Transparenzhinweis: Leoparden, wie die Persischen Leoparden im Allwetterzoo Münster, gehören zu einer ganz besonderen und leider auch bedrohten Art von Großkatzen. Das wissen auch die Zootierpflegerinnen und -pfleger, die sich tagtäglich um die Tiere kümmern und mit ihnen arbeiten. Zwei von ihnen sind Marijke Jakatt und Lea Strootmann. Sie sind Teil des Teams „Gemäßigte Zone“, das auch für die Persischen Leoparden Bara und Jahrom im Allwetterzoo verantwortlich ist.
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Den Leoparden wird in der Natur schon sehr lange durch den Menschen nachgestellt. So gibt es Berichte aus der Zeit 186 v. Chr., in denen geschildert wird, wie Leoparden für Venationen, sogenannte Tierhetzen und Tierkämpfe, vor allem ins antike Rom geliefert wurden.
Und heute? „Die tägliche Arbeit mit unseren beiden Leoparden ist schon etwas ganz Besonderes. Dabei ist es weniger die körperliche als die geistige Arbeit mit diesen Katzen“, erklärt Jakatt. Denn in der Risikobewertung gehört der Leopard zu den gefährlichsten Tieren im Allwetterzoo Münster. „Sicherheit ist bei der Arbeit das oberste Gebot.“ Dabei ist es egal, ob es um die Pflege und Versorgung der Tiere direkt geht oder um ihren Bereich. So wurden im ersten Quartal 2022 neue Gehölze wie Kiefer, Buche und Birke eingebracht. Und zweimal im Jahr wird zudem das Substrat in den Innenboxen ausgetauscht.
Die beiden Zootierpflegerinnen sind erst seit dem Jahr 2020 mit der Pflege der Leoparden vertraut. Aber sie haben bereits bestens die Eigenheiten und Charaktere der Tiere kennengelernt. „Zu unserem Bereich gehören ja auch die Sibirischen Tiger, die in direkter Nachbarschaft zu den Leoparden wohnen. Aber die Tiger sind in ihrem ganzen Wesen und Auftreten sehr viel präsenter“, sagt Strootmann. „Vor allem unsere Leopardenkatze Bara kann sich sehr gut verstecken und lauern. Wenn sie nicht will, dass wir sie sehen, dann entzieht sie sich sehr gut unserem Blickfeld. Das macht die Arbeit besonders anspruchsvoll.“
Für Zoobesucherinnen und –besucher sind Bara und Jahrom wahrscheinlich kaum zu unterscheiden, doch die Tierpflegerinnen und –pfleger wissen immer sehr genau, wen sie gerade vor sich haben. „Jahrom ist sehr viel kommunikativer. Er ist häufig zu hören. Das Gebrüll klingt dann aber nicht wie bei einem Löwen, sondern eher wie eine Säge, die ein Holzstück zerteilt.“ Theoretisch können Leoparden, ebenso wie Hauskatzen, schnurren und miauen, allerdings geschieht dies normalerweise nur zwischen Müttern und Jungen. „Und Nachwuchs hatten wir ja schon sehr lange nicht mehr – und werden aufgrund von Bahras Krankengeschichte so schnell auch keinen bekommen.“
Bahra wurde am 19. Juni 2007 in Budapest geboren. Seit September 2017 lebt sie in Münster. Allerdings musste ihr bereits kurz nach der Ankunft die Gebärmutter aufgrund einer Entzündung entfernt werden. „Das Wohl der Katze stand damals über dem Wunsch der Nachzucht dieser bedrohten Tiere“, erinnert sich Jakatt. Das Tier hat sich nach der Operation sehr gut erholt und lebt seitdem in direkter Nachbarschaft zum Kater Jahrom. „Sie ist sehr selbstbewusst und durch und durch eine Katze. Wird sie auch nur einen kurzen Moment aus den Augen gelassen, schleicht sie sich direkt an. Sie lauert ständig, als würde sie etwas planen.“ Einzig wenn es Futter gibt, dann verlässt sie ihre Rolle – meistens: „Wenn wir sie reinholen, dann kommt sie in der Regel. Sie hat gelernt, dass es nach ihrer Rückkehr ins große Außengehege Futter gibt. Aber wenn sie keine Lust hat, dann haben wir keine Chance und müssen unseren Tagesablauf um sie herumplanen“, nennt Strootmann ein weiteres Merkmal, das sie und ihre Kollegin als „typisch Katze“ bezeichnen würden.
Ganz anders Jahrom: Er ist ein sensibler, mürrischer und dickköpfiger Kater. „Er tritt ganz anders auf. Ist, vor allem durch seine Art zu kommunizieren, viel lauter und damit auch für uns präsenter. Das macht die Arbeit mit ihm aber nicht leichter“, so Jakatt. So hat der Kater einen sehr sensiblen Magen und verschmäht so manche Nahrung, die Bara gerne verspeist. „Jahrom frisst eigentlich nur Küken und Kaninchen. Pferd geht auch noch, das war es dann aber auch. Dabei muss das Kaninchen für ihn immer eigens abgezogen werden.“ Auch hat er, anders als alle anderen Katzen im Allwetterzoo Münster, keinen Fastentag. „In der Natur gibt es ja auch keinen täglichen Jagderfolg. Deswegen gibt es eigentlich zwei Fastentage pro Woche. Bei ihm können wir das aber nicht machen, da das direkt auf seinen Magen schlagen würde.“
Bara hingegen frisst alles. „Alles, bis auf Mäuse. Die mag unsere Katze nicht. Ansonsten bekommt sie von uns neben Pferd, Küken und Kaninchen auch Meerschweinchen, Ziege, Fisch, Rind und was wir sonst so an Fleisch bekommen“, zählt Strootmann auf.
Das Futter wird immer an unterschiedlichen Plätzen platziert. Dabei wird es aber nie zu gut versteckt. Zum einen, da insbesondere Jahrom sich das Fleisch sonst nicht holen würde, und zum anderen, weil Leoparden nicht mit der Nase, sondern mit den Augen und Ohren jagen. „Wenn wir die Katzen besonders beschäftigen wollen, dann hängen wir das Fleisch schon mal so auf, dass Bara richtig nachdenken muss, wie sie an ihre Beute gelangt. Auch verpacken wir ihr Fressen manchmal in Kartons oder wickeln es in Papier ein. Wir haben auch schon einen Ball mit Futter gefüllt.“
Auch wenn der Arbeitsalltag mit den Leoparden fordernd und nicht ungefährlich ist, haben die beiden Zootierpflegerinnen ihre Persischen Leoparden ins Herz geschlossen. Wenn es die Zeit zulässt, beobachten sie sie gerne. Dabei sind sie immer wieder fasziniert, wie schnell und lautlos sie das große dreidimensionale Gehege nutzen, mal eben auf die oberste Plattform in mehreren Metern Höhe klettern, nur um einen Moment später direkt vor der Scheibe aufzutauchen. „Dass die Tiere in der Natur ums Überleben kämpfen, ist kaum vorstellbar. Wir sind froh, dass es Projekte wie das ‚Team Leopard Münster‘ gibt, um zum Arterhalt dieser besonderen Katzen beizutragen.“
Enrichment: Immer das Wohl der Tiere im Blick
Persische Leoparden, sowie alle anderen Tiere im Allwetterzoo Münster auch, werden unter den Aspekten von Animal Welfare gehalten und versorgt. Doch was heißt das? Senior-Kurator Marcel Alaze, unter anderem verantwortlich für die Persischen Leoparden, erklärt, was es damit auf sich hat.
„Animal Welfare, darunter fallen die Bereiche Enrichment, sowohl environmental und behavioral, als auch die tiermedizinische Betreuung sowie das Thema Füttern und Futtern. Environmental Enrichment bedeutet, dass wir stetig die Strukturen in den Gehegen optimieren. Basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen als auch durch unsere eigenen persönlichen Beobachtungen verändern wir die Strukturen in den jeweiligen Gehegen. Im Fall der Leoparden bedeutet das, dass wir die Möglichkeiten von zum Beispiel Kletter- und Versteckmöglichkeiten so optimieren, dass sie nicht nur dem natürlichen Lebensraum der Tiere, sondern den persönlichen Vorlieben und Eigenarten der Individuen angepasst werden. Dazu gehören Neupflanzungen von Sträuchern und anderen Pflanzen und ein regelmäßiger Austausch von Substrat, Sand und anderen Bodenverhältnissen.
Behavioral Enrichment steht dafür, dass wir die Sinne der Tiere bestmöglich fördern und fordern. Dazu gehört, dass Futter nicht einfach gefressen werden kann. Die Leoparden müssen sich, wie in der Natur auch, das Fressen erarbeiten. Da wir aufgrund des Tierschutzgesetztes in Deutschland keine Lebendfütterung vornehmen dürfen, verpacken wir das Futter besonders. So muss es zum Beispiel erst aus einem Karton ‚entpackt‘ werden. In anderen Fällen ist das Futter nicht irgendwo abgelegt, sondern hängt an einem Seil. So muss das Tier das Stück Fleisch erst abreißen oder das Seil durchtrennen, bevor es fressen kann.
Da der Kontakt mit einem Tier wie dem Persischen Leopard extrem gefährlich ist und wir die Tiere zudem nicht unnötig stressen wollen, wird die Kontrolle durch die Tierärztinnen und Tierärzte auf ein Minimum reduziert. Denn diese setzt immer eine Sedierung voraus. Vielmehr verfolgen wir im Allwetterzoo Münster den Ansatz der tiermedizinischen Betreuung durch ‚Medical Training‘. Das bedeutet, dass unsere Tierpflegerinnen und Tierpfleger die Tiere mit besonderen Leckereien an einen für Besucherinnen und Besucher nicht einsehbaren Bereich locken. So kann zum Beispiel ein Küken so hoch am Gitter angereicht werden, dass die Katze sich strecken muss und den Blick auf ihren Bauch freigibt. Auch ist durch die relative Nähe ein guter Blick auf Augen, Zähne und Rachen möglich. Ein solches Training ist aber längst nicht von allen Tierpflegerinnen und Tierpflegern durchzuführen, da zum einen die Tiere unserem Team sehr vertrauen müssen und zum anderen nur im regelmäßigen Kontakt und Beobachtungen Veränderungen für uns ersichtlich sind.
Ergänzt wird das Animal-Welfare-Programm durch ein internes Welfare-Assessment. Bei regelmäßigen Treffen tauschen sich die verschiedenen Zooexpertinnen und -experten, bestehend aus Biologen und Biologeninnen, Tierärztinnen, Tierärzten und vor allem Zootierpflegerinnen und -pfleger, aus. In solchen Runden wird dann entschieden, ob ein Eingreifen oder eine Veränderung im Bereich vonnöten ist, und wie die jeweilige Maßnahme aussehen könnte. Im besten Fall kommt bei solchen Treffen heraus, dass alles in bester Ordnung ist und es den Tieren an nichts fehlt.“
Transparenzhinweis: In unserer Medienpartnerschaft mit dem Allwetterzoo Münster ermöglichen wir vertiefende Einblicke in die Arbeit und den Alltag des Zoos am Aasee. Die Reihe bietet Blicke hinter die Kulissen und Berichte über die Menschen, die sich jeden Tag um das Wohl der Tiere bemühen.
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