Die Friedenskapelle hat sich längst als ein Ort etabliert, an dem die Musik besonders wenig Scheuklappen kennt. Regelmäßig werden hier die unsichtbaren Grenzen zwischen den Genres eingerissen und munter zwischen Klassik, Jazz und Pop musiziert. Dies zog sich als roter Faden auch durch das Programm, mit dem sich die Friedenskapelle zu ihrem 15jährigen Jubiläum als Veranstaltungsort feierte. Ganz besonders galt das für die Klazz Brothers & Cuba Percussion, die hier am Samstag schon zum vierten Mal auftraten und ein umjubeltes Konzert vor ausverkauftem Haus gaben.
Was am Mittwoch und Freitag bei Wildes Holz und den Zucchini Sistaz nur hin und wieder stattfand, ist bei den Klazz Brothers & Cuba Percussion seit jeher wesentlich für das Programm: bekannte Stücke aus den musikalischen Epochen Klassik, Barock und Romantik bekommen ein neues, sehr unterhaltsames Gewand verpasst. Bei ihnen ist es die rhythmisch ansprechende Musik der Karibikinsel Kuba, von der Cha Cha Cha und Mambo stammen, und natürlich der noch ursprünglichere Son Cubano, den der Buena Vista Social Club seit den 1990er Jahren wieder populär gemacht hat. „Classic Meets Cuba“ heißt daher das Programm, mit dem dieses internationale Quintett schon lange unterwegs ist, unter diesem Namen hat es eine ganze Reihe von Alben aufgenommen.
Für das richtige karibische Feeling sorgten die zwei Percussionisten, Elio Rodriguez Luis an den Congas und Alexis Herrera Estevez an den Timbales und Bongos. Beide sind auf Kuba geboren und aufgewachsen, lernten ihr Handwerk aber nicht als „Straßenmusiker“, wie der Bassist Kilian Forster noch zu Beginn des Konzerts behauptet hatte. Der wiederum bearbeitete seinen Kontrabass nicht nur virtuos mit den Händen und dem Bogen, sondern versorgte das Publikum mit seinen launigen Conférencen mit einigem Hintergrundwisssen zu den gespielten Stücken – oder verwirrte es gelegentlich mit phantastischen Geschichten. Da wurde Mozart schon mal als „bekanntester, aber unterschätzter Latin-Komponist“ bezeichnet, bevor seine „Sonata Facile“ für Klavier als „Calypso Facile in seiner kubanischen Urfassung“ erklang. Und dann nahm Kilian Forster das gebannte Publikum mit auf eine imaginäre Reise in den afrikanischen Urwald, um die Wurzeln der afrokubanischen Musik auszuloten. Dazu erklang schließlich Edvard Griegs „In der Halle des Bergkönigs“, hier kurzerhand umgetauft in „Die Höhle des Gorillakönigs“, arrangiert im Exotica-Stil von Martin Denny & Co. – auf den CD-Veröffentlichungen heißt das Ergebnis übrigens „Afro Misterioso“.
Von Mozart spielten die fünf Musiker natürlich auch seinen „berühmten Handyklingelton“, das sonst als Türkischer Marsch bekannte Rondo alla turca aus der Klaviersonate Nr. 11 . Als „Kubanischer Marsch“ ging hier allerdings nach wenigen Takten gehörig die Post ab, es klang bald mehr nach einer Salsa-Party als nach Wiener Klassik, mehr nach Ray Barretto oder Mongo Santamaria als nach Mozart. Der Salzburger Komponist erschien immer wieder auf der Setlist, zuletzt mit der Sinfonie Nr. 40 als „Mambozart“. Also als Mambo, stilistisch irgendwo zwischen Perez Prado und dem Buena Vista Social Club einzuordnen, auf jeden Fall rhythmisch sehr ansteckend. Da hielt es das Publikum nicht mehr auf den Sitzen, alle standen auf und tanzten und klatschten mit. Zu dem Zeitpunkt war das Konzert aber schon fast zu ende. Noch zu Beginn hatten die fünf es nicht leicht, Zuschauer dafür zu gewinnen, mit ihnen auf der Bühne zu Boccherinis berühmten Menuett einen Cha Cha Cha zu tanzen – da musste Friedenskapellen-Veranstalter Tim Eberhardt mitsamt seiner ganzen Familie schon selber ran.
Es war aber nicht nur Tanz und Klamauk, was das Publikum begeisterte, sondern immer wieder auch die unglaubliche Spielfreude der Musiker. Der aus Kolumbien stammende Pianist Bruno Böhmer Camacho schien geradezu in den Flügel hineinkriechen zu wollen. Nahtlos wechselte er vom sanften Anschlag auf ein perkussives Spiel, das immer dann besser passte, wenn es rhythmisch richtig abging. Und offenbar war nicht jedes Stück bis ins Letzte durcharrangiert, so dass immer wieder Spielraum für Improvisationen blieb, was von allen auch mal für ein Solo genutzt wurde. Und glücklicherweise beschränkten sie sich nicht allein darauf, bekannte Melodien der Klassik mit kubanischen Rhythmen aufzupeppen. Nach der Pause erweiterten sie das Programm auf reine Latin-Songs und Jazz-Standards wie „Summertime“. Da konnten dann alle erleben, dass ein Bass nicht nur melodieführend gestrichen und gezupft, sondern gleichzeitig auch mit den Händen als Percussion bespielt werden kann. Es besteht wohl kein Zweifel daran, dass es in nicht allzu ferner Zeit den fünften Auftritt von den Klazz Brothers & Cuba Percussion in der Friedenskapelle geben und auch dieses ausverkauft sein wird. Das wäre dann ihr ganz eigenes, kleines Jubiläum.
Mehr über Klazz Brothers & Cuba Percussion auf auf ihrer Facebook-Seite, bei Sony Classical oder auf dieser Homepage
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