Sie ist jung, sie ist schön, sie ist sexy. Sie kann singen, sie schreibt ihre Songs selbst, sie ist Geschichtenerzählerin und Entertainerin. Vor allem ist sie aber eins: unglaublich natürlich. Gestern Abend war sie im Pumpenhaus: Sarah Lesch.
Bis auf die kleine Bühne, auf der im Hintergrund Lukas Meister an der Gitarre sitzt, ist der Saal voll bestuhlt. Gut 250 Menschen wollen die Wahl-Leipzigerin in Münster erleben, und die werden nicht enttäuscht. Schon als sie auf die Bühne kommt, wirkt Sarah Lesch ergriffen, so viele Menschen und so warm der Empfang. Alles an der Musikerin ist authentisch, ein Gesamtkunstwerk, ob sie die Playlist auf dem Boden nicht lesen kann, verzweifelt die Ukulele stimmt oder der Gurt für die Gitarre nicht mehr passt – alles gehört irgendwie dazu. Und wenn sie dann von ihren Kompositionen erzählt, wie und wann und wo sie ein Lied geschrieben hat, schweigt das Auditorium.
Ein romantischer Song lässt sich auf der Sanifair-Autobahntoilette besser schreiben als im Stau auf der A9. Verschmitzt dreht sie sich zu Lukas Meister – selbst Liedermacher – um „wo er denn seine Lieder schreibt?“ Meister, in sich selbst ruhend und die Saiten seines Instrumentes zupfend, antwortet, dass ihm die meisten Ideen beim Duschen kämen. Allerdings bräuchte er so lange zum abtrocknen. Bis dahin sei alles schon wieder vergessen. Und dann singt Lesch von den Pleyaden, dem offenen Sternhaufen, der mit bloßem Auge zu sehen ist: „Am bayrischen Nachthimmel sind die Sterne viel näher“. Sie singt vom Kapitän „Mein allererster Song“. Dabei erzählt sie von ihrem Ex-Schwiegervater, der vor Lampedusa afrikanische Flüchtlinge auf sein Schiff gerettet habe und anschließend gleichzeitig ausgezeichnet und angeklagt worden sei.
Lesch erzählt von Anna, die ständig Liebeskummer wegen des gleichen Mannes hatte und ihr, Sarah, nach Genuss diverser alkoholischer Getränke im „O’Connors – Irish Pub“ schließlich erklärt habe, sie mache jetzt Schluss – per SMS. Keine gute Idee, denkt man an die Auto-Korrektur. Wie gut wäre es da, Anna könnte einfach einen Song schicken. „Sorry Baby – Du und ich, wir passen nur in der Mitte zusammen und auch ein sehr großes Stück Holz macht alleine noch keine Flammen.“ Lesch spielt in den textfreien Passagen so herrlich die „Mund-Trompete“. Das alles singt sie so wunderschön emotional oder eben manchmal auch spöttisch. Zwischendurch, als sie ein Gedicht vorliest und die Presse bittet, jetzt mal nicht zu fotografieren, um den Moment nicht zu zerstören, da kann man sich auch vorstellen, dass sie in der Halle Münsterland oder der Arena auf Schalke liest. Es ist so leise, man könnte die sprichwörtliche Nadel fallen hören. Wenn Lesch dann zart und sanft vom kleinen Etwas liest, weiß auch das Publikum, um was es geht.
Letztlich ist es die Liebe, die die Welt zusammenhält. Trotz aller Schreckensbilder und Terroranschläge. Die Musikerin hat auch ganz neue Lieder mitgebracht. Eins ist entstanden, als sie im Krankenhaus lag, ein Song über den nächsten Schritt und da endlich zeigt auch Lukas Meister, was er kann mit seinem Titel „Weiter“, ein flotter Song mit erfrischendem Text. Meister zeigt dann sogar noch seine Fähigkeiten am hauseigenen, roten Akkordeon. Ein schöner Abend, den die Konzertbesucher im Pumpenhaus gebührend quittieren.
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