schmeichelhaft erscheinen die vielzähligen Portraits seiner Lebensgefährtinnen. Frauen, die ihm in verschiedenen Lebensphasen als Muse und Modell zur Seite standen. Doch Mueller malte nicht nur sie, seine Werke spiegeln ebenso seine Faszination für die Frauen fremder, anderer Kulturen wider.

Zeiten ändern sich
Muellers Lebensgefährtin Maria „Maschka“ Mayerhofer diente oft als Modell. (Foto: Jasmin Otman)

Das LWL-Museum für Kunst und Kultur nimmt den 150. Geburtstag des expressionistischen Malers zum Anlass, seine Werke genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Besucher werden dazu eingeladen, sich durchaus kritisch damit zu befassen, was eines der Markenzeichen von Mueller war: Die romantisierende und stereotype Darstellung von Minderheiten. Beispielsweise reiste der weltoffene Maler seinerzeit regelmäßig nach Osteuropa und brachte seine Inspiration von Sinti und Roma auf die Leinwand. Ähnlich verhielt es sich mit Frauen aus Afrika. Die Kunst der Alten Ägypter bezeichnete er als seine künstlerischen Vorbilder. Mueller-Ausstellungen gleichen einer Reise durch die Vielfalt der Kulturen.

Und wanderten kunsthungrige Blicke eben noch unbeschwert über badende Frauen zwischen sanften Grüntönen, wird es plötzlich ungemütlich. Und das soll es auch. So beleuchtet ein Ausstellungsabschnitt Muellers Werke im Kontext der deutschen Kolonialisierung. Keine leichte Kost, aber wie Picasso schon sagte: „Die Malerei ist nicht dazu da, die Appartements zu schmücken.“ Sie soll bewegen, aufwühlen, zum Nachdenken anregen. Und so schmücken nicht nur Gemälde die Wände des Museums, sondern auch Schriftzüge wie „Spielen Herkunft und Erfahrung eine Rolle bei der Wahrnehmung von Muellers Bildern?“

„Spielen Herkunft und Erfahrung eine Rolle bei der Wahrnehmung von Muellers Bildern?“

Dass seine Kunst ein Jahrhundert später gesellschaftspolitischer Zündstoff sein würde, hat Mueller vermutlich nicht kommen sehen. Doch gerade dieser Raum zur Diskussion sei wichtig, so Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger, Landesrätin und Kulturdezernentin des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe.

„Leider haben wir in Bezug auf diese Ausstellung heftige Anfeindungen aus rechten Kreisen erhalten“, erzählt sie. „Wir haben miterlebt, wie es in Podiumsgesprächen zu Diskriminierung kam… ich hätte niemals gedacht, dass das in der Bundesrepublik Deutschland einmal ein Problem würde. Mittlerweile schulen wir Mitarbeiter, wie man sich am besten verhält gegen radikale Positionen. Krisenmanagement hat bei uns gerade oberste Prioritär.“ Im täglichen Umgang erlebe sie häufig, wie radikal die Ansichten und Handlungen mancher Personen seien. Und deswegen sehe sie als wichtig an, in vielen Bereichen dafür zu sensibilisieren. „Ich hätte mir ein solches Ausmaß nie vorstellen können, aber wir machen weiter. Wir kämpfen für die Freiheit von Kunst und Kultur!“

Die Ausstellung läuft noch bis zum 2. Februar 2025. Mehr könnt ihr hier erfahren: https://www.lwl-museum-kunst-kultur.de/de/

(Update, 14. Oktober, 16:16 Uhr)

Korrektur

Die Anfeindungen bezogen sich nicht explizit auf die „Otto Mueller“-Ausstellung, sondern richten sich allgemein gegen den LWL-Museumsverband NRW. Als Reaktion darauf findet derzeit sogar ein Kongress statt unter dem Motto „Haltung zeigen, Demokratie verteidigen“. Auf das Thema „Museen in Zeiten politischen Drucks“ bezieht sich Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger in ihrer o.g. Rede.

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