Um nichts Geringeres als Münsters Zukunft ging es in der vergangenen Woche, als sich über 500 Münsteraner in die „Zukunftsarena“ im Jovel begeben haben. Eingeladen hat Oberbürgermeister Markus Lewe. Die hochrangig besetzten Talkrunden machten schnell deutlich, dass diese Arena weder etwas mit Zirkus noch mit dem alten Rom zu tun haben sollte. Wie wird unsere Stadt im Jahr 2020, 2030 oder 2050 aussehen? Können die Bürger Einfluss darauf nehmen, wohin die Reise geht? Findet Stadtentwicklung nur in den Hotspots wie Prinzipalmarkt oder Univiertel statt oder stehen auch weniger prominente Stadtquartiere im Fokus des Zukunftsprozesses?
Rund 16.000 Bürgerinnen und Bürger haben die aus ihrer Sicht wichtigsten Punkte benannt, die unsere Stadt bewegen und die für die Stadtentwicklung von zentraler Bedeutung sind. Aus diesen Daten wurden zehn Kernaussagen formuliert, die im Zukunftsprozess bearbeitet werden sollen. „Wenn man nicht über die Zukunft spricht, dann hat man auch keine!“, dieses Motto gab Lewe zu Beginn der Veranstaltung den Anwesenden mit auf den Weg. Schnell kristallisierten sich die Themen heraus, die Münsters Bürger offenbar am stärksten bewegen.
Bezahlbarer Wohnraum, zukunftsfähige Verkehrskonzepte, sozialer Zusammenhalt und eine Stadtentwicklung, die den Bürgern in allen Stadtvierteln gerecht wird. Grün, Lebensqualität und Hochschulen, das sind die Dinge, die der Münsteraner am meisten an seiner Stadt schätzt, beschreibt der Stadtentwickler Prof. Klaus Selle ein Ergebnis der Bürgerbefragung. Gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Kunibert Wachten erkundete er Münster auf dem Fahrrad: „Ich dachte, dass ich Münster kenne. Ich kenne Münster nicht!“ war Selles Resümee nach den Touren durch die vielen Stadtviertel Münsters. „Münster ist schon eine Fahrradstadt. Jetzt muss dieses Konzept weiterentwickelt werden“, empfehlen die Experten. Die geplanten Velorouten seien hierbei ein guter Schritt.
Die Vertreter der Hochschulen benannten ebenfalls die Wohnraumfrage als eines der wichtigsten Probleme der Zukunft. Wenn Studierende wegen der hohen Mietpreise ins Umland ausweichen müssen und nur zum Studieren in die Stadt hineinpendeln, werden sie auch nicht dabei mitwirken, die Stadt zu entwickeln, ist sich der Kanzler der Uni, Matthias Schwarte, sicher. „Die Hochschulen und die Stadt müssen gemeinsam weiterentwickelt werden“, hebt Stadtbaurat Robin Denstorff hervor und auch die Präsidentin der Fachhochschule, Prof. Ute von Lojewski, fordert eine stärkere Durchmischung von Wissenschafts- und Wohnquartieren mit der entsprechenden Infrastruktur aus Wohnen, Leben und Arbeiten.
Für die Schaffung von Orten der Begegnung in der City ohne den Zwang, etwas kaufen oder konsumieren zu müssen, plädierte der Chef des „Cinema“, Jens Schneiderheinze. Er bedauerte außerdem das Verschwinden kleiner Geschäfte aus der Fläche, „da ist eine Stadtteilkneipe echt Gold wert!“, wie er betonte. Für seinen Talkpartner Tobias Viehoff von der Initiative starke Innenstadt ist die Frage der Innenstadtmobilität von großer Bedeutung, aber auch eine Durchmischung der Geschäfte. „Die Menschen wollen überrascht werden. Neben den großen Ketten muss es weiterhin kleine, inhabergeführte Geschäfte geben“, wie Viehoff sagte. Das Fehlen von sozialen Orten der Begegnung oder Kleingastronomie in den Stadtteilen beklagte auch Hans-Dieter Sauer, Pastoralreferent der Gemeinde St. Petronilla in Handorf: „Sie finden ja kaum noch einen Ort, um den Beerdigungskaffee zu trinken“.
Während des Veranstaltung wurden die Zuhörer aufgefordert, Ihre Ideen zu den zehn Kernpunkten auf Klebezettel zu schreiben und an die jeweiligen Stellwände zu kleben. Eine Aufforderung, von der sehr viele der Anwesenden Gebrauch gemacht haben. „Münster wird es richtig gut leisten können, weiter zu wachsen und wild dabei zu gewinnen!“ war sich Denstorff sicher und Markus Lewe nannte Münster gar „die größte Bürgerinitiative Europas“. Das Stadtoberhaupt betonte, dass der Prozess der Bürgerbeteiligung fortgesetzt wird und es nun an den Gremien sei, die Pläne für die Stadtentwicklung für Münster Zukünfte 2020, 30 und 50 zu entwickeln.
Weitere Infos zum Zukunftsprozess mit den Bausteinen integriertes Stadtentwicklungskonzept (ISEK), Szenario-Analyse und „Gutes Morgen Münster“ sowie die Möglichkeit, sich selber zu beteiligen, gibt es auf www.zukunft-muenster.de.
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