Insgesamt 1.500 Zuschauer sahen sich gestern Abend den neuen Münster-Tatort im Cineplex-Kino an, nicht nur im größten Saal des Hauses, sondern in drei Sälen gleichzeitig. Moderator Matthias Bongard vermutete, dass gemeinsames Gucken einfach mehr Spaß macht – und man die Zeit am kommenden Sonntag Abend dann für sinnvollere Dinge verwenden könne.
„Oder sehen Sie sich den etwa alle nochmal an?“ fragte er verwundert in die große Runde und erntete zahlreiches Kopfnicken. Schließlich hatten sich hier die echten Fans versammelt, die gar nicht genug von ihren Tatort-Stars bekommen können. Die genossen sichtlich die Aufmerksamkeit. Axel Prahl feuerte das Publikum sogar noch extra zum Jubeln an, damit er ein schönes Filmchen für seinen Blog bekam, den er jedesmal während der Dreharbeiten auf Facebook führt. Die haben nämlich in dieser Woche schon für die nächste Folge begonnen.
Der aktuelle Tatort „Gott ist auch nur ein Mensch“ wurde in diesem Sommer gedreht, als die Skulptur Projekte gerade begonnen hatten. Das war kein Zufall, sondern die Grundlage für das von Christoph Silber und Thorsten Wettcke verfasste Drehbuch. Recht frei interpretiert, werden sie im Film „Skulptur Tage Münster“ genannt und von Nika Wenger (Gertie Honeck) und ihrer Tochter Klara Wenger (Viktoria Mayer) eher wie ein Familienunternehmen geleitet. Und einige Künstler halten ihre Exponate noch vor allen geheim – vielleicht macht gerade das sie verdächtig. Denn es gibt wie in jedem Tatort auch hier Leichen, und die sind diesmal alle kunstvoll verpackt und als Kunstwerke inszeniert. Ganz besonders verdächtig benimmt sich der größte Star unter ihnen, Kunstprofessor Zoltan Rajinovic (Aleksandar Jovanovic), der sich als Künstler „G.O.D.“ nennt, was nicht zufällig wie „Gott“ klingt und zu zahlreichen putzigen Dialogen führt („ich bin auf der Suche nach Gott“ – „Der sitzt an der Bar“ usw.).
Rajinovic lehrt an der Kunstakademie Münster, viele Studenten bewerben sich bei ihm als Meisterschüler, aber er wählt ausgerechnet Prof. Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) dafür aus. Der eitle Pathologe hilft dem Künstler tatsächlich aus einer Schaffenskrise heraus, findet in ihm aber auch ein Gegenüber, das ihm rhetorisch ebenbürtig, wenn nicht sogar eine Nasenspitze voraus ist. Das ergibt immer wieder Szenen, die wir sonst nur zwischen Boerne und seiner Assistentin Silke Haller alias „Alberich“ kennen. Sie kommt in dieser Folge etwas kurz, ihre Darstellerin ChrisTine Urspruch bedauerte daher vor der Aufführung, bei den Dreharbeiten in Münster gar nicht dabei gewesen zu sein. „Ich musste draußen bleiben. Jetzt muss ich nochmal zehn Jahre warten, bis ich die Skulptur Projekte sehen kann,“ sagte sie und erntete Mitleid, bis sie ergänzte, „ich hoffe, dass es den Münster-Tatort dann noch gibt“. Dafür erntete sie starken Applaus.
Mit acht Drehtagen vor Ort ist eine Folge mit vielen Wiedererkennungswerten für Münsteraner entstanden. Tatsächlich wurden viele Szenen an der Kunstakademie am Leonardo Campus gedreht, und es sind viele echte Skulpturen aus Münster zu sehen. Ein paar der diesjährigen Exponate der Skulptur Projekte, noch mehr ältere und auch solche, die gar nichts mit den Skulptur Projekten zu tun haben. Und natürlich wurden auch die Aaseekugeln hübsch in Szene gesetzt, sie sind schließlich das berühmteste Überbleibsel der ersten, echten Skulptur Projekte 1977. Aus dieser Zeit erfahren wir im aktuellen Tatort auch so einiges aus dem Privatleben von Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl), seinem „Vaddern“ (Claus D. Clausnitzer) und der Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Grossmann) – Münster ist ja schließlich ein Dorf.
„Und: war das jetzt Kunst? Entscheiden Sie selbst,“ fragt einer der rätselhaften Film-Künstler am Ende der Tatort-Folge. „Was haben Sie selbst in diesem Sommer von den Skulptur Projekten mitbekommen?“ wurden Liefers und Prahl wohl von fast allen anwesenden Journalisten gefragt. Axel Prahl antwortete darauf, dass er den Steg von Ayşe Erkmen im Stadthafen zwar gesehen, aber nicht betreten habe. Und er betonte, sich vor zehn Jahren für den Erhalt der Paul Wulf-Skulptur von Silke Wagner in der Stadt eingesetzt zu haben. Jan Josef Liefers gestand im ALLES MÜNSTER Interview, dass ihm vor dem Dreh gar nicht so klar gewesen sei, was die Skulptur Projekte für Münster bedeuten: „Das hatte ich bisher gar nicht mitbekommen, die sind ja auch nur alle zehn Jahre, aber ich freue mich schon auf die nächsten. Ein tolles Ding.“ Und was für eine Art Kunstwerk könnte der Münster-Tatort sein, wenn er kein Film wäre? „Natürlich eine Sinfonie!“ antwortete Liefers ganz im Stil seiner Rolle als Professor Boerne.
Der Münster-Tatort "Gott ist auch nur ein Mensch" läuft am Sonntag um 20:15 Uhr im Ersten.
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