Das Wochenblatt „na dann…“ fällt mit seiner aktuellen Ausgabe erneut durch fragwürdige Inhalte auf. Bereits im Februar 2022 wurde dem Magazin Solidarität mit der Querdenkerszene vorgeworfen. Dieses Mal ist eine ominöse „Pathologie-Konferenz“ Thema, in der versucht wird, einen Zusammenhang von COVID-Impfungen und Todesfällen zu konstruieren.
Und wieder bringt sich das Wochenmagazin „na dann…“ ins Gespräch – allerdings nicht auf positive Art und Weise. Zuletzt war das Blatt unter der Leitung von Arno Tilsner heftig kritisiert worden, nachdem in der Coronazeit regelmäßig Inserate der Gruppe „Gemeinsam für Grundrechte“ veröffentlicht wurden. Die Bewegung war seinerzeit für die Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen verantwortlich. In der Kolumne „Zeitzeichen“ der vergangenen Ausgabe 14 schreibt Autor Carsten Krystofiak: „In dieser Woche vor einem Jahr …(…) Beunruhigende Nachrichten kamen im März aus Münster: Zwei Pathologie-Professoren der Uniklinik hatten 15 verstorbene Covidpatienten obduziert und bei 12 von ihnen festgestellt, dass ihr Tod höchstwahrscheinlich durch die Impfung verursacht wurde. Ihre Untersuchungsergebnisse stellten die Profs auf zwei Pressekonferenzen vor.“ Auf Nachfrage unserer Redaktion bezüglich seiner Quellen schickte uns „na dann…“ Autor Krystofiak Inhalte der Webseite „pathologie-konferenz.de“. Wer einschlägige Suchmaschinen bemüht, stößt schnell auf umfangreiche Berichterstattungen der Medien.
Keine aktiv forschenden Wissenschaftler
Die vermeintlichen Fakten stammen aus einer „Pathologie Konferenz“, die am „Pathologischen Institut Reutlingen“ stattgefunden hat. Hier handelt es sich allerdings nicht um die Pathologie der Kreiskliniken Reutlingen, sondern um das „Institut Prof. Dr. Burkhardt“ aus Reutlingen. Im Impressum der Webseite „pathologie-konferenz.de“ ist Prof. Dr. Arne Burkhardt zu finden. Burkhardt war früher Chefarzt der Pathologie der Kreiskliniken und trat in der Konferenz als Hauptredner auf. „Sämtliche Beteiligte der Konferenz sind keine aktiv forschenden Wissenschaftler, sondern im Ruhestand“, berichtete das Portal „Volksverpetzer“. Es handelt sich um zwei Pathologen bzw. Rechtsmediziner im Ruhestand und einen emeritierten Professor für Elektrotechnik. „Es wurden auch keinerlei Papiere, Studien oder Protokolle zusammen mit dem Vortrag veröffentlicht, wie es bei seriöser wissenschaftlicher Forschung Standard ist.“
Unklare Untersuchungsmethoden
In besagter Konferenz stellte Burkhardt unter anderem die Behauptung auf, Obduktionen von zehn Menschen hätten ergeben, dass bei den meisten wahrscheinlich die Covid-19-Impfung für den Tod verantwortlich war. Impfstoffe gegen Covid-19 enthielten „undeklarierte, metallhaltige Bestandteile“. Nicht nur diese Aussage sei unbelegt, wie das Recherchekollektiv „CORRECTIV“ berichtet. „Fachverbände distanzieren sich von den Aussagen und bezweifeln deren Wissenschaftlichkeit. Die gezeigten Befunde seien teils falsch interpretiert worden, die Untersuchungsmethoden unklar. Für Verunreinigungen von in Deutschland eingesetzten Covid-19-Impfstoffen mit metallischen Stoffen gibt es ebenfalls keine Belege.“
Die Deutsche Gesellschaft für Pathologie (DGP) distanzierte sich im September 2021 von den Aussagen aus der Konferenz. „Es handelt sich hier um persönliche Meinungsäußerungen und nicht um die Position unserer Fachgesellschaft. Wie auch von anderer Seite bereits kritisch bemerkt, sind die präsentierten Daten nicht wissenschaftlich fundiert. Der DGP ist bislang keine auffällige Korrelation von Todesfällen im Zusammenhang mit der COVID-19-Impfung bekannt – wobei natürlich nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Impfung auch Komplikationen verursachen kann. Für die Erfassung und Bewertung solch unerwünschter Nebenwirkungen ist das Paul-Ehrlich-Institut zuständig.“
Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts
Am besagten Paul-Ehrlich-Institut (PEI) heißt es im „Bericht über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfung zum Schutz vor COVID-19“: Dem Institut seien, mit Stand vom 31.10.2022, deutschlandweit insgesamt 333.492 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und 50.833 Verdachtsfälle schwerwiegender Nebenwirkungen nach einer Grundimmunisierung plus Booster-Impfungen berichtet worden. Auch zwei Todesfälle seien bekannt. „Betroffen waren zwei ältere Personen (≥ 80 Jahre) mit multiplen, schweren Vorerkrankungen, die jeweils einen Tag nach der Impfung mit Comirnaty Original / Omicron BA.1 bzw. Spikevax bivalent / Omicron BA.1 verstarben. Als Todesursachen wurde in einem Fall ein Herzinfarkt, im anderen Fall der Verdacht auf eine Lungenembolie angegeben.“
Das PEI zieht das Fazit: „Ein ursächlicher Zusammenhang mit der jeweiligen Impfung sieht das Paul-Ehrlich-Institut in beiden Fällen aufgrund der vorliegenden Informationen und der Grunderkrankungen nicht. In einer Studie aus Frankreich wurde nach der ersten und zweiten Impfung mit Comirnaty kein erhöhtes Risiko für einen Myokardinfarkt oder eine Lungenembolie bei Personen festgestellt, die 75 Jahre und älter waren.“ Ebensfalls sei nach der Gabe der ersten beiden Impfdosen in Israel kein erhöhtes Risiko eines Moykardinfarktes bzw. einer Lungenembolie nach Comirnaty.2 gefunden worden. „Auch wenn Todesfälle in zeitlicher Nähe zur COVID-19-Impfung weltweit berichtet wurden, wurde in mehreren Studien gezeigt, dass COVID-19-Impfungen insgesamt und insbesondere auch bei älteren Personen nicht zu einer Übersterblichkeit führen.“
Auch UKM distanziert sich
Das Universitätsklinikum Münster distanzierte sich am Montag und schrieb: „Pressemitteilungen oder -konferenzen zu wissenschaftlichen Erkenntnissen zum im Artikel erwähnten Thema sind uns nicht bekannt. Wir haben eine solche Meldung nicht verschickt und auch keine Pressekonferenz veranstaltet.“ Im Rahmen unserer Recherche stießen wir tatsächlich auf eine Pressekonferenz, die – wie es in einer Videoaufzeichnung heißt – im „Pathologischen Labor Reutlingen“ stattgefunden hat, was auch immer das sein mag. Man muss kein Prophet sein, um zu erahnen, welcher Gesinnung die berichtenden Medien angehören. So berichteten nicht nur einschlägigen Formate wie die alternativen Portale klar.tv und report24 über die Schwurbel-Erkenntnisse und verbreiteten diese als Fakten weiter.
Zur weiteren Einordnung: „na dann…“ Kolumnist Carsten Krystofiak schrieb unter anderem unter einem Pseudonym für die Wochenzeitung „Junge Freiheit“. Politikwissenschaftler ordnen sie einem Grenzbereich zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus zu und bezeichnen sie als Sprachrohr der Neuen Rechten. Zudem soll Krystofiak nach einer älteren Recherche der Redaktion „gamma“ Mitglied der „Identitären Bewegung“ (IB) in gewesen sein. Ob und in wie weit Krystofiak noch immer im rechten Spektrum aktiv ist, ist unbekannt.
(Update, 14:50 Uhr) – Die Redaktion hat reagiert. Inzwischen ist in der Online-Version der „na dann…“ die betreffende Kolumne verschwunden, mit dem Hinweis: „Das Zeitzeichen haben wir aufgrund von Falschnachrichten gelöscht.“ Das Heft wird mit einer wöchentlichen Auflage von 10.000 Exemplaren gedruckt. Hier ist der Beitrag – logischerweise – weiter zu lesen.
(Update, 11. April, 17:11 Uhr) – Inzwischen hat „na dann…“ Chefredakteur Arno Tilsner reagiert und und auf Social Media eine Gegendarstellung veröffentlicht und die Kolumne eingestellt. Er schreibt: „Liebe Leserinnen, liebe Leser, in der letzten Ausgabe der na dann… hat unser Kolumnist des ‚Zeitzeichens‘ in seinem Text im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie auf eine Pressekonferenz des UKM Bezug genommen, die es NICHT gegeben hat. Er ist einer Falschinformation aufgesessen, die wir öffentlich verbreitet haben. Das geht gar nicht. Wir bitten Sie (Leserinnen und Leser) und das UKM für diesen schweren journalistischen Fehler um Entschuldigung. Gleichzeitig stellen wir die Kolumne ‚Zeitzeichen‘ ein. In einer Zeit mit in vielen Belangen schwieriger Nachrichtenlage möchten wir mit der na dann… lieber keine als FALSCHE Zeichen setzen.“
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Lieber Thomas Hölscher,
ich muss mich mich sehr wundern. Die Falschinformationen wurden ja wohl nicht absichtlich „gestreut“, sondern irrtümlich in die Welt gesetzt, was natürlich eine grobe Nachlässigkeit ist. Anstatt aber zuerst mal den Autor anzurufen und ihn auf seine Fehler hinzuweisen, werden sofort die entsprechenden Kübel gelehrt. Die WN sind sich dabei noch nicht mal zu schade, sich auf eine Denuntiationsquelle aus dem Antifa-Spektrum zu beziehen. Der Zweck heiligt da wohl die Mittel. Aber der Shitstorm sollte wohl auch mindestens genauso Arno Tilsner und die „na dann…“ treffen, dem manche Kreise nicht verziehen haben, dass er sich in seinem Heft für Meinungsvielfalt zum Thema Impfpflicht eingesetzt hat. Ist das schon „zu rechts“?!
Und nochmal zu Krystofiak: Das nach einer Idee von ihm entstandene und von ihm produzierte Geschichtsprojekt „Hitlers Tischgespräche“ mit Andreas Breiing, das mehrfach in der Villa ten Hompel und überregional an Schulen zur Prävention aufgeführt wurde, und am 21.04.23 wieder in der Stadtbücherei zu sehen ist, bekam jahrelang positive Presse. Sich aus hunderten seiner Artikel, Bücher oder Bühnenabenden im Cinema jetzt einen vermurksten Beitrag herauszupicken, finde ich nicht fair.
Sehr schade zu erfahren das Carsten Krystofiak so unterwegs ist, bzw. wahr.
Habe seine Munster ‚ Anekdoten ‚ Bücher gern gelesen und wollte diese auch weiterempfehlen…..das hat sich jetzt ein für allemal erledigt.
Solche Leute werden von mir in keinster Weise unterstützt.