Wenn Georg Schulze Dieckhoff an die Entwicklung des Klimas in den letzten Jahren denkt, kommt der gestandene Landwirt ins Grübeln, „Starkwetterereignisse, Trockenheit, Hitze, Sturm, das war früher nicht so! Wenn es jetzt trocken ist, dann ist es lange trocken und wenn es heiß ist, ist es lange heiß.“ In erster Linie lebt der 62-Jährige von der Milchviehwirtschaft, mit einem Nachbarn hat er sich zusammengetan, um gemeinsam 240 Kühe und ebenso viel Jungvieh zu versorgen. Hinzu kommen 200 Hektar Grün- und Ackerflächen, die ebenfalls gemeinsam bewirtschaftet werden.
„Wir haben sandige Böden, da fließt das Wasser so durch. Es sollte möglichst alle drei Wochen regnen, wenn die Wasserversorgung abreißt, gehen die Pflanzen zugrunde.“ Um dem Klimawandel zu begegnen, stellen Schulze Dieckhoff und seine Kollegen verstärkt auf Wintergetreide um, das etwa ab September gesät und je nach Sorte im Juli oder August des Folgejahres geerntet wird, „Wir versuchen, die Feuchtigkeit des Winters in Ertrag umzusetzen. Wenn das Getreide aus dem Winter kommt, ist es schon weiter.“ Auch dem Vieh machen die heißen Sommer zu schaffen, „Diese Hitzeperioden mit ihrer schwül-warmen Luft sind Stress für die Kühe. Wir haben viel Geld in große Ventilatoren und Wassersprühanlagen gesteckt, um die Ställe zu kühlen. An jeder Ecke gibt es Wasserangebote für die Tiere. Das Grünland ist direkt neben dem Stall, das Vieh kann rein- und rauslaufen, wie es will.“ Alle Ställe sind zu Offenställen geworden, „Früher waren die Ställe zu, heute meist offen. Die Tiere haben Luft und Licht, das dient einerseits dem Tierwohl, ist andererseits aber auch eine Reaktion auf den Klimawandel. Das Stallklima ist inzwischen das A und O, damit müssen wir uns deutlich mehr beschäftigen als früher“, wie Georg Schulze Dieckhoff berichtet.
An der Gasselstiege hat der Landwirt noch 20 Hektar Wald, vor zwei Jahren musste er ein Hektar Fichten, die vor rund 70 Jahren von seinem Vater gepflanzt wurden, abholzen. Der Borkenkäfer hatte zugeschlagen und ganze Arbeit geleistet, „bei den Neuanpflanzungen haben wir überlegt, ob wir Buchen oder Eichen pflanzen. Die tief wurzelnden alten Buchen brauchen viel Wasser, aber der Grundwasserspiegel sinkt immer weiter ab. Die letzten Jahre machen überhaupt keinen Spaß!“
Auf dem altehrwürdigen Hof von Georg Schulze Dieckhoff, dessen Wurzeln bis in die Zeit von Karl dem Großen zurückreichen, hat längst die Computer- und Satellitentechnik Einzug gehalten. Spezielle Programme analysieren auf Satellitenbildern, wo der Boden feuchter und wo er trockener ist. Diese Daten werden in die Sämaschine eingespeist, die GPS-gesteuert automatisch die Dichte der ausgesäten Pflanzen bestimmt. „Früher haben wir gelernt, dass acht bis neun Maispflanzen pro Quadratmeter gepflanzt werden. Heute werden an den trockenen Stellen etwas weniger und an den feuchten Stellen etwas mehr Pflanzen gesetzt, so können wir gut mit dem Wasser haushalten. Auch der Dünger und die Gülle werden auf diese Weise ausgebracht, das ist natürlich auch eine gute Sache für den Grundwasserschutz.“
Schulze Dieckhoff freut sich, dass sein Sohn Ben den Hof irgendwann übernehmen wird. Der Landwirt ist sich allerdings auch sicher, dass das Thema Klimawandel in Zukunft immer wichtiger wird, „Da wird noch einiges kommen. Technisch gesehen wird sich vieles ändern, es werden ständig neue Dinge erfunden oder Pflanzen so gezüchtet, dass sie eine größere Trockentoleranz aufweisen. Vielleicht fahren die Sä- und Erntemaschinen irgendwann vollkommen selbstständig computergesteuert über das Feld.“ Für den Landwirt mit dem wunderschönen Hof in Münsters Norden steht auf jeden Fall fest, dass die Technik einen wesentlichen Beitrag dazu leisten wird, mit den Folgen des Klimawandels in der Landwirtschaft fertig zu werden.
In unserer Reihe #münsterklima21 zum "World Environment Day" veröffentlichen wir bis zum 5. Juni, dem Weltumwelttag, täglich um fünf vor zwölf Interviews mit sehr unterschiedlichen Experten, in denen wir der Frage nachgehen, wie sich der Klimawandel im Münsterland auswirkt. Ihr findet alle Beiträge gebündelt unter diesem Link #münsterklima21
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