
Die Konzertreihe „Sound Lake City“ feierte an diesem Wochenende unter dem Titel „Muenster Music Days 3.0“ zum dritten Mal ihr eigenes Festival, das keine Scheuklappen kennt. Besonders am Freitag Abend verschwammen dabei immer wieder die Grenzen zwischen den Musikformaten Jazz, Pop und Soul.
Üblicherweise wird das Cécile Verny-Quartett unter der Rubrik „Jazz“ geführt, und dieser Erwartung wurde es meistens auch gerecht. Dafür sorgte allein schon der großartige Bassist Bernd Heitzler mit seinen zahlreichen Soli am Kontrabass. Aber hin und wieder griff er auch zum E-Bass oder zur akustischen Gitarre. Nicht allein dadurch verließ das Quartett den Jazz regelmäßig in Richtung Soul. Dafür sorgte auch der Pianist Andreas Erchinger, der sich nicht zu schade war, große Teile der Lieder mit einfachen, stetig wiederholten Figuren perkussiv zu begleiten, oder statt des Flügels ein E-Piano mit den Sounds einer Hammond-Orgel oder eines Fender Rhodes zu spielen. Einen großen Anteil hatte auch der Schlagzeuger Lars Binder, der mit lässigen Breakbeats dafür sorgte, dass viele Zuschauer in der bestuhlten „Cloud“ mitwippen wollten. Für den wahren Soul sorgte aber die Sängerin Cécile Verny selbst, die ihn einfach in ihrer Stimme hat. Und ihr war die Freude am Singen in jeder Minute anzumerken.
Das Repertoire hat die Band für ihre letzte CD „Memory Lane“ aus ihrer 25jährigen Geschichte zusammengestellt. Und es sind alles Eigenkompositionen, vor allem von Andreas Erchinger oder Bernd Heitzler, beides langjährige Begleiter von Cécile Verny. Die Texte hat die Deutsch-Französin mit afrikanischen Wurzeln entweder selbst geschrieben oder bei englischen Autoren des 19. Jahrhunderts gefunden, wie William Blake oder Elizabeth Barrett Browning. Ausführlich schilderte sie die Hintergründe für manche Texte – und damit ihre Seele.

Natürlich durfte in dieser Werkschau „The Bitter And The Sweet“ nicht fehlen, schließlich ist es „unser Hit – also, in unseren Kreisen“, wie Cécile Verny selbstironisch anmerkte. Einige Jahre hätten sie das 2006 erschienene Lied nicht mehr spielen wollen, für „Memory Lane“ haben sie es dann wieder hervorgeholt und ein wenig aufgefrischt. Schließlich stammt die Zeile „I’m walking down Memory Lane“ hieraus. Aus dem Original blieb die sparsame Begleitung mit sanft afrikanischer Percussion und verhaltenen Klavierakkorden sowie der großartig unaufgeregte Scat-Gesang in der zweiten Hälfte – nur das Solo übernahm statt Pianist Andreas Erchinger in dieser Version Bernd Heitzler am Kontrabass. Wie er sein Instrument zum Singen brachte, war allein schon das Eintrittsgeld wert.
Sparsam arrangiert waren fast alle Lieder, aber irgendetwas Besonderes fügten die drei ihnen doch immer hinzu: so verlieh Cécile Verny dem Lied „Car Désespérée“ mit Obertongesang, Pfeifen und anderen Geräusche etwas Geheimnisvolles. Andreas Erchinger fügte dem traurigen „I Am Broken“ durch die Kombination von elektronischen Klängen mit Anleihen bei den französischen Komponisten zwischen Spätromantik und Moderne, wie Satie und Debussy, etwas Bedrohliches hinzu. Und schließlich konnte der 1973 geborene Schlagzeuger Lars Binder bei „As Soon As They Have All Aligned“ mit einem langen Schlagzeugsolo als Intro seine „70er-Jahre Afro-Beat-Erfahrungen aufarbeiten“, wie Cécile Verny verschmitzt ankündigte.
Viel Selbstironie offenbarte Cécile Verny schon, als sie sich bei der Begrüßung beim Publikum bedankte, „dass sie auch für uns geblieben sind“. Denn vor diesem Haupt-Act durfte eine heimische Formation ihr erstes Konzert vor einem so großen Publikum geben. „Looking For Ella“ nennt sich diese von Nikola Materne präsentierte junge Band, die von Studierenden an der Musikhochschule Münster gegründet wurde. Mit Ella Fitzgerald hat die Musik des Trios allerdings nichts zu tun, sie erinnerte vielmehr an moderne isländischen Bands, die gerne die Grenzen des Pop erweitern. Es war jedenfalls kein leicht verdaulicher Pop mit Strophe-Refrain-Strophe, den Sängerin Natalie Handwerk, Schlagzeuger Damian Ketteler und Keyboarder Alexander Roeseling, gelegentlich unterstützt von Bassist Leon Würschinger darboten. Es gab folkig anmutenden Gesang und plötzliche Wechsel in Rhythmus und Lautstärke, manchmal sehr reduzierte, melodische Klänge, manchmal ganze Klangkaskaden, aber alles in einem kristallklaren Sound.
Überhaupt war der Sound bei den Konzerten von „Sound Lake City“ in der „Cloud“ wie immer hervorragend. Wahrscheinlich der beste, den wir in Münster bekommen können.
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