Die Krankenhäuser im Münsterland bereiten sich seit geraumer Zeit auf die erwartete große Zahl von Corona-Patienten vor: durch Umstrukturierungen von Stationen, Absagen von planbaren Operationen, Neuaufstellungen von Teams sowie die Beschaffung von Atemmasken, Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln. All das im Vertrauen auf die Zusage von Bundesgesundheitsminister Spahn, einen „Schutzschirm“ zur Deckung von Einnahmeausfällen und zusätzlichen Kosten aufzuspannen. Die konkrete Ausgestaltung des Schirms wurde am Wochenende bekannt – und hat bei allen katholischen Krankenhäusern des Münsterlandes zu Entsetzen und Fassungslosigkeit geführt. Aus dem „Schutzschirm“ ist ein bürokratischer „Knirps“ geworden.
„Die Krankenhäuser sind sich ihrer großen Verantwortung bewusst und haben ihre Hausaufgaben gemacht. Dabei sind sie erhebliche finanzielle Risiken eingegangen. Doch der Gesetzentwurf – auch nach Nachbesserung – entspricht in keiner Weise den vollmundigen Ankündigungen des Ministers“, beklagen die katholischen Krankenhäuser des Münsterlandes in einer gemeinsamen Presseerklärung. Er biete keine Budgetsicherheit und keine kurzfristige Liquiditätssicherung für Kliniken. Die erheblichen Zusatzkosten seien bei weitem nicht abgedeckt. Stattdessen sollen sich Ärzte und Pflegende „weiter um bürokratische Dokumentationsverfahren und Prüfroutinen kümmern“, hierdurch fehlen Zeit und Ressourcen, die dringend in der Patientenversorgung gebraucht werden, heißt es.
Deutschland sieht derzeit der größten medizinischen Herausforderung seit Ende des Zweiten Weltkriegs entgegen. „Die Krankenhäuser mit ihren Mitarbeitenden nehmen diese Aufgabe an und werden sich in erster Reihe um die Menschen kümmern, für die es um Leben und Tod geht“, versichern die Kliniken. Dabei riskieren Pflegende und Ärzte die eigene Gesundheit, das eigene Leben. Bisher wähnten sie sich Seite an Seite mit der Politik, mit dem Ziel die Bevölkerung zu schützen. In einer Telefonkonferenz mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) sicherte Spahn in der vergangenen Woche großzügige Finanzhilfen zu: „Whatever it takes“ und „Nehmen Sie mich beim Wort“, hieß es aus Berlin. Wenige Tage zuvor hatte Minister Spahn die Krankenhäuser aufgefordert, die planbaren Leistungen zu verschieben und im selben Schreiben weitreichende Zusagen formuliert. In der schwierigen Zeit der Corona-Pandemie hat er die Krankenhäuser um Vertrauen und Mithilfe gebeten. Die Krankenhäuser hatten sich auf dieser Grundlage ans Werk gemacht, ihre Leistungen heruntergefahren, um Platz für Corona-Patienten zu machen.
Doch der am Wochenende vorgelegte Gesetzentwurf und auch die angekündigten Nachbesserungen seien kein Schutzschirm, sondern würden die Krankenhäuser in ein bürokratisches Abrechnungschaos mit unkalkulierbaren Risiken für die Kliniken und die Bevölkerung treiben. „Minister Spahn stellt finanzielle und bürokratische Aspekte vor die Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung der Bürger bei dieser Pandemie“, kritisiert auch Jochen Brink, Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), die Pläne aus Berlin. Er befürchtet: „Die Kliniken laufen Gefahr, aufgrund nicht ausreichender Liquiditätssicherung die Gehälter ihrer Mitarbeiter nicht mehr bezahlen zu können und kurzfristig in die Insolvenz zu gehen.“
Die Alexianer (Münster), die St. Franziskus-Stiftung (Münster), die Christophorus-Kliniken (Coesfeld), die Klinikum Westmünsterland GmbH (Kreis Borken), die Mathias Stiftung (Rheine) sowie das Josephs-Hospital Warendorf (Christliche Stiftung), das St. Josef-Stift Sendenhorst und das St. Antonius-Hospital Gronau fordern Minister Spahn und alle politisch Verantwortlichen in Bund, Land und Kommunen auf, das Gesetz dringend zu ändern. Es müsse eine schnelle, unbürokratische, stabile und krisenfeste Lösung für die Kliniken und insbesondere die Mitarbeiter geben, sonst drohe den Krankenhäusern ein finanzielles Fiasko. Man brauche in dieser Ausnahmesituation mehr denn je funktionierende Krankenhäuser. Aber, so heißt es in der Pressemitteilung, „’Whatever it takes‘ sieht anders aus!“