Immer mehr Plastikmüll landet in den Meeren – mit dramatischen Folgen, warnt aktuell die Umweltschutzorganisation World Wide Fund For Nature (WWF) und bezieht sich auf eine Studie des Alfred-Wegener Instituts in Bremerhaven. Prof. Dr. Reinhard Lorenz, Polymer-Chemiker am Fachbereich Chemieingenieurwesen der FH Münster, befasst sich seit vielen Jahren mit Kunststofftechnologie und den Auswirkungen von Kunststoffen auf die Umwelt. Er fordert eine enge Zusammenarbeit von Politik, Seefahrt und Forschung, um den weiteren Eintrag von Plastik in die Weltmeere zu verhindern.
„Wir wissen schon sehr lange, dass sich Mikroplastik auch in abgelegenen Orten wie der Arktis und Antarktis findet, ebenso wie in den meisten Binnengewässern“, so Lorenz. Er definiert vier Hauptquellen von Mikroplastik: Peeling Agents in Kosmetika, Faserabrieb von Kleidung, Reifen- und Bremsbelagabrieb und – weltweit betrachtet – mit Abstand die größte Quelle: Verpackungen aus Kunststoff.
Während Mikroplastik aus Kosmetika rückläufig ist und – zumindest in Deutschland – die meisten Fasern aus Kleidung in den Kläranlagen herausgefiltert werden, stellen Kunststoffteile, die sich jetzt bereits in den Meeren befinden, eine Nachschubquelle für Mikroplastik dar, die sich kaum aufhalten lässt. „Beim witterungsbedingten Abbau von Kunststoffen entstehen nach und nach Partikel, die wir ab einer Größe von etwa einem zehntel Millimeter Mikroplastik nennen“, erläutert der Experte für Kunststoffe. Ursachen für den Eintrag von Plastik in die Weltmeere sieht er in illegaler Müllentsorgung auf See und mangelhafter Müllwirtschaft in vielen Ländern. Oft werde Müll einfach in Flüssen entsorgt und gelange so ins Meer. Hinzu kommen riesige Fischereinetze, die die Hochseefischerei bei Verlust oft einfach im Ozean lässt.
Um zu verhindern, dass noch mehr Plastik in den Meeren landen, müssen Politiker und Forschungseinrichtungen Hand in Hand arbeiten, so der Wissenschaftler. „Mit biologisch abbaubaren Kunststoffen ist es möglich, Verpackungen herzustellen, die sich in der Kombination von Sonnenlicht und Salzwasser vollständig auflösen. Allerdings ergeben sich bei diesen Materialien noch viele Einschränkungen bezüglich ihres Einsatzes. Fakt ist: Aktuell haben wir keine tragfähige Lösung für die Herstellung von Kunststoffen, die sich zersetzen, sodass am Ende nur Wasser und Kohlendioxid übrig bleiben.“ Daher seien politische Lösungen wie stärkere Kontrollen und verbindlichere internationale Übereinkommen unabdingbar.
Langfristig jedoch sieht Lorenz nur in der Zusammenarbeit von Politik, Seefahrt und Forschung einen realistischen Lösungsansatz: „Bei allen Herausforderungen, die sich uns gegenwärtig stellen, kommen wir ohne eine regelbasierte Müllwirtschaft und ohne technologische Lösungen keinen Schritt weiter. Doch Forschungsarbeit muss politisch und gesellschaftlich gewollt sein, denn sie kostet Geld – oft ohne vorher zu wissen, ob und welche Lösung sich findet. Wir müssen jetzt handeln, denn wissenschaftliche Arbeit braucht neben Geld auch Zeit. Forschung kann nicht vorgespult werden – Erkenntnisgewinn geht nicht ohne sorgfältige Arbeit.“
Mehr Informationen zu der vom WWF in Auftrag gegebenen neuen Studie zur "Plastikkrise" gibt es hier.
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