„Klimaschutz spart nicht automatisch CO2 und Geld!“ Prof. Dr. Florian Altendorfner von der Fachhochschule Münster im Interview

Klimaschutz: Für Prof. Dr. Florian Altendorfner geht das Angebot einer anteiligen Kostenübernahme für eine klimafreundliche Heizung nicht weit genug. (Foto: FH Münster / Wilfried Gerharz)
Klimaschutz: Für Prof. Dr. Florian Altendorfner geht das Angebot einer anteiligen Kostenübernahme für eine klimafreundliche Heizung nicht weit genug. (Foto: FH Münster / Wilfried Gerharz)

Der Herbst ist da, die Heizungen laufen an. Je nach Alter und System produzieren diese viel Kohlendioxid (CO2), und das belastet die Umwelt. Entlasten soll das neue Klimapaket der Bundesregierung – sowohl Klima als auch Geldbeutel. Ob das stimmt, erklärt Prof. Dr. Florian Altendorfner, Experte für Energie- und Heizungstechnik vom Fachbereich Energie – Gebäude – Umwelt.

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Herr Prof. Altendorfner, das neue Klimapaket verspricht denjenigen eine Kostenübernahme von bis zu 40 Prozent, die sich eine klimafreundliche, neue Heizung einbauen lassen. 40 Prozent der Kosten sparen, das hört sich verlockend an. Lohnt sich eine neue Heizung also in jedem Fall?

Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Es hängt immer von der jeweiligen Heizung, ihrem Zustand und der Bereitschaft jedes Einzelnen ab, Geld in die Hand zu nehmen. Denn es geht um zwei Sachen. Erstens um das Einsparen von CO2 im Sinne der Klimaziele und zweites um eigene wirtschaftliche Vorteile. Ehrlicherweise muss man sagen, dass beides nicht Hand in Hand geht: Was fürs Klima gut ist, resultiert nicht automatisch in geringeren Heizkosten. Also haben Hauseigentümer zwei Möglichkeiten: Entweder erneuern sie die Heizung, also die Anlagentechnik, oder sie gehen die komplette Dämmung des Hauses an. Beides kostet Geld, beides bietet aber auch unterschiedlich viel Einsparpotenzial. Erschwerend hinzu kommt, dass die Förderung nur Ölheizungen betrifft. Die dürfen ab 2026 eh nicht mehr eingebaut werden. Für andere Sanierungsmaßnahmen gelten höhere Auflagen und es gibt keine direkte Förderung, sondern nur die steuerliche Absetzbarkeit.

Wie viel Einsparpotenzial steckt überhaupt in einer neuen Heizung oder einer neuen Dämmung?

Es kommt immer auf das Gebäude und das Heizungssystem an. Zum Beispiel: Ein Haus aus den 70er Jahren, mit einer Wohnfläche von 150 Quadratmetern und einem alten Gaskessel, emittiert jährlich etwa acht Tonnen CO2. Baut der Hauseigentümer eine moderne Gas-Brennwerttherme ein, stößt die Heizung ungefähr 0,8 Tonnen weniger CO2 aus. Er spart damit etwa 4.000 Kilowattstunden Gas und 240 Euro Heizkosten pro Jahr. Das hört sich zunächst gut an. Aber der Eigentümer hat dann bereits 10.000 bis 15.000 Euro für den Umbau der Heizung, des Schornsteins und der Heizkörper ausgegeben. Dieses Beispielhaus alternativ komplett dämmen zu lassen, mit neuen Türen, Fenstern sowie zusätzlicher Wärmedämmung an der Außenfassade und dem Dach, kostet schnell zwischen 80.000 und 100.000 Euro. Das alles kann dann bis zu vier Tonnen CO2 und 20.000 Kilowattstunden Gas einsparen. Pro Jahr wären das bis zu 1200 Euro weniger an Heizkosten. Allerdings muss man bedenken, dass sich das Ganze wegen der hohen Investitionssumme erst nach mehreren Jahrzehnten rechnen würde, selbst unter Berücksichtigung der steuerlichen Absetzbarkeit. Das erlebt kein Hauseigentümer im fortgeschrittenen Alter mehr.

Sieht es bei anderen Heizungsarten wirtschaftlich besser aus?

Nein, da ist es ähnlich. Wärmepumpen zum Beispiel eignen sich generell nicht für jedes Gebäude. Das Gebäude sollte von sich aus bereits eine gewisse energetische Güte und Mindestdämmung mitbringen. Außerdem ist der Strompreis ausschlaggebend. Und solange der Strom immer noch zu Teilen aus Braun- und Steinkohle hergestellt wird, ist das für das Klima auch nicht unbedingt besser.

Pellets-Heizungen sind in der Anschaffung ebenfalls nicht günstig. Aber es ist ein guter Ansatz, wenn die Pellets regional hergestellt und genutzt werden. Dafür erfordert diese Heizungsart etwas mehr Einsatz des Eigentümers. Immerhin muss regelmäßig die Asche ausgeleert oder die auch mal die Förderschnecke zum Transport der Pellets wieder gangbar gemacht werden. Nicht zu vergessen ist der Lagerbedarf für die Pellets. Üblicherweise lässt sich auf der gleichen Fläche doppelt so viel Energie in Öltanks lagern.

Generell lässt sich sagen, dass sich die Preise für Öl, Gas oder Pellets nicht großartig voneinander unterscheiden. Berücksichtigt man jedoch den unterschiedlichen CO2-Ausstoß pro Energiegehalt und eine kommende CO2-Steuer, so kann dies auch schnell anders aussehen.

Allerdings geht die angedachte CO2-Steuer nicht weit genug. Das Klimapaket sieht vor, in den Bereichen Verkehr und Heizen 2021 mit zehn Euro pro Tonne ausgestoßenem CO2einzusteigen. Bei unserem Beispielhaus mit acht Tonnen CO2 im Jahr wären das gerade mal 80 Euro. Das tut niemandem weh. Es schafft auch keinen Anreiz, mehrere tausend Euro zu investieren, um bis zu 40 Euro sparen zu können.

Also sollte man besser nicht in eine klimafreundlichere Heizung investieren?

Doch! Jetzt etwas für das Klima zu tun, ist richtig und sehr wichtig. Vor allem im Hinblick auf unsere Verantwortung den folgenden Generationen gegenüber. Aber vorrangig wäre es, in den Köpfen der Menschen und der Politik zu verankern, dass sich Klimaschutz nicht immer sofort im eigenen Geldbeutel spürbar wird. Das sollte offen und fair kommuniziert werden.

Daher sollte jeder in seinem eigenen machbaren Rahmen anfangen und sein Verhalten überdenken. Denn schon mit kleinen Maßnahmen wie Reduzierung der Raumtemperaturen von 22 auf 20 Grad lassen sich schnell und einfach bis zu zehn Prozent der jährlichen Heizkosten einsparen. Das kommt dem Klima zugute und spart zudem eigenes Geld – ohne vorherige Investitionen.

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