Es klingt wie aus einem Horrorfilm. Ein parasitärer Pilz nistet sich in ein Gehirn ein und übernimmt die Kontrolle über seinen befallenen Wirt. Was die Film- und Computerspiel-Industrie sich schon zum Vorbild genommen hat, gibt es in der Natur bereits seit Millionen von Jahren. Das LWL-Museum für Naturkunde in Münster präsentiert ab dem 29. Juni in seiner neuen Gehirn-Ausstellung eine Pilzart aus der Gattung der Kernkeulen-Pilze, die Ameisen befällt und damit ihren eigenen Fortbestand sichert.
Narumi Sato, zoologische Präparatorin im Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), hat für die Ausstellung „Das Gehirn – Intelligenz, Bewusstsein, Gefühl“ ein detailgetreues Modell einer befallenen Ameise angefertigt, das im Ausstellungsbereich „Verhaltenssteuerung“ zu sehen sein wird.
Hintergrund zur Ausstellung
Das Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Münster zeigt ab dem 29. Juni 2018 die Sonderausstellung „Das Gehirn – Intelligenz, Bewusstsein, Gefühl“. Auf 1.200 Quadratmetern lernen die Museumsgäste die anatomische Vielfalt und die enormen Leistungen dieses komplexen Organs kennen. Im Gehirn werden sämtliche Reize verarbeitet. Die Persönlichkeit formt sich, Gefühle entstehen, Pläne werden geschmiedet und Traumwelten erschaffen. Im Fokus der Ausstellung stehen neben dem Menschen die künstliche Intelligenz und die Welt der Tiere. Die Ausstellung ist dank Brailleschrift, vielen Mitmachstationen, einem speziellen, mehrsprachigen Audioguide und Tastmodellen für Menschen mit Sehbehinderung genauso geeignet wie für Sehende oder für hörbehinderte Menschen. Begleitend zur Ausstellung werden museumspädagogische Programme für Kinder und Jugendliche sowie Führungen für Erwachsene angeboten.
Modellbau
„Die Herausforderung liegt darin, die Proportionen genau zu treffen“, sagt Sato. Die Mitarbeiterin des Museums hat drei Monate an dem Modell der Ameise gearbeitet, die sich an der Unterseite eines Blattes festgebissen hat. Im Maßstab 1:50 können die Besucher der neuen Ausstellung dann sehen, wie groß und massiv der Pilz aus dem Kopf der Ameise wächst. „Gerade wenn die Tiere in der Natur nur wenige Zentimeter groß sind, kommt es in der Vergrößerung auf die Details an“, erklärt Sato. So müssen etwa die Haare an den Beinen der Ameise, die man normalerweise mit dem bloßen Auge nicht sieht, einzeln angebracht und platziert werden.
Das Modell hat Sato aus Kunststoff geformt und später per Hand bemalt. Das Blatt an dem sich die Ameise festgebissen hat, ist aus Pappmaschee gefertigt. Genau dieser Biss in ein Blatt, der sogenannte Todesbiss, ist die Position, wohin der Parasit sein Opfer lenkt. „Nachdem der Pilz die Ameise und ihr Gehirn befallen hat, bringt er sie dazu, sich an der Unterseite eine Blattes festzubeißen“, sagt Ausstellungsmacherin Dr. Julia Massier. Dort stirbt die Ameise schließlich und die Pilzsporen können von der erhöhten Position herunterfallen, neue Ameisen infizieren und der Kreislauf beginnt von vorne.
Parasitismus
Diese Form von Parasitismus kommt in tropischen und subtropischen Gebieten vor. Fossilfunde in der Grube Messel bei Darmstadt zeigen jedoch, dass solche Pilze einst auch hier heimisch waren. „Die Funde sind 48 Millionen Jahre alt und belegen somit die älteste nachweisbare Verhaltensteuerung durch Parasiten überhaupt“, erklärt die Neurobiologin Massier. Klimaveränderungen haben dann dazu geführt, dass es sie in Europa nicht mehr gibt. „Dass diese Pilze uns Menschen befallen und willenlos werden lassen, ist nicht zu befürchten“, so Massier. Doch die Museumsgäste erfahren auch, dass das menschliche Verhalten ebenfalls beeinflussbar ist. „Es gibt bestimmte Darmbakterien, die das Essverhalten des Menschen nachweislich beeinflussen. Noch kein Stoff für Hollywood, aber sicher für jede Besucherin faszinierend“, erklärt die Ausstellungsmacherin.
Weitere Infos unter www.das-gehirn.lwl.org
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